Samstag, 8. März 2008

Teamprämien

Nein, es will mir nicht einleuchten, das ganze Brimborium mit der variablen Vergütung. Da gibt es die ausgefeiltesten Modelle, nach denen Menschen in Unternehmen entsprechend ihrer individuellen "Performance" entlohnt werden. Ob man die Erreichung vorab vereinbarter Ziele als Basis nimmt oder komplizierte Beurteilungen oder was auch immer versucht wird - die Idee ist immer die gleiche und nicht kleinzukriegen. Da können die Vertreter von Teamarbeitsmodellen noch so sehr betonen, wie unsinnig es ist, dass man einerseits von Mitarbeitern erwartet, im Team zu arbeiten, andererseits aber die individuelle Leistung bewertet und entlohnt.

Ist es denn nicht so: Menschen werden eingestellt, um mit anderen Menschen gemeinsam (wirtschaftliche) Ziele zu erreichen. Sind sie erfolgreich, sollen sie natürlich an diesem Erfolg teilhaben, sprich: Einen Teil des Gewinns erhalten, den das Unternehmen dank ihrer Arbeit einstreicht. Aber warum will man bei der Verteilung des Gewinns Unterschiede machen? Gibt es diese nicht im Gehalt? Drückt nicht das Gehalt aus, dass Menschen unterschiedlich "wertvolle" Beiträge zum Gesamtergebnis leisten? Da ist die Welt des Sports weitaus logischer: Mannschaften bekommen Siegprämien, da käme keiner auf die Idee, jeden einzelnen noch einmal gesondert zu entlohnen, nachdem der Trainer einen hochkomplexen Bewertungsbogen ausgefüllt hat. Ein Mannschaftssportler weiß, dass er einmal von der Leistung seiner Mitspieler profitiert so wie er an einem anderen Tag durch seine Leistung den Kollegen die Prämie sichert. Einzelsportler hingegen kassieren ihre Einzelprämie, und wenn sie mal schlecht drauf sind, gibt es eben keine Kohle.

Ideenmanagement und Teamprämien

Wie ich auf das Thema komme? Eine Firma mit Namen Rose Plastic sorgt dafür, dass die Mitarbeiter regelmäßig in Gruppen über neue Ideen diskutieren. Wie in so vielen Unternehmen werden die umgesetzten Ideen auch prämiert, allerdings gehen die Prämien hier an die Gruppe - auch wenn die Ideen usprünglich von einzelnen Mitarbeitern stammen mögen. Ich habe keine Ahnung, ob die "Urheber" das mitunter als unfair erleben, aber ist das in diesem Fall nicht völlig egal? Das Unternehmen macht damit deutlich, dass es nicht um den Erfolg eines einzelnen, sondern um den des Unternehmens geht. Ganz konsequent wäre es, die Prämien auf alle Mitarbeiter zu verteilen, aber hier stößt man natürlich schnell an Grenzen der "Gruppengröße".

Mein Fazit: Wer als "Einzelkämpfer" entlohnt werden will, der darf eben keinen Mannschaftssport betreiben, sprich: nicht in eine "Wirtschaftsgemeinschaft" eintreten, sondern muss als sich selbstständig machen. Und Unternehmen, die immer noch glauben, dass sie mit Einzelprämien für "Gerechtigkeit" und "Leistungsorientierung" sorgen, sollten sich überlegen, ob sie wirklich von Einzelleistungen abhängig sein wollen.

Rezension zum Thema:
Das richtige Klima für neue Ideen, Personalmagazin 10/2007

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Achja, wieder mal was vom Wild Duck zu diesem Thema.
http://www.omnisophie.com/day_aktuell.html

Anonym hat gesagt…

Moderne Unternehmenskulturen ackern sich langsam aber stetig aus dem Sumpf der Entgelte für zeitbezogene Anwesenheit. Angesagt sind heute Unternehmen, die als global player international erfolgreich sind. Das funktioniert heute mehr denn je mit innovativen Produkten und Konzepten, die bestimmte Unternehmensleistungen auch in der Zukunft noch wettbewerbsfähig erhalten. Innovationen sind häufig das Ergebnis von Ideen Einzelner. Im Gegensatz zur Teamleistung, die in den produktiven Geschäftsfeldern einen großen Wert hat, ist die Kreativität der einzelnen Mitarbeiter das zu erschließende Potenzial moderner Unternehmen. Diese Erkenntnis erfordert neue Entgeltregelungen und neue Modelle zur Erschließung des kreativen Potenzials der Mitarbeiter.

Klar, am Unternehmenserfolg ist jedes Unternehmensmitglied unterschiedlich beteiligt. Überdurchschnittliche Beiträge einzelner Mitarbeiter sollten dabei überdurchschnittlich honoriert werden. Der Vergleich mit einer Sportmannschaft und der Siegprämie hinkt da ein wenig. Es geht schon längst nicht mehr um die Frage, ob Unternehmen sich von Einzelleistungen abhängig machen wollen – sie sind es! Ich muss keine prophetischen Gaben besitzen um zu sehen, dass die Gehälter der Zukunft weniger auf Zeitbasis festgelegt werden. Die Gehälter der Zukunft werden sich aus variablen Faktoren zusammensetzen. Diese werden sich wahrscheinlich aus niedrigen Grundgehältern, individuellen Leistungsprämien und aus pauschalen Gewinnbeteiligungen am Unternehmenserfolg ermitteln lassen. Intelligente Entlohnungskonzepte sind mehr denn je erforderlich zum Wohle aller Beteiligten.

Johannes hat gesagt…

Hallo anonym,

sehe ich in der Tat etwas anders. Auch Sportteams leben von genialen Einfällen ihrer Top-Leute und sind bereit, hohe Summen für diese zu zahlen. Aber sie honorieren keine Einzelleistung, sondern den Wert, den jemand für das "Gesamtunternehmen" hat, indem sie den Top-Leuten ein hohes Gehalt zahlen.

Bei Erfolg aber wird geteilt, ansonsten wissen sie sehr genau, dass das gemeinsame Ziel gefährdet ist. Insofern halte ich wenig von niedrigen Grundgehältern, damit wird man auf Dauer eben keine Top-Leute anziehen. Und wer wegen der hohen Prämien kommt, der wird auch nur für diese arbeiten - aber ansonsten sich wenig um das gemeinsame Ziel kümmern.

Mit freundlichen Grüßen
Johannes Thönneßen

Hannes Dudeck hat gesagt…

Hallo Herr Thönneßen,
Ihre Sichtweise in allen Ehren! Ich bin ich als Fachreferent der Personalabteilung eines Autobauers beschäftigt. Wenn ich die Zeichen richtig verstehe, zeigt der Kommentar vom 25.März einen Trend auf, den ich durchaus nachvollziehen kann. Top-Leute wollen für ihre Leistung honoriert werden. Wenn diese Leistung das Unternehmen nach vorn bringt, sollen sie auch am Erfolg beteiligt werden.
Mit besten Grüßen
Hannes Dudeck

Johannes hat gesagt…

Hallo Herr Dudeck,

danke für Ihren Kommentar. Ich denke auch, dass gute Leute honoriert werden müssen. Aber ich gehe halt davon aus, dass gute Leute dauerhaft gute Leistungen bringen (sonst sind sie keine guten Leute) und daher auch dauerhaft gut bezahlt werden.

Klar, wenn das Unternehmen Erfolg hat, sollen sie auch daran beteiligt werden - aber alle anderen auch. Weil das Unternehmen nach meiner Auffassung durch die gemeinsame Leistung aller erfolgreich ist und nicht allein durch die guten Leute.

Herzliche Grüße
Johannes Thönneßen

Anonym hat gesagt…

....naja, wenn man mal irgend einen betrag xy erreicht hat, auf dem konto...dann geht man wohl - je nach persönlichkeitstyp - lockerer mit den leistungen um. und dass geld und verdienst mit leistung in keiner logischen und eindeutig zu klärenden beziehung steht., ist uns wohl allen inzwschen klar. oder?
herzlich, dagmar wiegel

Hans-J. Berg-Rupprecht hat gesagt…

Ich möchte den Fokus auf einen weiteren Aspekt lenken. Mir ist ein lesenswertes Buch, Das Ende ist mein Anfang von Terzani, in die Hände gefallen. Als ich die folgende Passage las, musste ich doch sehr an die Kopierbemühungen des Japan-Systems in der deutschen Industrie denken:

"Von Wirtschaft verstand ich nichts. Und mich interessierte auch nicht, ob die Japaner mehr oder weniger Fernseher verkauften. Mir ging es um die Menschen, die diese Fernseher produzierten, und dieser Aspekt des modernen Japans, war der reine Wahnsinn.

Von Anfang an hatte mich tief getroffen, was für ein schreckliches Leben diese armen Japaner führten. Die asiatische Ausprägung der Moderne, für die ich mich interessierte, war schlichtweg Furcht erregend. In den Firmen und Fabriken herrschten unvorstellbare Arbeitszeiten. Um zwanzig Uhr machten die Bankangestellten Feierabend, aber nicht etwa, um nach Hause zu gehen, nein: Sie gingen mit ihren Kollegen noch bis Mitternacht etwas trinken, um über ihre Arbeit zu sprechen! Sie hatten keine Sekunde Freiheit! Und alles in einem Tempo - verheerend!

Das alles kam mir vor wie ein Fluch, der bald auch über den Rest der Welt kommen würde. Denn man darf die modernen Gesellschaften - das kann man gar nicht oft genug wiederholen - nicht nur nach der Effizienz ihrer Wirtschaftsstrukturen beurteilen; man muss sich vor allem den Menschen ansehen, den sie hervorbringen, und das Leben, das er führt. Was zählt, ist doch das Leben!

All das zeigt mir, dass die japanische Gesellschaft in ihrer Nachahmung des Westens über den Westen bereits hinausgeschossen war und ein Wirtschaftssystem hervorgebracht hatte, das den Menschen meiner Ansicht nach grundlegend entmenschlichte und, wie ich fürchtete, auch für Europa schlimme Folgen haben konnte.

Um ehrlich zu sein, konnte ich mir damals allerdings nicht vorstellen, dass diese Art von Leben auch uns erreichen würde. Doch genau das ist geschehen, und zwar im Handumdrehen. Das liegt an der Globalisierung..."

Mein Credo daher: Entlohnungssysteme sollten die Motivation zur Leistung beinhalten. Allerdings sollte auch gewährleistet sein, dem Einzelnen eine gewisse Wahlfreiheit zu lassen, wie weit das Berufsleben das individuelle Lebenskonzept dominieren darf.

Mit freundlichen Grüßen

Hans-J. Berg-Rupprecht