Sonntag, 13. September 2009

Legal oder legitim?

Mit dem Begriff "Compliance" tue ich mich schwer, muss immer wieder bei Wikipedia nachschauen, was man darunter versteht. Es soll ihn auch in Deutsch geben: Komplianz. Nun denn...

Es geht um die Einhaltung von Regeln, im Zusammenhang mit Wirtschaft offensichtlich darum, die Einhaltung von Regeln zu überwachen. Also leisten sich Unternehmen (bzw. müssen sich leisten) Abteilungen, die sich überlegen, wie man Menschen dazu bringt, die aufgestellten gesetzlichen, aber auch die internen Regeln einzuhalten bzw. die Einhaltung zu überprüfen. Bisher war ich immer der Meinung (und bin es auch heute noch), dass dies Aufgabe von Führungskräften ist. Offensichtlich aber sind diese damit überfordert, was nicht unbedingt an ihnen selbst liegen muss. Vielmehr ist das Regelwerk offensichtlich so komplex und unübersichtlich geworden, dass eine Führungskraft gar keine Chance mehr hat zwischen richtig und falsch zu unterscheiden. Da reicht der gesunde Menschenverstand offensichtlich nicht mehr aus.

Ein Beispiel: In einem Produktionswerk beobachteten wir, wie Arbeiter eine Anlage demontierten, reinigten und wieder zusammen setzten. Die Art und Weise, wie sie dies taten, sah reichlich improvisiert und alles andere als sicher aus. Wir lasen uns die vorhandene Anleitung durch und siehe da, hier was der Ablauf ein völlig anderer. Daraufhin angesprochen, zeigte sich der Verantwortliche völlig überrascht und meinte, diese Anleitung hätte er noch nie gesehen. Abgesehen davon sei sie so kompliziert, dass man damit niemals im vorgegebenen Zeitrahmen den Auftrag würden durchführen können. Naheliegend anzunehmen, dass auch viele andere Vorschriften kaum geeignet sind, menschliches Verhalten wirkungsvoll zu steuern.

Und dann gibt es die Fälle, in denen eine Vorschrift überflüssig ist und die menschliche Vernunft völlig ausreichen sollte. Nämlich dann, wenn etwas vielleicht legal ist und allen Gesetzen entspricht, dennoch einfach nicht in Ordnung ist. Ich erinnere mich an den Versuch des Fußballvereins Borussia Dortmund bzw. seines damaligen Managers Meier, der beim Gehalt seiner Profis sparen wollte, indem er ihr Wirken am Samstag und Sonntag als Wochenendarbeit deklarierte und damit steuerliche Vorteile nutzen wollte. Rechtlich offensichtlich machbar, also legal. Aber auch legitim? Prof. Hilb unterscheidet hier zwischen "Legal Compliance" und "Ethical Compliance". Ich finde, bei jeder Entscheidung sollte die zweite Frage, nämlich "Macht man so etwas?" zuerst gestellt werden - dann erübrigen sich manche Fragen nach dem "Darf man das?" von selbst.

Habe übrigens versucht, die Geschichte von Borussia Dortmung und der Wochenendarbeit über Google zu finden, ist mir nicht gelungen. Kann mir jemand helfen?

Rezension zum Thema:
Sehnsucht nach dem gesunden Menschenverstand, Personalwirtschaft 5/2009

Inzwischen habe ich einen Hinweis auf die Geschichte der am Wochenende arbeitenden Profi-Fußballer erhalten. Danke an Jörg Hübner.

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