Kennen Sie das? Sie sehen einen Werbespot, in dem herrlicher Blödsinn verzapft und Unmögliches versprochen wird und können gar nicht glauben, dass dieser Müll funtioniert? Da sieht man die dreckigsten Fliesen, die sich mit einen leichten Wischen in glänzende Flächen verwandeln, schlaffe Körper, die sich durch elektrische Apparate in muskulöse Athleten-Figuren verwandeln, Wimpern, die sich mit Tusche um 60% verlängern. Alles gelogen (im letzteren Fall musste L'Oreal das sogar eingestehen), und dennoch: Irgendetwas muss es ja bringen, sonst würde dieser Schwachsinn doch nicht weiter verbreitet.
Ein neues Buch mit dem Titel "Das Pinocchio-Paradox" behauptet, dass solche Werbung eben nicht mehr funktioniert, weil dank Internet und aufgeklärten Kunden die Lügen enttarnt werden und man nicht mehr auf sie hereinfällt. Und dass die Unternehmen gezwungen sein werden, sich mit mehr Glaubwürdigkeit und der Wahrnehmung ihrer "Corporate Social Responsibility" um den mündigen Konsumenten zu bemühen.
Ich habe das Buch nicht gelesen, sondern nur eine Rezension in der Financial Times Deutschland. Und ich teile den Pessimismus des Rezensenten Constantin Gillies. Er schreibt: "Mitunter scheint es so, als wollten die Konsumenten den Authentizitätsaposteln die lange Nase zeigen." Meine These: Werbung ist eben genau dazu da, den Kunden zu "belügen", sie ist reine Fiktion. Sie übertreibt, lügt das Blaue vom Himmel herunter, um Aufmerksamkeit zu erregen. Werbung ist Unterhaltung, moderne Märchenwelt. Die Wahrheit dürfte bei 99% aller Produkte stinklangweilig sein - wer will das hören?
Und wie bei allen schönen Geschichten, bei denen wir genau wissen, dass sie reine Erfindung sind - warum sollte nicht ein Körnchen Wahrheit darin stecken? Vielleicht wird aus einem Schwabbelbauch ja doch ein Waschbrettbauch, wenn man vor dem Fernseher liegend sich von elektrischen Impulsen traktieren lässt. Natürlich nicht so wie in der Werbung, aber ein kleines bisschen... Und wenn die Wimpern nicht um 60% verlängert werden, dann vielleicht um 20%? Ist doch auch schon was...
Rezension zum Thema:
Lange Nase zeigen, Financial Times Deutschland vom 16.5.2007
Sonntag, 22. Juni 2008
Ehrlichkeit in der Werbung?
Eingestellt von Johannes um 08:37:00
Labels: Corporate-Responsibility, Werbung, Wirtschaftsethik
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
2 Kommentare:
Manchmal suchen die Leute einfach nur einen einfache Lösung. Vielleicht ist es sogar war, dass die meisten, die längere Wimpern haben wollen, eigentlich nur 5-10% im Sinn haben. Wenn dann 60% versprochen und 20% möglich sind, könnte man denken: Dann gehen 10% bestimmt. Finde ich plausibel. :-)
Hallo -
das sich die Werbung der Psycholoige und sonstiger netten Versprechen bedient, dies ist mir bereits seit mehr als 30 Jahren bewusst - erstaunlich, wie unkritisch doch noch viele Menschen damit umgehen und sich beeinflusen lassen!
Kommentar veröffentlichen