Dienstag, 29. Januar 2008

Gefälschte Buchrezensionen

Schöne neue Internet-Welt. Man gehe auf einen Shop wie Amazon, interessiere sich für ein Buch und lese aufmerksam die Rezensionen anderer Leser. Ein klarer Vorteil gegenüber jedem Buchladen, wo man maximal die Stimme des Buchhändlers als Empfehlung erhält - und der will schließlich ein Buch verkaufen. Doch halt, nicht alles, was wie eine Rezension aussieht, ist auch eine, hat man bei Heise online herausgefunden. Peter Riedlberger stellt hier ausführlich dar, wie Bücher eines bestimmten Verlages von positiven Rezensionen "heimgesucht" werden. Der Verdacht liegt nahe, dass da ein Verlag ein großes Interesse daran hat, seine Produkte auf hinterhältige Weise zu promoten.

Ganz spannend wird es, wenn man die Stellungnahme des Verlages dazu liest. Der nämlich beschuldigt ein Autorenpaar, hier seit Jahren das Amazon-Rezensionssystem zu missbrauchen, um die eigenen Bücher in positivem Licht dastehen zu lassen. Amazon hat irgendwann reagiert und die Bücher der Autoren aus dem Sortiment genommen. Nur habe das nicht zum Ende der Tricksereien geführt. Die Autoren haben nur die Taktik gewechselt und loben nun die Bücher ihrer Konkurrenten über den grünen Klee, was natürlich auffällt. Mit der Folge, dass die Interessenten hier Verdacht schöpfen und das Buch für nicht seriös halten. Perfide, oder?

Die Alternative: Buchrezensionen bei MWonline

Was uns von MWonline natürlich bestätigt und auf das eigene Modell hinweisen lässt. Die Buchrezensionen - inzwischen weit über 1000 - bei MWonline stammen immer aus der Feder uns bekannter Rezensenten. Das hat den Nachteil, dass es jeweils nur eine Meinung ist. Allerdings muss ich zugeben, dass auch wir nicht geschützt sind vor Tricks. Die Bewertung der Rezensionen, die wir anbieten, nutzen findige Zeitgenossen, um bei positiven Besprechungen mehrfach anzuklicken: "Lässt keine Wünsche offen" und bei Missfallen "wird dem Buch nicht gerecht". Das verfälscht die Rezension zwar nicht, ist aber trotzdem ärgerlich.

Es gibt eine Lösung für beide Fälle. Bei Amazon dürften nur noch Käufer von Büchern andere Bücher bewerten, und bei MWonline nur noch registrierte Mitglieder. Was die Kommentare zu Buchbesprechungen betrifft, sind wir diesen Weg schon gegangen. Schade eigentlich, dass es nicht anders geht.

Hier geht es zu den Buchrezensionen bei MWonline.

Sonntag, 27. Januar 2008

Corporate Social Responsibility

Es stößt mir immer wieder auf, wenn diese Argumentation auftaucht: Nur Unternehmen, die wirtschaftlich gesund sind, können zur Lösung gesellschaftlicher Probleme beitragen, heißt es. Oder: Corporate Social Responsibility (CSR) sei unternehmerisches Handeln, dass über die eigentliche Geschäftstätigkeit hinausgeht. Wie bitte?

Was man uns hier eintrichtern möchte, ist offensichtlich Folgendes: Ein Unternehmen hat einen "eigentlichen Zweck", und der besteht u.a. darin, Gewinn zu erzielen. Damit kann man zunächst Arbeitsplätze sichern. Und wenn noch etwas übrig bleibt, dann kann man sich auch um den Rest der Gesellschaft Gedanken machen.

Eine andere Argumentationskette sieht so aus: Unternehmen, die verantwortlich handeln, haben ein besseres Image bei Kunden und Investoren, was dazu führt, dass sie leichter an Kapital kommen und mehr Produkte bzw. Dienstleistungen verkaufen. Also ist es unternehmerisch sinnvoll, verantwortlich zu handeln, weil es den Gewinn erhöht, damit Arbeitsplätze sichert und dann wieder mehr zur Wohl der Gesellschaft beigetragen werden kann.

Fadenscheinige Argumentation

Beide Argumentationen haben einen gravierenden Haken. Die erste führt, logisch betrachtet, dazu, dass sich ein Unternehmer zuerst auf das Geld verdienen konzentriert, und wenn genug übrig bleibt, seine soziale Verantwortung entdeckt. So arbeitet nicht mal die Mafia, die bei allem, was sie tut, immer das Wohl der Familie im Blick hat.
Wäre es nicht richtig, sich bei jeder unternehmerischen Entscheidung Gedanken darüber zu machen, ob sie sozial verantwortlich und wirtschaftlich vernünfig ist? Sonst haben wir die allzu bekannte Situation, dass Unternehmen jede noch so unsoziale Entscheidung damit rechtfertigen: Wie müssen zuerst dem Wettbewerb trotzen, dann können wir uns um die Menschen kümmern.

Die zweite Argumentation mag ich ebenso wenig. Sie suggeriert: Tue Gutes, dann wirst du auch Gewinn erzielen, denn deine Kunden werden es schätzen. Man kann argumentieren, es sei doch egal, warum jemand "verantwortlich" handelt, Hauptsache, er tut es. Andererseits bin ich mir ziemlich sicher, dass jene, die so agieren, jegliche Prinzipien über Bord werfen, wenn der Kunde oder Investor plötzlich, aus welchen Gründen auch immer, einen Konkurrenten mit weniger "verantwortlichem" Handeln bevorzugt. CSR als Wettbewerbsvorteil definiert ist ein wackeliges Konzept, auf das ich mich als Mitarbeiter, Kunde oder Mitglied der Gesellschaft nur ungern verlassen möchte.

Rezension zum Thema: Markt und Moral, PERSONAL 11/2007

Freitag, 25. Januar 2008

Employer-Branding?

Ein Unternehmen, das sich als Arbeitgeber interessant machen möchte, sollte heutzutage "Employer-Branding" betreiben. Oha, Personalmarketing reicht nicht mehr. Worin besteht der Unterschied? Es gibt wahrscheinlich keinen, es kommt nur darauf an, es richtig zu machen. Und richtig heißt in diesem Fall, nach außen deutlich zu machen, was das Besondere an eigenen Unternehmen ist, das, was es für Menschen lohnenswert macht, dort zu arbeiten. Es gibt Unternehmen, die sind in der glücklichen Lage, über derartig attraktive Produkte zu verfügen, dass sie sich über das Unternehmen als "Arbeitgebermarke" keine Gedanken machen müssen, obwohl die Experten auch hier behaupten, dass sich die Marken sehr wohl unterscheiden sollten. Witzig: Da soll die Arbeitgebermarke "Porsche" durch den Wert "Dynamik" glänzen.

Aber was ist mit Unternehmen, denen eine solch zugkräftige Produktmarke fehlt? Die müssen sich Gedanken machen, was das Unverwechselbare an ihnen ist, das was sie von anderen unterscheidet. Und das dann geschickt nach außen darstellen. So hat IKEA es geschafft, den Wert "Kollegialität" zu besetzen, dort ist man nett zueinander und schafft es auch, dieses Image zu transportieren. Die Folge? Unternehmen formulieren mit der Hilfe von Leitbildkünstlern ihre Werte und veröffentlichen sie im Internet. Mal abgesehen davon, dass die Anzahl der zugkräftigen Werte, die zur Verfügung stehen, arg begrenzt ist und es damit mit der "Unverwechselbarkeit" schnell vorbeit ist - die beste Werbung für neue Mitarbeiter ist doch diejenige, eine Kultur zu schaffen, in der es sich lohnt zu arbeiten. Bei Produkten mag geschicktes Marketing ja in der Lage sein, mal eine kräftige Nachfrage zu erzeugen. Aber beim Personalmarketing nutzt all das wenig, wenn hinter der Fassade alles anders aussieht. Umso erstaunlicher ist es da für mich immer wieder, dass manche Konzerne nach wie vor in den Rankings als beliebter Arbeitgeber ganz vorne rangieren, egal wie negativ die eigenen Mitarbeiter sich über das eigene Unternehmen äußern oder wie welche Negativ-Schlagzeilen in der Presse erscheinen. Wie sagte mal ein Personaler eines Konzerns auf die Frage, warum denn Ausbildungsplatzbewerber so lange auf ein Vorstellungsgespräch warten müssen? "Die wollen doch was von uns!".
Mit geschicktem "Employer Branding" hat das wenig zu tun.

Dienstag, 22. Januar 2008

Schöne Menschen haben mehr Erfolg

Gelesen hatte ich es schon häufiger, aber noch nicht so geballt. Eine ganze Reihe von Beweisen zur Untermauerung dieser Aussage finden sich in der Brand eins 12/2007. Schon Kinder lächeln schöne Menschen eher an, attraktive Menschen werden eher eingestellt und befördert (und vor Gericht milder beurteilt), große Männer finden sich häufiger in Top-Positionen.

Schluck. Ein Blick in den Spiegel genügt also, um seine Aussichten auf Erfolg einschätzen zu können. Nein, möchte man ausrufen, Blödsinn. Es kann doch nicht sein, dass das Aussehen eine so große Rolle spielt! Wie primitiv funktioniert der Mensch eigentlich? Und wie ungerecht! Aber was hilft es, wenn's doch so ist. Also auf zum Schönheitschirurgen? In Sachen Körpergröße nutzt das herzlich wenig. Sich in sein Schicksal fügen? Oder all die Deppen, die auf schöne Menschen reinfallen, aufklären über ihre Verblendung?

Kann man natürlich probieren, aber vielleicht gibt es ja noch anderen Umgang mit dem Phänomen. Man könnte es ja auch mal so betrachten: Menschen, die optimistisch sind, haben es leichter im Leben. Menschen, denen es leicht fällt, neue Sprachen zu lernen, haben es leichter. Menschen, die Small Talk mögen, haben es leichter. Und erst recht Menschen, die aus priviligierten Schichten stammen. Oh wie ungerecht.

Es ist nun mal so: Bestimmte Eigenschaften verschaffen einem eher Zugang zu begehrten Aufgaben und Positionen als andere. Und wenn wir mit diesen gesegnet sind - fein. Wenn nicht, dann müssen wir uns eben überlegen, welche anderen Fähigkeiten wir haben, um uns interessant zu machen. Wetten, Ihnen fallen auf Anhieb kleine, aber sehr erfolgreiche Manager ein? Oder, um es vorsichtig auszudrücken, weniger attraktive Menschen, die es zu Ruhm und Ehren gebracht haben? Also: Was ist so bemerkenswert daran, dass sich "schöne Menschen" weniger anstrengen müssen?

Unser Rezensent Roland Kopp-Wichmann hat das Thema übrigens in seinem Blog auch aufgegriffen und einige interessante Links dazu entdeckt.

Rezension zum Thema:
Schönheit hilft, Brand eins 12/2007
Die Gnade der richtigen Geburt, Financial Times Deutschland 7.12.2007

Freitag, 18. Januar 2008

Unsinn Kopfnoten

Was für ein böser Irrtum. Da hatte ich angenommen, als selbstständiger Unternehmer endgültig und für alle Zeiten von dem Unsinn der Beurteilungssysteme befreit zu sein, da kommen meine Kinder mit "Kopfnoten" nach Hause. Ich könnte in die Tischkante beißen. Schlimm genug, dass komplexe Leistungen in einfache Noten gepresst werden, aber immerhin - man kann es noch einigermaßen nachvollziehen, wenn mehrere Tests geschrieben wurden und am Ende daraus ein Gesamtwert gebildet wird.

Aber jetzt werden auf einmal wieder Fähigkeiten beurteilt. Dinge wie "Selbstständigkeit" oder "Kooperationsfähigkeit". Oder sogar "Bereitschaften": "Verantwortungsbereitschaft" und "Leistungsbereitschaft". Hier sollen also Lehrer Merkmale der Persönlichkeit meiner Kinder in eine Note packen zwischen "sehr gut" und "unbefriedigend". Es fordert doch auch niemand von ihnen, die generelle "Mathematikfähigkeit" oder die "Sportbereitschaft" einzuschätzen.

Nicht zu fassen: Da versuchen Unternehmen seit Jahren, Ergebnisse entsprechend der Zielvorgaben zu bewerten oder, wenn es denn unbedingt sein muss, Verhalten zu bewerten und kommen damit schon nicht klar. Und Lehrer sollen nun die Persönlichkeitseigenschaften ganzer Heerscharen von Kindern beurteilen?

Mitleid für Lehrer

Was heißt es z.B., wenn ein Schüler "den Anforderungen in besonderem Maße entspricht", die da lauten: "...bringen Vorschläge zur Bearbeitung und Lösung von Aufgaben ein und übernehmen Arbeit" - ein Indikator für Kooperationsfähigkeit.
Oder: "nehmen Aufgaben und Pflichten für die Gruppe wahr" - ein Indikator für Verantwortungsbereitschaft. Und wie, bitteschön, sollen Lehrer z.B. diese beiden auseinanderhalten? (aus der "Handreichung" des Schulministeriums NRW). Auch wenn sie mir leid tun, die Lehrer, aber ich wünsche mir, dass die Eltern in Scharen um einen Gesprächstermin bitten und sich genau erklären lassen, was hinter jeder einzelnen Beurteilung steckt. Und am besten die Schüler gleich auch noch mal.

Es scheint, als habe es auf dem Gebiet der Beurteilung von Menschen keinerlei Fortschritte gegeben und es wird weiterhin viel Arbeit und Zeit investiert, um die gleichen miesen Systeme zu schaffen, mit denen sich dann die bemitleidenswerten "Beurteiler" herumschlagen müssen.

Nur um das klar zu stellen: Ich bin keinesfalls dagegen, Lehrern, Führungskräften, Ausbildern, Dozenten und anderen Menschen, die sich ein Bild von den ihnen Anvertrauten machen können, die Möglichkeit einzuräumen, ihr Bild zu formulieren und auch eine Bewertung vorzunehmen. Und ich bin davon überzeugt, dass diese das sowohl können als auch sehr gewissenhaft machen würden - gäbe man ihnen nur die Gelegenheit und die Zeit dazu.
Aber wer befreit uns endlich von dem Irrglauben der Messbarkeit von Persönlichkeitseigenschaften??

Montag, 14. Januar 2008

Die Millionen der Top-Manager

Ein feines Thema: Managergehälter. Wie kommt es eigentlich, dass ein Spitzensportler Millionen verdienen darf und alle gönnen es ihm, aber Manager angeprangert werden, wenn ihre Millionenbezüge bekannt werden? Ich habe da so eine Theorie, die gerade entstand, als ich den Satz mit den Sportlern schrieb. Niemand regt sich auf, wenn ein Tennisspieler für den Sieg in Wimbledon eine Million Euro kassiert, aber die Fans im Stadion brüllen "Scheiß-Millionäre", wenn ihre Lieblinge nicht aufopferungsvoll den Rasen durchpflügen.

Kann es sein, dass allgemein der Eindruck herrscht, in den Konzernen kassieren Menschen Unsummen, die in keinem Verhältnis zu ihrer Leistung stehen? Dass sie sich eben nicht quälen müssen, sondern ein höchst angenehmes Leben führen? Den Sportstar sieht man schwitzen und leiden, am Ende hat er sich den Lohn gegen die Konkurrenz hart erkämpft. Und wenn der Preis noch so hoch ist, er hat ihn gewonnen.

Vielleicht ist es das: Da sitzen die Herrschaften in schicken Büros, fliegen stets Business Class, werden von Chauffeuren durch die Gegend gefahren, aber wo ist ihr Einsatz? Ich bin relativ sicher, dass ein Vorstandsposten alles andere als ein Zuckerschlecken ist. Aber wie die Sportfans ihr Idol eben als "einen von ihnen" betrachten, der es einfach geschafft hat, wird kaum jemand im Büro oder in der Fabrikhalle zu seinem Vorstand aufblicken und sagen: "Einer von uns..."
Und dass Top-Manager allzu oft den Kontakt zu eben jenen verloren haben, die ihnen den Arbeitsplatz mit ihrer Leistung sichern, ist leider nur zu wahr. Oder?

Apropos Konkurrenz: Ein Argument für die Spitzengehälter finde ich sehr amüsant. Manager seien ein knappes Gut, sagt ein Personalberater, die Gehälter seien das Ergebnis von Angebot und Nachfrage. So was können auch nur Personalberater von sich geben, deren Prämien von den Jahresgehältern der von ihnen vermittelten Manager abhängen.

Rezension zum Thema:
Fremder Leute Geld, Wirtschaftswoche 51/2007
Debatte voller Vorurteile, Financial Times Deutschland vom 13.12.2007

Samstag, 12. Januar 2008

Keine Orientierung im Internet?

Prof. Kruse von nextpractice hat in Tiefeninterviews mit 150 Internetusern herausgefunden, dass diese das "Mitmach-Web 2.0" zwar schätzen, aber offensichtlich die Orientierung verlieren. Sie sehnen sich vor allem nach Qualität. Nachvollziehbar - wer von einer Belanglosigkeit zur nächsten stolpert und nach stundenlanger Suche nach wertvoller Information frustriert aufgibt, der hätte sicher nichts dagegen, wenn er statt Datenmüll und trivialen Inhalten Texte entdeckt, wie er sie von gutem Journalismus kennt. Zu dumm, oder?

Ähnlich geht es mir, wenn ich in an einem Zeitschriftenkiosk stehe. Unfassbar, was dort alles an buntem Papier zu finden ist, wer soll sich da noch zurecht finden? Das ist keineswegs ein Problem des Internets, oder? Der Unterschied: Die Zahl der Zeitschriften ist dann doch endlich, welche nicht gekauft wird, verschwindet. Auch wenn sie schnell durch die nächste ersetzt wird, es gibt offensichtlich eine Obergrenze des Verkraftbaren. Im Internet hingegen, wo sich jeder und alle, die eine Tastatur oder zumindest eine Computermaus bedienen können, darstellen können, scheint es keine Grenze nach oben zu geben.

Premium, aber bitte kostenlos

Doch es gibt noch einen weiteren Unterschied, und den haben die von Herrn Kruse Interviewten entweder nicht erwähnt oder man hat sie gar nicht danach befragt: Wie kann man Premium-Inhalte erwarten, wenn man nicht bereit ist, hierfür einen Preis zu zahlen? Premium-Journalismus im Internet, aber bitte kostenlos? Von einer Redaktion sorgfältig überarbeitete Inhalte wünschen sich die Menschen? Stimmt, das hören wir auch immer wieder. Aber unsere Erfahrungen zeigen auch, dass man nur sehr zögerlich bereit ist, hierfür Geld auszugeben.

Beispiele: "Sehr geehrte Damen und Herren. Ich bin auf der Suche nach Informationen zum Thema X. Bitte senden Sie mir entsprechende Unterlagen, Links und sonstige Quellen zu."
Oder: "Ich habe auf Ihrer Seite einen Text gefunden, der mir sehr weiterhelfen würde. Wäre es möglich, ihn mir ausnahmsweise kostenlos zur Verfügung zustellen? Ich werbe auch immer für Ihr Portal!"

Manchmal bin ich versucht zu antworten: "Gehen Sie eigentlich morgens auch zu Ihrem Bäcker und bitten ihn darum, Ihnen ausnahmsweise die Brötchen kostenlos zur Verfügung zu stellen, weil Sie immer fleißig Werbung für ihn machen?"

Bei aller Hilflosigkeit angesichts des Informationschaos: Man wird wohl weiterhin mit dem Mengenproblem und der Unübersichtlichkeit leben und auf "die Erhöhung der Bedeutungshaltigkeit" noch eine Weile warten müssen.

Rezension zum Thema:
Kritik am Web 2.0: User vermissen Orientierung, wirtschaft + weiterbildung 1/2008

Donnerstag, 10. Januar 2008

Editor's Voice

"Endlich sieht man auch einmal Ihr Konterfei. MWonline besteht nicht aus einem Computerprogramm..." So lautete ein Feedback nach der Ankündigung des MWonline-Weblogs. Interessant - das "Konterfei" ist schon seit Jahren in "Über uns" zu sehen. Aber das ist wohl nicht das, was der Leser uns mitteilen wollte. Es geht - nicht nur im Internet - immer mehr darum, als Person sichtbar, erlebbar zu sein. Genau das haben wir bisher eher vermieden - nicht die Köpfe, sondern die Inhalte sollten MWonline ausmachen. Aber wirken Inhalte, ohne dass die "Produzenten" erlebbar werden?

In der Tat: Wenn ich auf eine fremde Website gerate, ist einer meiner ersten Klicks derjenige auf "Unser Team" oder "Über uns". Ich will wissen, wer dahinter steckt. Und unter anderem davon, wie dieser jemand auf mich wirkt, hängt ab, ob ich mich stärker für die Inhalte interessiere oder nicht. Wie im richtigen Leben eben - überzeugt mich die Person nicht, hat der Rest kaum eine Chance.

In die gleiche Richtung geht dieser Kommentar zum Blog: "... ist für mein ehrliches Dafürhalten nur eine andere Form der Rezension in neuem Gewand. Schöner fände ich es, wenn dies "his master's / editor's voice himself" wäre, sprich dass Sie über Ihre eigenen persönliche Belange, Gedanken, Ideen etc. webloggen würden, z.B. Ihre Erfahrungen mit der JMS, mit der Job-Life-Family Balance u.v.m. Da können dann Business-Schlagworte wie in Ihren Weblog-"Labels" mal in praktischer Hinsicht getestet und umgesetzt werden..."

Das Feedback ist angekommen, persönliche Beiträge werden folgen, aber mit Maßen. Zu viel Belangloses und erschreckend Banales kommt uns täglich über den Schreibtisch oder den Bildschirm, sich hier anzuschließen ist mehr als abschreckend.

Noch ein Feedback

Ein letztes Feedback, das diesen Vorsatz verstärkt: "Ihr Newsletter und MWonline sind inzwischen seit etlichen Jahren treue Begleiter für mich und eine Art Tankstelle: Ich hole mir Informationen, die eine oder andere neue Idee, erfahre, was gerade "Trend" ist (ohne mich durch etliche Magazine voll Gemeinplätze zu kämpfen) und - vielleicht das Wichtigste - hole mir Bestätigung für meine Standpunkte und Werte.
Dafür ist schon lange ein ganz dickes Dankeschön fällig! Der Nutzen, den ich und viele andere aus MWonline ziehen, den ermöglichen Sie durch unzählige Stunden harter Arbeit. Und dass Ihr neuer Blog nicht zwischen Suppe und Hauptgang entstanden ist, merkt man deutlich."
Da freut sich der Editor...

Passender Artikel im Internet: So schaffen Sie Vertrauen!

Montag, 7. Januar 2008

Personalentwicklung in Selbstverantwortung?

Das Vorgehen klingt interessant: Beim Chiphersteller Giesecke & Devrient will man die Verantwortung für Karriereplaung und Entwicklung in die Hände derjenigen geben, die betroffen sind - die Mitarbeiter selbst. In Workshops erarbeiten sie ihre eigenen Stärken und überlegen dann, ob diese eher zu der Laufbahn einer Führungskraft, eines Projektmanagers oder eines Experten passen. Eine schöne Idee: Hierzu interviewen sie in eben diesen Workshops jeweils einen Experten, einen General Manager und einen Projektmanager und erhalten so ein realistisches Bild von den Anforderungen der jeweiligen Laufbahn. Es gibt doch noch Innovatives in Sachen Personalentwicklung.

Was aber immer wieder aufstößt: Auf der einen Seite propagiert man Selbstverantwortung, aber die Entscheidung, wer überhaupt für den Kreis der förderungswürdigen Nachwuchskräfte aufgenommen wird, trifft die Hierarchie. Was wäre so gefährlich daran, die Mitarbeiter sich selbst nominieren zu lassen? Es könnte sein, dass diejenigen, die man gerne fördern möchte, gar kein Interesse signalisieren. Na und? Dann ist das eben so. Zur Not kann man ja mal nachfragen, warum sie sich denn nicht melden. Was man wahrscheinlich viel mehr fürchtet: Es könnten sich Mitarbeiter melden, denen man das gar nicht zutraut. Dann allerdings müsste man Farbe bekennen und eben genau das kommunizieren.

Die Folge wäre Klarheit, und in Einzelfällen ist eine solche Rückmeldung sicher nicht leicht zu vermitteln. So benennt man lieber die "Potenzialträger" und hofft, dass die anderen, die nicht nominiert werden, sich schon denken können, warum sie nicht unter den Auserwählten sind. Das ist kaum weniger demotivierend, erspart aber die offene Diskussion. Irgendwie feige...

Rezension zum Thema:
Mehr Selbstverantwortung, Personalmagazin 9/2007

Samstag, 5. Januar 2008

Unternehmen retten

Für mich ist die Carrera-Bahn der Inbegriff des Weihnachtsgeschenks. Oder besser: Des Wunschs zu Weihnachten. Wie groß war die Enttäuschung, als die Plastiktüte mit dem Aufdruck "Carrera" etwas ganz anderes enthielt. Der ganze Heiligabend war verdorben. Umso interessierter habe ich die Geschichte der Rettung der Marke Carrera in der Financial Times Deutschland Beilage enable 12/2007 gelesen - zumal ich kurz zuvor unsere Bahn mit meinem Sohn nach langer Zeit mal wieder aufgebaut hatte. Es ist die Geschichte vom Niedergang und der wunderbaren Rettung einer einst glanzvollen Marke.

Spannend daran finde ich zwei Dinge: Zum einen: Da hat jemand mit Herzblut dieses urdeutsche Spielzeug wieder zum Leben erweckt und ist bei den Händlern und Kunden auf Begeisterung gestoßen. Und er hat den Beweis erbracht, dass, wenn man es richtig anpackt, Traditionsmarken in unserer hektischen und mit Marken vollgestopften Welt funktionieren. Ob es gelingt, die Marke in Großbritannien und sogar in den USA zu etablieren, ist eine andere Geschichte. Ähnliche Beiträge, wie Unternehmen durch mutige Unternehmer vor dem Untergang bewahrt wurden, finden sich immer wieder in den von uns besprochenen Publikationen.

Ein Schurkenstück

Völlig anders dagegen ist die Geschichte eines Familienunternehmens mit Namen M+W Zander, einst ein Teil des ostdeutschen Vorzeige-Konzerns Jenoptik. Es wurde von einem Finanzinvestor erworben, der genau die Art von Heuschrecke verkörpert, die für die perverse Seite des Kapitalismus steht. Auch dieser Beitrag in der FTD Deutschland vom 4.12.2007 ist ein Lehrstück, bei dem zwischenzeitlich niemand mehr weiß, wem die Firma gehört. Kaum jemand durchblickt die verschachtelten Konstruktionen, die offensichtlich nur einen Zweck erfüllen: Am Ende kann niemand zur Verantwortung gezogen werden. Bei der Lektüre vergisst man leicht, dass es sich bei dem "Kaufgegenstand" um eine Organisation handelt, die eben nicht nur aus materiellen Gütern, sondern auch aus Menschen besteht. Wie es denen dabei geht, erfahren wir hier nicht, aber das zu beschreiben dürfte auch überflüssig sein.

Finanzinvestoren sollte man keineswegs über einen Kamm scheren, und dass es hier - wie in jeder Branche - solche und solche gibt, ist wohl normal. Erschreckend ist, dass es manchen "Vorbesitzern" offensichtlich völlig egal ist, in welche Hände sie ein Unternehmen geben, wenn sie es denn einmal "aufgegeben" haben. Verantwortungsbewusstsein ist etwas anderes...

Rezensionen zu dem Thema:
Financial Times Deutschland, 4.12.2007:
Tempo, Tempo!
Schrecken ohne Ende

Freitag, 4. Januar 2008

Personalentwicklung oder Talentmanagement?

Worin unterscheiden sich eigentlich "Personalentwicklung" und "Talentmanagement"? Offensichtlich ist Talentmanagement eine Kategorie der Personalentwicklung, weil es eine viel kleinere Zielgruppe hat: Die Talente. Das nämlich sind nur diejenigen, die sowohl in ihrem derzeitigen Job eine Spitzenleistung bringen als auch das Potenzial haben, eine Ebene höher in der Hierarchie zu klettern. So zumindest die Definition bei der adidas-Gruppe, und in vielen Konzernen wird das ähnlich gesehen. Mit anderen Worten: Ein Spezialist ist kein Talent. Das ist schon blöd, denn wenn sich die Talentmanager nur um den Führungsnachwuchs kümmern, dann tun sie ihren Unternehmen einen Bärendienst.

Es könnte natürlich auch sein, dass es bald neben dem Talentmanagement auch ein "Specialistmanagement" gibt, das sich eben um jene Mitarbeiter kümmert, denen das Potenzial fehlt, Manager zu werden und sich lieber ihrem Fachgebiet widmen. Oder aber man kehrt zurück zur guten alten Personalentwicklung, die sich darum kümmert, dass jeder Mitarbeiter die Möglichkeit geboten bekommt, seine Stärken weiter zu entwickeln und zum eigenen und dem Nutzen seines Unternehmens einzusetzen.

Rezension zum Thema:
Fit für morgen beginnt heute, Personalwirtschaft 9/2007

Über die Motivation von "Techies":
Wir brauchen ein artgerechtes Management für Techies, Computerwoche vom 2.5.2005
(Danke für den Tipp von "Anonymus")

Mittwoch, 2. Januar 2008

Corporate Responsibility Beratung

Überraschend ist es sicher nicht, dass Berater das Thema "Corporate Responsibility" (CR) entdeckt haben. Lange genug haben sie die Unternehmen auf Rentabilität und Effizienz getrimmt, und plötzlich stellen sie fest, dass die Kunden "saubere" Produkte wünschen. Prima, endlich wieder ein neues Thema, bei dem die Unternehmen tatkräftige Unterstützung benötigen. Also werden eigene Abteilungen aus der Taufe gehoben, die sich auf Themen wie "Nachhaltigkeit" oder "Corporate Responsibility" spezialisieren.

Es hat schon etwas Verlogenes an sich, finde ich, wenn Unternehmen plötzlich anfangen, Verantwortung zu übernehmen, weil die Kunden es so wollen. Andererseits: Besser so als gar nicht. Aber wozu benötigen sie dazu Berater? Weil sie nicht wissen, was das heißt: Gesellschaftliche Verantwortung? Oder weil sie wirklich "ratlos" sind, wie man das macht? Sollte es wirklich so schwer sein zu erkennen, was der Welt gut tut und was nicht? Der bekannte Zeitungstest sollte doch genügen: Man überlege sich, ob das, was man gerade entschieden hat, am nächsten Tag in der Zeitung stehen könnte, ohne dass man kalte Füße bekommen oder gar größeren Schaden befürchten muss. Welchen Mehrwert können Berater da erzielen?

Und die Berater selbst?

Und wenn sie denn schon sein müssen (es könnte ja sein, dass man etwas übersieht, was die Konkurrenz einem voraus hat), dann bietet sich an, einmal genau nachzufragen, wie es die Berater denn selbst so halten mit der CR. Übrigens immer zu empfehlen. Kann mich gut erinnern, wie ich einmal einen Vertreter eines sehr bekannten Beratungsunternehmens fragte, welches Competency-Modell man denn im eigenen Haus umsetzt, weil mir das empfohlene doch arg komplex erschien. Ich erhielt keine Antwort.

Rezensionen zum Thema:
Spezialisierte Berater sind näher dran, Financial Times Deutschland 30.11.2007
Konsumverbesserer, Wirtschaftswoche 49/2007

Macht und Moral

Der Job kann den Charakter verderben, schreibt die Wirtschaftswoche in ihrer Ausgabe 49/2007. In der Jugend kann man sich hehre Wertvorstellungen noch leisten, aber irgendwann, wenn sich der Erfolg einstellt oder man feststellt, dass man manchmal Kompromisse machen muss, wenn man auf der Karriereleiter aufsteigen möchte, verabschiedet man sich von dem einen oder anderen Wert. "Das macht doch jeder!" oder "Der Ehrliche ist doch am Ende immer der Dumme!" sind bekannte Selbstberuhigungsformeln. Und so überschreitet man eine Grenze nach der anderen, bis die Grenze zur (Wirtschafts-)Kriminalität erreicht ist.

Kann man sich davor schützen? Sicher, es wird ja nicht jeder krimininell, der Macht und Einfluss gewinnt. Klar scheint aber zu sein, das es Kraft, Mut (und Geld) kostet, wenn man sich weigert, mitzuspielen bei den unsauberen Machenschaften. Denn was passiert in einem solchen Fall? Die Beispiele in der Wirtschaftswoche enden damit, dass diejenigen, die bei ihren Wertvorstellungen bleiben, irgendwann ihren Job hinschmeißen. Bedeutet das, es ist eigentlich kaum möglich, Karriere zu machen und gleichzeitig "sauber" zu bleiben? Das wäre eine bittere Erkenntnis, aber zu befürchten ist, dass sie - zumindest für einige Organisationen - der Realität entspricht.

Nicht nur ethisches Verhalten hat seinen Preis

Ein anderer Aspekt kommt in dem Beitrag allerdings zu kurz. Zwar wird deutlich, dass es Kraft und Energie kostet, anständig zu bleiben, und dass der Preis, den man hierfür bezahlt, möglicherweise recht hoch ist. Aber wer glaubt, dass unethisches Verhalten "billiger" ist, der dürfte schwer daneben liegen. Ich habe mal einen Vortrag eines Coachs gehört, der berichtete, wie Top-Manager sich selbst hassen und bestrafen für das, was sie tun. Ich weiß noch, dass mir leicht übel wurde. So hoch kann der Preis niemals sein, den man dafür zahlt, wenn man an seinen Wertvorstellungen festhält.

Rezension zum Thema:
Wie viel Teufel steckt in Ihnen? Wirtschaftswoche 49/2007