Dienstag, 26. August 2008

Brutal offen

Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, wie skeptisch ich gegenüber Studien bin, die dem folgenden Muster gehorchen: Man suche nach erfolgreichen Unternehmen, schaue sich die führenden Köpfe dort an, was sie auszeichnet und was sie anders machen und schließe daraus auf die Ursache für den Erfolg des Unternehmens. Es ist nämlich nichts anderes als die bekannte Henne-Ei-Diskussion: Haben die erfolgreichen Unternehmen die erfolgreichen Führer hervorgebracht oder umgekehrt?

Ein Beispiel: Die beschriebenen Manager haben ihren Weg durch die Organisation gemacht, sind also Eigengewächse. Dies, so die Autoren der Studie, stehe im krassen Gegensatz zu der immer wieder erhobenen Forderung, frisches Blut von außen zu holen und damit den Erfolg zu sichern. Das kennen wir doch aus der Fußball-Bundesliga, oder? Langfristiges Arbeiten mag in einem Verein den Erfolg sichern, ebenso trifft es zu, dass ein Trainerwechsel tatsächlich den Umschwung bringt.

Und dennoch: Manchen Aussagen aus solchen Untersuchungen vermag ich mich dann auch nicht zu entziehen. Eine davon lautet: Diese Top-Manager verdienen sich das Vertrauen ihrer Mitarbeiter und Partner durch brutale Offenheit. Und sie suchen den Kontakt - zu jeder nur denkbaren Gelegenheit.

Das erscheint mir so plausibel, dass ich eigentlich gar keine Studie dafür benötige. Wer keinen Zweifel daran lässt, was er meint, denkt und erwartet, der ist berechenbar. Ob man ihn mag oder nicht, man weiß, woran man ist. Und wer den Kontakt zu jedem Mitarbeiter sucht, der erfährt, was los ist im Unternehmen und weiß folglich, woran er ist.

Bemerkenswert daran ist, dass man es mit dieser Einstellung offensichtlich bis an die Spitze großer Unternehmen bringen kann. Oder sollten diese Manager diese Haltung erst auf der Position erworben haben? Unwahrscheinlich.

Rezension zum Thema:
The Uncompromising Leader, Harvard Business Review 7/8/2008

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