Mittwoch, 27. August 2008

Gefangen in der Organisation?

Der Titel sprang mir ins Auge, und ohne Details des Beitrags zu kennen, blieb ich an einer Feststellung hängen: "Kaum hat der Spitzenpolitiker oder der Wirtschaftskapitän seinen Posten verlassen, redet er plötzlich ganz anders als bisher." In Wirklichkeit hat er seine Meinung gar nicht geändert, sondern sie vorher nur nicht geäußert. Weil sie einfach nicht gewünscht war und weil sie die Organisation ohnehin nicht von ihrem Pfad hätte abbringen können.

Kleine Geschichte dazu: Montag in einem Krankenhaus, Chefvisite. Die Tür geht auf, sieben Damen und Herren in Weiß treten auf, der Chef vorweg. Er blickt in die Patientenakten, die man ihm reicht, stellt kurze Fragen, erläutert für den Patienten kaum nachvollziehbar den Verlauf und nach wenigen Minuten ist der Spuk vorbei.

Kurz danach, Auftritt eines der Ärzte, der im Schlepptau des Chefs mit von der Partie war. "Ich vermute, Sie haben nicht allzu viel verstanden. Ich erkläre Ihnen alles nachher noch einmal, wenn die Visite vorbei ist." Tatsächlich kommt er wieder und macht sein Versprechen wahr. Auf die Frage: "Sagen Sie mal: Welchen Sinn hat diese Chefvisite eigentlich?" antwortet er: "Keine Ahnung, das versteht hier niemand. Aber es war schon immer so und wird wohl auch noch in 100 Jahren so sein."

Jede Wette, dass auch der Chefarzt (ein ganz netter übrigens, wenn man ihn allein spricht) nach seiner Pensionierung sagen wird: "Das war vielleicht ein Quatsch, hätte man längst abschaffen sollen!" Hat er aber nicht. Gefangen in der Organisation, in ihren Ritualen und Abläufen, von vielen längst als überholt erlebt und mitunter sogar verhasst.

Mitleid und Verachtung

Allzu viel Verständnis habe ich für diese Form der "Toleranz" bis heute nicht. Ich kann nachvollziehen, dass man sich gut überlegt, wie viel Energie man bereit ist zu investieren, um sinnlose Dinge abzuschaffen oder Veränderungen anzustoßen und sorgfältig die Chancen und Risiken abwägt. Aber wenn einen Manager nach seiner Pensionierung plötzlich die große Erkenntnis überfällt und er dann allen anderen rät, wie sie es besser machen können, dann entsteht bei mir eine Mischung aus Mitleid und Verachtung. Und ich denke: Wenn du bis jetzt nicht den Mut hattest, dann halte lieber auch danach die Klappe und hoffe, dass deine Nachfolger über mehr Rückgrat verfügen.

Rezension zum Thema:
Gefangen in der Organisation, managerSeminare 3/2008

Dienstag, 26. August 2008

Brutal offen

Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, wie skeptisch ich gegenüber Studien bin, die dem folgenden Muster gehorchen: Man suche nach erfolgreichen Unternehmen, schaue sich die führenden Köpfe dort an, was sie auszeichnet und was sie anders machen und schließe daraus auf die Ursache für den Erfolg des Unternehmens. Es ist nämlich nichts anderes als die bekannte Henne-Ei-Diskussion: Haben die erfolgreichen Unternehmen die erfolgreichen Führer hervorgebracht oder umgekehrt?

Ein Beispiel: Die beschriebenen Manager haben ihren Weg durch die Organisation gemacht, sind also Eigengewächse. Dies, so die Autoren der Studie, stehe im krassen Gegensatz zu der immer wieder erhobenen Forderung, frisches Blut von außen zu holen und damit den Erfolg zu sichern. Das kennen wir doch aus der Fußball-Bundesliga, oder? Langfristiges Arbeiten mag in einem Verein den Erfolg sichern, ebenso trifft es zu, dass ein Trainerwechsel tatsächlich den Umschwung bringt.

Und dennoch: Manchen Aussagen aus solchen Untersuchungen vermag ich mich dann auch nicht zu entziehen. Eine davon lautet: Diese Top-Manager verdienen sich das Vertrauen ihrer Mitarbeiter und Partner durch brutale Offenheit. Und sie suchen den Kontakt - zu jeder nur denkbaren Gelegenheit.

Das erscheint mir so plausibel, dass ich eigentlich gar keine Studie dafür benötige. Wer keinen Zweifel daran lässt, was er meint, denkt und erwartet, der ist berechenbar. Ob man ihn mag oder nicht, man weiß, woran man ist. Und wer den Kontakt zu jedem Mitarbeiter sucht, der erfährt, was los ist im Unternehmen und weiß folglich, woran er ist.

Bemerkenswert daran ist, dass man es mit dieser Einstellung offensichtlich bis an die Spitze großer Unternehmen bringen kann. Oder sollten diese Manager diese Haltung erst auf der Position erworben haben? Unwahrscheinlich.

Rezension zum Thema:
The Uncompromising Leader, Harvard Business Review 7/8/2008

Montag, 18. August 2008

Flucht in die Selbstständigkeit?

Ist das so? Wird jemand, der sich in Deutschland unter die Unternehmer begibt, eher als "Versager" wahrgenommen nach dem Motto: "Zu einer Anstellung hat es wohl nicht gereicht?" Als ich den Satz las, fiel mir ein, dass mir tatsächlich so eine Haltung begegnet ist, als ich verkündete, dass ich mich zu dem Schritt entschieden hätte. Die Reaktion (eines angestellten Kollegen aus dem Personalbereich) war sinngemäß: "Für mich sind Leute, die aussteigen und sich selbstständig machen, nur nicht in der Lage, sich innerhalb eines Unternehmens zu behaupten und durchzusetzen."

Ich weiß noch, dass ich damals kurz überlegte, ob ich mir den Schuh anziehen sollte. Aber nur ganz kurz... Die Reaktion, die ich viel häufiger erhielt, lautete: "Ich bin sehr beeindruckt." - "Das finde ich total mutig." oder "Ich wünschte, ich hätte den Mut dazu."

Am Wochenende traf ich einen Bekannten, der es in seinem Fachgebiet weit gebracht hat, den Schritt aber mit Anfang 40 nun ebenfalls gegangen ist. Seine Hauptargumente: "Es wurde Zeit für etwas Neues!" und "Am Schluss habe ich nur noch gearbeitet, es gab keinen Feierabend und keine Wochenende und die Kinder bekamen mich nicht mehr zu Gesicht."

Das dürfte in der Tat neu sein: Erfolgreiche Menschen, die sich selbstständig machen, weil auch die Festanstellung keine Trennung von Beruf und Freizeit mehr ermöglicht. Und wenn schon Arbeiten ohne Ende, dann wenigstens selbst über die eigene Zeit verfügen können.

Der Personaler von damals hat sich übrigens nicht lange nach mir in die Selbstständigkeit begeben...

Rezension zum Thema:
Gründer verzweifelt gesucht, Financial Times Deutschland, 27.6.2008

Sonntag, 17. August 2008

Werbung für Microsoft auf Apple Computern?

Das ist doch mal eine witzige Story: Microsoft hat eine neue Agentur verpflichtet, um sich ein neues, frischeres Image zu verpassen. Agenturen schwören bei ihren Arbeitsmitteln häufig auf Apple und outen sich als eingefleischte Microsoft-Gegner. Da muss der Leser grinsen. Zerreißt es den Kreativen nicht innerlich, wenn er Ideen für den "Erzfeind" zu sammeln soll?

Ich hätte zu gerne gesehen, wie wohl die Präsentation vor den Entscheidern von Microsoft abgelaufen ist. Haben die Kreativen ihre Apple-Computer angeschleppt und ihre Ideen an die Wand geworfen? Oder sie als PCs "verkleidet"?
Sei's drum, mit dem richtigen Honorar wird sich der Widerwillen überwinden lassen.

Rezension zum Thema:
Believe It or Not, He´s a PC, Fast Company 6/2008

Freitag, 15. August 2008

Klartext reden?

Mitarbeiter, die auf eigenen Wunsch das Unternehmen verlassen, sind eine wertvolle Quelle höchst nützlicher Informationen - so man sie denn haben möchte. Gibt es Unternehmen, die "Austrittsinterviews" konsequent betreiben? Bei Otto ist das angeblich Standard. Eine gute Sache, kaum nachvollziehbar, dass viele Unternehmen sich diese Chance entgehen lassen, Missstände, Ärgernisse oder einfach nur Missverständnisse auszuräumen. Oder zu erfahren, was die Konkurrenz in Sachen Personalmarketing einem vorraus hat.

Kaum nachvollziebar? Viele müssten das aus persönlicher Erfahrung kennen. Sie halten einen Vortrag, die Resonanz ist bescheiden. Wer fragt seine Zuhörer, warum sie nicht in Begeisterungsstürme ausbrechen?
Sie organisieren eine Besprechung, die Beteiligung ist schleppend. Fragen Sie konkret nach, was Sie besser machen können? Offensichtlich ist es einfach unangenehm bis peinlich, sich die eigenen Versäumnisse vorhalten zu lassen.

Den Personaler, der das "Austrittsinterview" führen sollte, quält womöglich noch etwas anderes. Was, wenn da Dinge zu Tage treten, die man gar nicht ändern kann? Oder sogar nicht ändern will? Muss man sich das antun? Tipp in dem Artikel "Wer geht, redet Klartext" von der "Leiterin Recruiting und Beratung Personal":
"Hinterfragen Sie nur Themen, von denen Sie wissen, dass das Unternehmen gewillt ist, sie zu ändern."
Begründung: Der Mitarbeiter spricht nachher mit jenen, die bleiben. Und wenn der Personaler genauer nachfragt, weckt das die Hoffnung, dass sich etwas ändert.

Fehlender Mut?

Das ist hübsch, oder? Da ärgert sich ein Mitarbeiter, der kündigt, darüber, dass jüngere Mitarbeiter trotz gleicher Leistung weniger verdienen als alte Hasen. Sie wissen, dass dieses Senioritätsprinzip auf jeden Fall beibehalten wird. Also gehen Sie auf den Punkt nicht ein? Merkwürdiger Rat. Wäre es nicht sinnvoller, gerade den Punkt aufzugreifen, ihn zu respektieren, dann aber klar zu äußern, dass man sich dieser Wirkung bewusst ist? Dass man aber Treue zum Unternehmen letztlich höher gewichtet als "Leistungsorientierte Bezahlung" und von daher auf Mitarbeiter, die dies anders sehen, eher verzichtet als das System zu ändern?

Aber dazu gehört schon wieder Mut zur Offenheit und Bekenntnis zu personalrelevanten Unternehmensentscheidungen. Offensichtlich zu viel verlangt...

Rezension zum Thema:
Wer geht, redet Klartext, Personalmagazin 4/2008

Dienstag, 12. August 2008

Seminare vom Discounter?

Merkwürdige Idee, dachte ich, als ich zum ersten Mal von einem Anbieter hörte, der Seminare zu Discount-Preisen auf den Markt bringen wollte. Funktioniert nie, war meine erste Reaktion. Wie denn auch? Woran kann man bei Seminaren sparen, um am Ende noch ein paar Euro übrig zu haben? Am Material? An der Unterbringung? Die Möglichkeiten sind begrenzt.

Also am Personal - aber welcher Trainer mit Namen verkauft sich für einen Bruchteil des bisherigen Honorars? Und die Teilnehmer in Billiglohnländer auszufliegen ist ja wohl auch keine Alternative.

Bleibt noch die Standardisierung - ein Trainer, der sich intensiv auf eine Zielgruppe vorbereitet, wird auch diesen Aufwand honoriert bekommen wollen. Zieht er fertige Konzepte aus der Tasche, kommt das günstiger. Das aber führt zu einer klaren Beschränkung der Themen - oder möchten Sie im Führungs- oder Kommunikationstraining mit Standardinhalten abgefüttert werden? Erinnert mich an die Vorlesungen in Entwicklungspsychologie, in der der Dozent seit 10 Jahren die gleichen Texte ablas und wir nur noch anwesend waren, um mitzubekommen, ob sich vielleicht doch noch das eine oder andere am Skript geändert hatte (weil genau das garantiert in der Prüfung vorkam).

Wenn also bei all dem wenig Spielraum für Einsparungen ist, muss es die Masse machen. Womit wir wieder beim Hörsaal wären. Aber genau hier setzt ja auch die Kritik am Bildungssystem an. Wer Massenbetrieb zulässt, bekommt keine Qualität.

Noch ein Grund, warum die Sache mit dem Seminardiscount keine gute Geschäftsidee ist. Lernen im Seminar ist immer ein Erlebnis, das extrem vom Trainer/Dozenten geprägt wird. Ist dieser in der Lage, Menschen zu interessieren, anzuregen, zu fesseln, funktioniert Lernen und damit das Geschäft. Würde es renommierte Trainer geben, die für wenig Geld vor Massen auftreten, wären sie nicht lange renommierte Trainer. Oder?

Rezension zum Thema:
Die Billigheimer, managerSeminare 8/2008

Freitag, 8. August 2008

Böse Nachbarn

So manch einer hätte wohl eine andere Wohnung oder ein anderes Haus erworben, hätte er gewusst, in welche Nachbarschaft er gerät. Die Wohnlage lässt sich einigermaßen beurteilen, die Bausubstanz wohl auch. Aber was ist mit den Menschen, die rechts und links, über oder unter einem ihr Heim haben? Wer erkundigt sich schon im Voraus, ob diese Kinder mögen, Hunde vergiften, im Sommer jeden Tag den Grill anwerfen, jeden zweiten Abend Partys veranstalten oder im Garten mit Unkrautvernichtungsmitteln um sich werfen? Oder gar mit jedem bisherigen Nachbarn vor Gericht gelandet sind?

Im Zeitalter des Internets kann man solche Informationen nun ganz einfach erhalten. Ein Amerikaner hat die Webseite rottenneighbor.com gegründet, dort kann man sich die Gegend seiner Wahl als Landkarte heranzoomen und an roten und grünen Häuschen erkennen, ob die dort lebenden Menschen nett oder weniger nett sind.

Da ist man erst einmal sprachlos, oder? Und denkt vielleicht: Was für eine Gelegenheit, die bösesten Verleumdungen und Anschuldigungen loszuwerden. Und welche Möglichkeiten für Manipulationen eine solche Webseite bietet: Da können die Immobilienpreise einer ganzen Gegend in den Keller fallen, wenn man nur die richtigen Gerüchte streut.

Aber nicht nur für Makler eine erschreckende Vorstellung. Was ist mit potenziellen Arbeitgebern? Würden Sie jemanden einstellen, über den im Internet verbreitet wird, er sei ein Stinkstiefel? Und können so ganze Familien ins Unglück gestürzt werden?

Eine Frage der Perspektive?

Es geht noch viel weiter. Bekanntlich werden in den USA vorbestrafte Sexualtäter im Internet mit Namen und Adresse veröffentlicht. Auch deren Wohnorte sind auf rottenneihbor per Symbol abzulesen, ein Klick, und sie erscheinen samt Name und Foto. Würden wir eine solche Information schätzen, bevor wir ein Haus direkt gegenüber erwerben?

Je nachdem, aus wessen Perspektive man die Sache sieht, schüttelt es einen. Nein, ich möchte keine bösen Gerüchte über mich im Internet lesen und ständig auf der Suche nach diesen sein, um sie wieder zu löschen. Andererseits: Ich kenne Nachbarschaftsverhältnisse, bei denen ich Menschen abraten würde, dorthin zu ziehen. Nichts anderes geschieht auf dieser Webseite. Und jede Wette - solche Angebote wird es noch zuhauf geben - vorausgesetzt, es lässt sich damit irgendwie auch Geld verdienen. Ansonsten wird es ein kurzer Spuk bleiben. Wetten würde ich darauf nicht.

Sollten Sie jetzt denken: Naja, das ist eben Amerika - weit gefehlt. Geben Sie mal den Namen Ihrer Stadt in die Suche ein, Sie werden sich wundern. Die "Qualität" der dortigen Kommentare lässt allerdings vermuten, dass dieses Angebot nicht überlebt....

Rezensionen zum Thema:
Mein Feind, der Nachbar, Financial Times Deutschland vom 30.6.2008

Mittwoch, 6. August 2008

Was Menschen ans Unternehmen bindet

Wer braucht eigentlich noch all diese Studien, die herausfinden wollen, was Menschen an ihrem Arbeitsplatz motiviert? Es ist dermaßen ermüdend, immer wieder davon zu lesen, dass vor allem eine interessante Aufgabe Menschen nicht nur zufrieden macht, sondern sie auch an ein Unternehmen bindet, dass man allen Redaktionen von Fach- und Wirtschaftsmagazinen untersagen sollte, noch weitere dieser Ergebnisse zu veröffentlichen.

Viel Arbeit und ein Leben in der Provinz

Zwei weitere Aspekte, die in einem Beitrag der managerSeminare 1/2008 über die "Hidden Champions" aufgeführt werden, lassen den Leser schmunzeln:

Unternehmen, die langfristig erfolgreich sind und sich als Arbeitgeber beliebt machen, sorgen für "mehr Arbeit als Köpfe". Soll heißen: Es gibt so viel zu tun, dass es gar keinem einfällt, sich über mangelnde Herausforderungen zu beklagen.

Solche Unternehmen zieht es häufig gar nicht in die Metropolen, sondern in die Provinz. Damit schaffen sie ein Gefühl von Heimat, von Verbundenheit mit einer Region, die man auch nicht so schnell aufgibt.

Das Resultat: Lange Karrieren, sprich eine lange Betriebszugehörigkeit ist die Regel. Wer wechselt den Arbeitgeber, wenn er sich dort aufgehoben fühlt?

Klingt zu einfach, oder? Dann doch lieber höchst komplexe Karrierepfade entwickeln, mit jeder Menge Potenzialbeurteilungen, Assessment Centern, Management- und Nachwuchsprogrammen, Auslandsaufenthalten und Job-Rotationen. Sorgt zwar selten für echte Mitarbeiterbindung, aber macht sich gut auf den Karriereseiten im Internet und lässt sich viel besser verkaufen als: "Bei uns haben Sie immer genug zu tun und Sie leben abseits der angesagten Metropolen..."

Rezension zum Thema:
HR der heimlichen Helden, managerSeminare 1/2008

Samstag, 2. August 2008

Freiwillige Selbstverpflichtung?

Es gibt eine bekannte Übung, immer wieder gerne im Seminar eingesetzt: Prisoners Dilemma heißt sie. Dabei geht es darum, dass zwei (oder vier) Gruppen nur dann gewinnen, wenn sie zusammen halten. Es besteht auch die Möglichkeit, auf Kosten des anderen erfolgreich zu sein, was jedoch unweigerlich dazu führt, dass der andere sein kooperatives Verhalten aufgibt und dann alle verlieren. Selbst wenn die Absprachen zwischen den Runden gelingen und sich alle in die Hand versprechen, sich ab sofort kooperativ zu verhalten, erliegt immer eine Gruppe der Versuchung und holt sich einen Vorteil zu Lasten der anderen.

Wie im richtigen Leben

An diese Übung erinnert mich die Diskussion um den Corporate Governance Kodex. Unternehmensführer haben sich zusammen gesetzt und Spielregeln aufgestellt, an die sich alle halten sollen. Tun sie aber nicht, zumindest halten sie die wenigsten an alle dieser Spielregeln. Das nun wiederum könnte eventuell ein Nachteil für diejenigen darstellen, die den Empfehlungen in vollem Umfang folgen. Also wird der Ruf nach dem Staat laut. Wenn nicht alle mitspielen, müssen eben Gesetze her, die eine Zuwiderhandlung mit Sanktionen belegen.

Genauso läuft auch die Diskussion mit Seminarteilnehmern nach Beendigung der Prisoners Dilemma-Übung. Man kann darauf wetten, dass die Teilnehmer, nachdem sie sich gegenseitig heftige Vorwürfe wegen ihres illoyalen Verhaltens, des Nicht-Einhaltens von Absprachen gemacht haben, irgendwann den Trainer attackieren nach dem Motto: "Sie hätten einfach klar sagen müssen, dass es darauf ankommt, dass man sich als ganze Gruppe versteht und nicht gegeneinander kämpfen soll!"

Jede Wette, dass man das Spiel auch mit Top-Managern noch spielen kann - mit dem gleichen Ergebnis. Am Ende werden sie den Trainer verantwortlich machen - und nach dem Staat rufen, damit er ihnen die Spielregeln vorgibt, an die sie sich freiwillig nicht halten wollen - weil sie den anderen und sich selbst nicht trauen.
Menschen sind merkwürdig - manchmal...

Rezensionen zum Thema:
Freiwillige vor, Financial Times Deutschland, 9.6.2008