Montag, 30. Juni 2008

Gutes tun?

Ein Satz, der mir sofort aufstieß. "Das war für mich schon etwas Besonderes, einem anderen Menschen etwas Gutes zu tun, zu merken, dass das nützlich ist. Das ist im Berufsalltag ja ganz anders."

Der Hintergrund: Immer wieder wird über Programme berichtet, bei denen Führungskräfte für ein paar Tage in einer sozialen Einrichtung, sei es einem Pflegeheim, einem Obdachlosenheim, einem Hospiz o.ä. aushelfen. Was heißt aushelfen: Sie hospitieren und werden mit dem "wahren Leben" konfrontiert. Dabei sollen sie Fähigkeiten wie Einfühlungsvermögen, Toleranz und vielleicht auch ein wenig Demut lernen. Also eine Personalentwicklungsmaßnahme.

Ob der Effekt ein nachhaltiger ist, bezweifle ich. Vielleicht finden sie ja heraus, welche Leistung die dort Angestellten täglich erbringen und im Gegenzug dafür erhalten. Vielleicht plagt sie danach das ungute Gefühl, dass die Relationen nicht stimmen. Und dann? Was werden sie anders machen?

Zurück zum Eingangssatz: Dieser stammt von einem Verkaufsleiter und wird wahrscheinlich von den meisten Menschen unterschrieben. Wo bedeutet der Berufsalltag noch, etwas zu tun, über das sich andere Menschen freuen? Das Gefühl zu haben, nützlich zu sein? All das Gefasel von der Kundenorientierung ist unglaubwürdig, denn es geht am Kern der Sache vorbei, ist Mittel zum Zweck. Die Botschaft hier lautet nämlich: Pflegt und hegt den Kunden, sonst läuft er uns weg und wir verdienen nichts mehr. Und nicht: Lasst uns dafür sorgen, dass das, was wir tun, Nutzen stiftet, dass sich die Kunden darüber freuen. Oder einfach nur: Lasst uns Gutes tun! Dann müsste man den Manager auch nicht ins Altersheim schicken um zu erfahren, wie sich so etwas anfühlt.

Ach ja: Ich habe gerade mal wieder eine Erfahrung mit der Telekom hinter mir, die ja Service-Champion werden will. GRAUENHAFT!

Rezension zum Thema:
Eine ganz andere Welt, Personalwirtschaft 2/2008
Auf Händen tragen, Wirtschaftswoche 4/2008

Sonntag, 29. Juni 2008

Karriere als Personaler?

Was hat man dem Personalmanager nicht schon alles empfohlen, um sich Einfluss im Unternehmen zu verschaffen? Welche Rollen musste er einnehmen, welche Aktivitäten unternehmen, wenn er ernst genommen werden will? Nun lese ich von einem, der es in die Geschäftsleitung seines Unternehmens geschafft hat, dass es falsch ist, einigen der bekannten Ratschläge zu folgen.

Beispiel: Der Personaler sollte nicht als Berater des Managements auftreten, sondern selbst steuern und lenken wollen, also eine General Management Rolle anstreben. Dazu muss er nicht der Spezialist sein, als der er immer angesehen wird, sondern mitreden können, wenn die anderen Manager über das Geschäft sprechen. Detailwissen ist dazu nicht nötig.

Noch ein Beispiel: Die verzweifelten Versuche, den Beitrag zur Wertsteigerung des Unternehmens mit komplexen Analysen nachzuweisen, ist verschwendete Mühe und Geld. Der Nachweis gelingt ohnehin nicht und die Zahlen können leicht von jedem Controller auseinander genommen werden.

Beispiel Nr. 3: Personaler sind meist sachlich-nüchterne Persönlichkeiten und werden in der Regel als typische Verwalter wahrgenommen.

Recht hat er, der Prof. Dr. Gunther Olesch. Witzig daran ist nur, dass das, was er hier fordert, nichts anderes ist als der ganz normale Weg ins Top-Management. Erwirb dir einen Ruf, fachlich hoch kompetent zu sein, liefere hervorragende Arbeit ab, sieh zu, dass du von jedem Thema wenigstens ein klein wenig Ahnung hast und deinen Senf dazu beitragen kannst, wenn diejenigen, die es geschafft haben, über das Geschäft reden. Das gilt für den Forscher, den Controller, den Kaufmann, den Marketingexperten.

Was bleibt, ist der (banale) Rat: Den Weg nach oben muss man wollen. Wer lieber Experte bleiben und weniger entscheiden als beraten möchte, der wird eben in dieser Rolle verharren. Stellt sich nur noch die Frage, wie man etwas gegen die "sachlich-nüchterne" Persönlichkeit unternehmen kann? Aber wer so gestrickt ist, der hat möglicherweise ja gar keine Lust, in Top-Management-Kreisen auf General-Management-Niveau Entscheidungen zu treffen. Ist ja vielleicht auch gar nicht so erstrebenswert...

Rezension zum Thema:
Personalmanager an die Macht, Personalwirtschaft 2/2008

Dienstag, 24. Juni 2008

Bewertungen im Internet

Ich finde das Thema ziemlich spannend. Alles und jeder sieht sich inzwischen öffentlichen Bewertungen ausgesetzt: Hotels, Restaurants, Kliniken, Schulen, Lehrer, Professoren, Ärzte, Arbeitgeber, Produkte jeder Art. Ebay sei Dank, hier konnten sich schon früh Käufer und Verkäufer gegenseitig Noten geben und Kommentare übereinander ablassen.

Im Grunde ist es schon eine gute Sache, oder? Wer in einem Hotelführer im Internet liest, dass in einem Londoner Hotel die Tapeten von den Wänden kommen und versteht, warum der Übernachtungspreis nicht ganz so horrend ist, der ist schon sehr erleichtert, auf diese Weise gewarnt zu werden. Aber die Geschichte hat ihre Schattenseiten.

Ein wesentliches Problem sind manipulierte Bewertungen: Wo sich die Lobeshymnen überschlagen, könnten Gefälligkeitsbewertungen im Spiel sein, wo Bösartiges erscheint, könnte die Konkurrenz zugeschlagen haben. Dem kann man begegnen, indem man anonyme Bewertungen ausschließt und die Bewerter zu einer Registrierung "zwingt". Das wiederum hat zur Folge, dass man sich bei negativen Erfahrungen reiflich überlegt, ob man seine Unzufriedenheit zum Ausdruck bringt. Ich habe mich bei einem meiner wenigen Einkäufe bei Ebay einmal mächtig geärgert, weil der Verkäufer, offensichtlich ein Strohmann, mich immer wieder vertröstete. Als die Ware dann endlich kam und ich meinem Unmut mit einer kritischen Bewertung Ausdruck verlieh, rief der eigentliche Verkäufer erbost an und beschimpfte mich als A...

Bei MWonline bieten wir verschiedene Möglichkeiten der Bewertung: Anonyme und solche von registrierten Lesern. Die anonymen funktionieren leidlich, hin und wieder muss man mal einschreiten, wenn offensichtlich manipuliert wird. Dass registrierte Leser Kommentare zu den bei MWonline eingetragenen Unternehmen abgeben, geschieht dagegen sehr selten. Hin und wieder wird von positiven Erfahrungen berichtet, und genau das möchten wir auch erreichen. Auf diese Weise kommt es zu einer Art "Referenzliste", und was kann werbewirksamer sein als Empfehlungen zufriedener Kunden?

Rezension zum Thema:
Diagnose: ungenügend, Financial Times Deutschland 15.5.2008

Sonntag, 22. Juni 2008

Ehrlichkeit in der Werbung?

Kennen Sie das? Sie sehen einen Werbespot, in dem herrlicher Blödsinn verzapft und Unmögliches versprochen wird und können gar nicht glauben, dass dieser Müll funtioniert? Da sieht man die dreckigsten Fliesen, die sich mit einen leichten Wischen in glänzende Flächen verwandeln, schlaffe Körper, die sich durch elektrische Apparate in muskulöse Athleten-Figuren verwandeln, Wimpern, die sich mit Tusche um 60% verlängern. Alles gelogen (im letzteren Fall musste L'Oreal das sogar eingestehen), und dennoch: Irgendetwas muss es ja bringen, sonst würde dieser Schwachsinn doch nicht weiter verbreitet.

Ein neues Buch mit dem Titel "Das Pinocchio-Paradox" behauptet, dass solche Werbung eben nicht mehr funktioniert, weil dank Internet und aufgeklärten Kunden die Lügen enttarnt werden und man nicht mehr auf sie hereinfällt. Und dass die Unternehmen gezwungen sein werden, sich mit mehr Glaubwürdigkeit und der Wahrnehmung ihrer "Corporate Social Responsibility" um den mündigen Konsumenten zu bemühen.

Ich habe das Buch nicht gelesen, sondern nur eine Rezension in der Financial Times Deutschland. Und ich teile den Pessimismus des Rezensenten Constantin Gillies. Er schreibt: "Mitunter scheint es so, als wollten die Konsumenten den Authentizitätsaposteln die lange Nase zeigen." Meine These: Werbung ist eben genau dazu da, den Kunden zu "belügen", sie ist reine Fiktion. Sie übertreibt, lügt das Blaue vom Himmel herunter, um Aufmerksamkeit zu erregen. Werbung ist Unterhaltung, moderne Märchenwelt. Die Wahrheit dürfte bei 99% aller Produkte stinklangweilig sein - wer will das hören?

Und wie bei allen schönen Geschichten, bei denen wir genau wissen, dass sie reine Erfindung sind - warum sollte nicht ein Körnchen Wahrheit darin stecken? Vielleicht wird aus einem Schwabbelbauch ja doch ein Waschbrettbauch, wenn man vor dem Fernseher liegend sich von elektrischen Impulsen traktieren lässt. Natürlich nicht so wie in der Werbung, aber ein kleines bisschen... Und wenn die Wimpern nicht um 60% verlängert werden, dann vielleicht um 20%? Ist doch auch schon was...

Rezension zum Thema:
Lange Nase zeigen, Financial Times Deutschland vom 16.5.2007

Montag, 16. Juni 2008

(Kauf-)Entscheidungen beeinflussen

Immer wieder erscheine Artikel und Bücher mit Tipps, wie man andere in ihren Entscheidungen beeinflussen kann. Meist ärgere ich mich beim Lesen solcher Beiträge. So heißt es, dass wir uns von Menschen, die uns sympathisch sind, eher überzeugen lassen. Oder von Menschen, die wir als uns ähnlich erleben. Oder wir neigen dazu, Autoritäten ebenso Glauben zu. Oder wir fühlen uns an Zusagen gebunden. Überraschend? Natürlich nicht, wissen wir doch längst, dazu braucht es kaum der Wissenschaft.

Was aber fangen wir damit an? Ärgerlich wird es, wenn daraus Tipps abgeleitet werden. Sie wollen sympathischer erscheinen? Ahmen Sie Gesten und Redeweisen nach oder verteilen Sie Komplimente. Sie können einen anerkannten Fachmann für Produkt zitieren? Tun Sie es. Lassen Sie den Kunden den Auftrag selbst ausfüllen, dann fühlt er sich eher gebunden an seine Zusage.
Und sollten Sie obdachlos sein, setzen Sie sich mit Hundewelpen in die Fußgängerzone, das sichert höhrere Einkünfte, weil Sie damit ans Gefühl der Passanten appellieren. Wem das zu geschmacklos ist: Gefühle lösen auch Bikini-Modelle auf Autoshows aus - das gleiche Prinzip.

Nicht sympathisch erscheinen - sympathisch sein!

Ich sehe ihn vor mir, den Autoverkäufer, der mir ein Kompliment für meinen ausgezeichneten Geschmack macht, wenn ich mich in eine Luxuskarosse setze (die ich mir gar nicht erlauben kann). Wie blöd muss ich sein, dass ich ihn deshalb sympathisch finde? Und wenn er mir dann versichert, dass Michael Schumacher dieses Modell in seiner Garage stehen hat - bin ich dann kaufwilliger? Sollte es tatsächlich funktionieren, werde ich mich spätestens, wenn ich den Laden verlasse, ärgern, dass ich darauf reingefallen bin - und den Verkäufer überhaupt nicht mehr sympathisch finden.

Also alles Quatsch? Das sicher nicht. Aber die Schlussfolgerungen sind Müll. Unternehmen sollten Verkäufer beschäftigen, die einfach sympathisch sind. Oder Produkte herstellen, die nicht erst durch die Aussagen eines Experten an Wert gewinnen. Und auf die peinlichen Bikini-Damen verzichten.
Nichts spricht dagegen, gute Produkte auch angemessen zu präsentieren und den Kunden zu überraschen. Insofern erscheint mir das Buch, das Roland Kopp-Wichmann empfiehlt, in der Tat fundierter zu sein als manche der Beiträge zum Thema "Wie beeinflusse ich meinen Kunden..."

Rezensionen zum Thema:
Von Hotelhandtüchern und Trinkgeldtricks, managerSeminare 4/2008
Heath, Chip und Dan: Was bleibt. Wie die richtige Story Ihre Werbung unwiderstehlich macht, Hanser Fachbuch 2008

Sonntag, 15. Juni 2008

Maßgeschneidertes von der Stange?

Habe gerade einen Artikel über Trends in der Weiterbildung gelesen und besprochen, der wundervoll zu einem aktuellen Erlebnis passt. Da ruft ein Weiterbildungsverantwortlicher eines großen Unternehmens an: "Wir suchen für übernächste Woche einen Moderator für einen Workshop. Da möchte ein Abteilungsleiter mit seiner ganzen Mannschaft die aktuelle Situation der Abteilung besprechen und die Weichen für die nahe Zukunft stellen. Können Sie uns helfen?" Ein spannender Auftrag, denn da hat offensichtlich jemand verstanden, dass sein Verein nur mit Hilfe seiner Mitarbeiter weiter kommt und will diese tatsächlich einbinden.

Was macht man als Trainer? Wie Jürgen Graf in der managerSeminare schreibt, wird immer häufiger ein Problemlöser gesucht, und der sollte ein "Methoden- und Rollen-Allrounder sein: Organisationsberater, Projektmanager, Coach, Prozessbegleiter, Teamentwickler und Moderator in Personalunion." Typisch für solche Aufträge: Sie kommen extrem kurzfristig, selbstverständlich soll aber das Vorgehen "maßgeschneidert" sein. So als ginge man zu einem Maßschneider und sagt: "Ich brauche für morgen einen neuen Anzug, aber bitte nicht von der Stange. Was für einen, weiß ich noch nicht. Hätten Sie so einen da?"

Merkwürdige Welt der Personalentwicklung. Noch merkwürdiger: Man bemüht sich um Unterstützung, bietet einen Gesprächstermin an und blockt ihn in seinem Kalender. Wenige Zeit später kommt die Information, dass man sich für jemand anderen entschieden hat. Ach, das war gar keine konkrete Anfrage, sondern ein Auswahlverfahren? Warum hat man das nicht erwähnt? Und offensichtlich gab es wohl einen Maßschneider, der zufällig den passenden Anzug zur Hand hatte. Nachvollziehbar, dass man sich da verschaukelt fühlt?

Rezension zum Thema:
Neues Spiel der Kräfte, managerSeminare 4/2008

Dienstag, 10. Juni 2008

Mitarbeiter beteiligen

Mit meiner Konzernerfahrung im Hinterkopf habe ich nie kapiert, was so schwer daran sein soll, Mitarbeiter an Entscheidungen zu beteiligen, ihnen die Verantwortung für das, was sie tun, zu übertragen und sie diese Verantwortung tragen zu lassen. Ich habe sogar ein komplettes Buch zu dem Thema geschrieben, das Manuskript mehreren Verlagen angeboten, aber dann irgendwann aufgegeben. Alle wollten Änderungen, die ich nicht bereit war durchzuführen. Es liegt immer noch in meiner Schublade vergraben.

Damals habe ich versucht, die Situation in Unternehmen mit der von Fürstentümern zu vergleichen. Da herrscht jemand über große Landstriche, die ihm gehören, lässt andere für sich arbeiten und zweigt so viel von deren Ertrag ab, dass er prächtig davon leben kann, trifft mehr oder weniger willkürlich Entscheidungen und gibt die Macht anschließend an Kandidaten seiner Wahl weiter.

Die Untertanen (Mitarbeiter) werden gehört, wenn es dem Herrscher passt. Die letzte Entscheidung trifft er ohnehin, nicht immer unbedingt nachvollziehbar. Sie können sich damit abfinden oder weiterziehen, in der Hoffnung, woanders einen "gütigeren" Herrscher zu entdecken. Der Fürst wiederum hat Berater, die ihm erklären, wie er am besten mit seinen Untertanen umzugehen hat, dass diese weiter fleißig produzieren, dabei fröhlich und motiviert sind und eben nicht auf den Gedanken kommen, davon zu laufen oder gar sich aufzulehnen. Nichts anderes versuchen alle auf dem Markt befindliche Managementratgeber - die von Reinhard Sprenger inbegriffen.

Gibt es Alternativen?

In dem besagten Buch habe ich versucht, eine Alternative zu entwickeln - nicht besonders gelungen, wie ich heute feststellen muss. Ich sehe all das etwas nüchterner jetzt. Unternehmer sind in der Tat "Herrscher", und Manager ihre Vertreter (was für die Mitarbeiter keinen großen Unterschied ausmacht). Es gibt gütige und weise, die sehr genau hinhören, was das Volk so spricht, und seine Meinung in ihre Überlegungen einbeziehen. Das Volk gibt einen Teil seiner Freiheit auf, weil der Herrscher Sicherheit und Arbeit verspricht, dafür zahlt es freiwillig Abgaben (also einen erheblichen Teil des von ihm erwirtschafteten Gewinns) zum Wohl der Fürsten und ihrer Vertreter.

Und es gibt Unternehmer, die mit Unternehmern Geschäfte machen. Selbstständige, die mit Selbstständigen auf Augenhöhe verhandeln. Ganz einfach. Wie sagt Sprenger: Wer Angestellte beschäftigt, der kann keine Unternehmer erwarten. Sonst wären sie ja nicht Angestellte geworden. Ganz einfach.
Oder doch nicht? Der Beitrag in der Brand eins 5/2008 (Lernende Firma) lässt ahnen, dass es vielleicht doch ohne (hierarchisches) Management geht

Rezensionen zum Thema "Mitarbeiterbeteiligung":
Lernende Firma, Brand eins 5/2008
Hat denn überall der Boss das letzte Wort? Organisationsentwicklung 2/2007

Billig und gut?

Sollte Ihr Telefon mitunter merkwürdige Geräusche von sich geben, oder Sie verstehen Ihren Gesprächspartner kaum, oder die Verbindung wird unterbrochen - verfluchen Sie nicht sofort Ihren Apparat oder den des Gesprächspartners. Offensichtlich haben viele Telekommunikationsanbieter ihre Technik nicht im Griff. Der Artikel in der Financial Times Deutschland zeigt, dass die Komplexität der Anforderungen und die fallenden Preise offensichtlich die Qualität der Dienstleistungen arg beeinträchtigen. Wäre ich gar nicht drauf gekommen. Komisch, warum gehe ich eigentlich so selbstverständlich davon aus, dass Telefonieren eine Selbstverständlichkeit ist?

Auch lustig: So allmählich begreift man, dass auch Telefon- und Internetleistungen sich nicht allein über den Preis verkaufen. Da sind wir Kunden aber auch erbarmungslos naiv, oder? Kaum finden wir eine neue, noch günstigere Flatrate, wechseln wir den Anbieter. Warum glauben wir eigentlich, so gut wie nichts bezahlen zu müssen, dafür aber auch noch Service erwarten zu können? Einfach blöd...

Rezension zum Thema:
Sprechen Sie bitte lauter, Financial Times Deutschland vom 30.3.2008

Dienstag, 3. Juni 2008

Warten, warten, warten...

Ein Raum ohne Fenster, geschlossene Türen rundherum, grün gestrichene Wände, Linoleum-Fußboden, Menschen auf unbequemen Bänken, die seit Stunden dort sitzen. In großen Abständen eine Stimme, kaum verständlich, aus einem Lautsprecher: "Herr Schmidt in Zimmer 3 bitte!" Ab und zu steht jemand auf und klopft vorsichtig an die Tür mit der Aufschrift "Anmeldung". Er fragt nach, ob man ihn vielleicht vergessen hat.

Ein Wartezimmer in einem Krankenhaus. Ich habe die Ausgabe 19/2008 der Wirtschaftswoche dabei und lese einen Artikel über Innovationen in der Dienstleistungsbranche. Dort wird berichtet, dass einige wenige Dienstleister intensiv in Forschung investieren und sogenannte Servicedesigner losschicken. Diese sollen sich eine Dienstleistung durch die Augen der Kunden anschauen. Es ist dabei auch die Rede vom Warten - wie kann dieses gestaltet werden, dass der Kunde/Patient sich gut aufgehoben fühlt? Ich schaue mich um und wünsche mir, ein Servicedesigner würde sich hierher verirren. Was für eine trostlose Atmosphäre, und vor allem: Welch Desaster in der Organisation der Termine.

Dabei habe ich es schon ganz anders erlebt. Eine perfekte Organisation gelingt den Zahnärzten im Haubrichforum in Köln. Dort ist ein Termin tatsächlich ein Termin, und jeder Angestellte scheint im Patienten jemanden zu erblicken, der ein Anrecht auf individuelle Behandlung und umfangreiche Information hat. Das Wartezimmer entspricht tatsächlich dem Foto...

Dabei muss es gar kein hoch moderner und chic eingerichteter Raum sein. Bei einem Kardiologen in Leverkusen steht im Wartezimmer ein PC, an dem man tatsächlich im Internet surfen kann. Überall Pflanzen, und an den Wänden hiängen Fotos und Berichte von Aktivitäten, die die Ärzte in Ländern der 3. Welt unterstützen. Das Gebäude war furchtbar, die Internetseite ist von vorgestern, doch die Praxis verbreitet eine so freundliche Wirkung, dass das Warten sich nicht wie Warten anfühlt. Und ich bin mir sicher, dass dort bisher keine Servicedesigner ihre Hand im Spiel hatten.

Rezension zum Thema:
Poppig verpackt, Wirtschaftswoche 19/2008

Sonntag, 1. Juni 2008

Im Hier und Jetzt leben

Nein, neu ist das nicht (den Satz habe ich in meiner MWonline-Zeit sicher schon sehr oft geschreiben): "Wir haben nur jetzt!" Das ist der Titel eines Interviews mit dem Extrembergsteiger Thomas Bubendorfer, der sich darin gegen die viel beschworene Zielfixierung ausspricht. Die Botschaft ist so einfach wie bekannt: Es geht um den Weg zum Ziel, nicht um das Ziel selbst. Man muss das Spiel hier und jetzt genießen, dann stellt sich auch der Erfolg ein. Die Fixierung auf das Ziel ist falsch.

Ich gestehe, dass ich selbst mit meinen Gedanken sehr oft in der Zukunft bin. Ich male mir aus, wie es sein wird, wenn... Und in der Tat kommt dabei oft das Erlebnis dessen, was heute ist, zu kurz. Mit welcher Grausamkeit manchmal Ereignisse jedes Ziel verblassen lassen, weiß ich seit Kurzem.

Und plötzlich wird noch eine weitere Schattenseite der "Zielfixierung" deutlich. Die Sorgen, die man sich um das macht, was morgen sein könnte, verhindern, heute gut zu sein, sagt Bubendorfer. Wie wahr. Die Angst vor dem, was in einem halben Jahr passieren kann, lähmt und verhindert wahrzunehmen, was man am heute hat.

Und das ist keine Weisheit allein für Manager...

Rezension zum Thema: Wir haben nur jetzt! Wirtschaftswoche 19/2008