Management sollte man zu einem festen Berufsstand machen - mit klaren Ausbildungsstandards, einer Zertifizierung und einem Verhaltenskodex. Würde sich doch gut machen auf der Visitenkarte: Ralf Müller, Dipl. Manager. Oder so ähnlich.
Was nach einem Anfall von Regelungswut klingt, stammt jedoch keineswegs von einem deutschen Berufsverband, sondern von Harvard Professoren. Wobei die Forderung schon recht alt ist, nämlich von 2005. Eine gute Idee?
Völlig daneben, war mein erster Gedanke. Wer will denn, dass Menschen Organisationen führen, die nur "Management" gelernt haben, aber nichts von der Materie verstehen? Ich möchte auch nicht, dass meine Kinder von Pädagogen unterrichtet werden, die "nur" Lehrer gelernt haben.
Grober Denkfehler. Es ist ja eher anders herum. Organisationen werden von Menschen geführt, die zwar Betriebswirtschaft, Ingenieurwesen, Chemie, Jura oder Medizin gelernt haben, aber möglicherweise keinerlei Kenntnisse in der Führung von anderen Menschen oder gar ganzen Organisationen haben. So gesehen würde ich stark dafür plädieren, eine spezielle Ausbildung zu kreieren, die solche Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt. So wie jemand erst dann auf Patienten losgelassen wird, wenn er die entsprechenden Nachweise seiner Qualifikation erbracht hat, darf auch dann erst "geführt" werden, wenn man eine entsprechende Ausbildung absolviert hat. Doch kein so abwegiger Gedanke. Wobei ich den Berufsstand "Führungskraft" oder "Leader" interessanter finde als "Manager".
Problem dabei: Es ist wohl kaum damit zu rechnen, dass sich die "Management-Vordenker" darauf verständigen können, was alles zu einem qualifzierten Manager gehört. Warum eigentlich? Ein Argument: Es gibt viele Möglichkeiten, als Manager erfolgreich zu sein. So viele, dass es fast schon wieder völlig beliebig erscheint, wie man "managt" - Hauptsache, man hat Erfolg. Da kommt mir - mal wieder - der Vergleich mit dem Sport in den Sinn: Hier hat man sich, zumindest in Deutschland, offenbar darauf verständigt, dass jemand, der sich als Trainer bezeichnet und andere Menschen anleitet, eine entsprechende Qualifikation nachweisen muss. Mehr noch: Er muss sie sogar in regelmäßigen Abständen auffrischen.
Das wäre doch gar nicht so schlecht, denke ich mir. Bei Trainern wie auch bei Managern ist am Ende nicht die formale Ausbildung ausschlaggebend, sondern der Erfolg. Aber zumindest muss man nachweisen, dass man sich mit den Herausforderungen auseinandergesetzt hat - egal, wie erfolgreich man in seinem "eigentlichen" Fach ist. Ein Spitzensportler muss noch lange kein Spitzen-Trainer sein - so wie ein Genie im Bereich der Medizin noch lange kein genialer Klinikleiter sein muss.
Trotzdem: So wenig es einen "Elternführerschein" geben wird, so wenig wird es ein "Leader-Diplom" geben. Es sei denn, es bietet endlich eine Business School eine Ausbildung, die wirklich gute Manager hervorbringt, die sich als würdig erweisen, den Begriff Manager (oder Leader) im Titel zu tragen und sich als "Meister ihrer Zunft" erweisen. Hiervon sind wir offensichtlich noch ein ganzes Stück entfernt - auch in Harvard...
Rezension zum Thema:
Ehrenkodex für die Kaderschmiede, Financial Times Deutschland, 27.10.2010
Dienstag, 30. November 2010
Gestatten: Manager
Eingestellt von Johannes um 22:58:00
Labels: Führung, Wirtschaftsethik
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2 Kommentare:
Nun, ich denke eine professionelle Ausbildung ist für Manager oder Führungskräfte sehr wichtig. Das macht auch viel Sinn, darin zu investieren.
Damit ist es aus meiner Sicht jedoch nicht getan.
Führen und managen ist auch eine Erfahrungsdisziplin. Es braucht Zeit der Reife.
Mentoren, Peer Groups Feedback mit dem Team, Feedback vom eigenen Chef und natürlich Coaches (Coaching on the Job) können nützliche Hilfen sein.
Solide Ausbildung plus Erfahrungen & Reflexion --> das macht mir Sinn für den "Manager" oder die "Führungskraft".
Ein "Leader-Diplom", das klingt gut!
So sinnvoll wie unkonventionell dieser Gedanke ist: es scheint utopisch und realitätsfern.
Aber (nur) so kann man Neues denken, von daher ist die Denkrichtung allemal spannend.
Nach meinem Verständnis ist "Erfolg" das Erreichen gesetzter, d.h. definierter Ziele.
Ein erster Schritt könnte daher sein, (a) die richtigen Ziele setzen zu lernen und (b) die Ziele richtig zu erreichen.
Viel zu oft erlebe ich Zielunklarheit oder gar Opportunismus.
Kurt lewin sagte einmal sinngemäß: Nichts ist so praktisch, wie eine gute Theorie. Insofern wünschte ich mir bei erfolgreichen Leadern auch ein theoriegeleitetes Vorgehen. Das macht überprüfbar, was und vor allem warum etwas so und nicht anders gemacht wird.
Was ist mit einem "Politiker-Diplom"? ...
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