Habe gerade einen Artikel über Trends in der Weiterbildung gelesen und besprochen, der wundervoll zu einem aktuellen Erlebnis passt. Da ruft ein Weiterbildungsverantwortlicher eines großen Unternehmens an: "Wir suchen für übernächste Woche einen Moderator für einen Workshop. Da möchte ein Abteilungsleiter mit seiner ganzen Mannschaft die aktuelle Situation der Abteilung besprechen und die Weichen für die nahe Zukunft stellen. Können Sie uns helfen?" Ein spannender Auftrag, denn da hat offensichtlich jemand verstanden, dass sein Verein nur mit Hilfe seiner Mitarbeiter weiter kommt und will diese tatsächlich einbinden.
Was macht man als Trainer? Wie Jürgen Graf in der managerSeminare schreibt, wird immer häufiger ein Problemlöser gesucht, und der sollte ein "Methoden- und Rollen-Allrounder sein: Organisationsberater, Projektmanager, Coach, Prozessbegleiter, Teamentwickler und Moderator in Personalunion." Typisch für solche Aufträge: Sie kommen extrem kurzfristig, selbstverständlich soll aber das Vorgehen "maßgeschneidert" sein. So als ginge man zu einem Maßschneider und sagt: "Ich brauche für morgen einen neuen Anzug, aber bitte nicht von der Stange. Was für einen, weiß ich noch nicht. Hätten Sie so einen da?"
Merkwürdige Welt der Personalentwicklung. Noch merkwürdiger: Man bemüht sich um Unterstützung, bietet einen Gesprächstermin an und blockt ihn in seinem Kalender. Wenige Zeit später kommt die Information, dass man sich für jemand anderen entschieden hat. Ach, das war gar keine konkrete Anfrage, sondern ein Auswahlverfahren? Warum hat man das nicht erwähnt? Und offensichtlich gab es wohl einen Maßschneider, der zufällig den passenden Anzug zur Hand hatte. Nachvollziehbar, dass man sich da verschaukelt fühlt?
Rezension zum Thema:
Neues Spiel der Kräfte, managerSeminare 4/2008
Sonntag, 15. Juni 2008
Maßgeschneidertes von der Stange?
Eingestellt von Johannes um 17:02:00
Labels: Personalentwicklung, Training
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1 Kommentar:
Was Sie da erleben, sind in der Welt der PR-Berater und Agenturen (und sicher nicht nur dort) schon seit Jahren bekannte "Umgangsformen". Und selbstverständlich werden erste Kontaktgespräche, wie auch immer kurzfristig, oder Maßnahmenvorschläge - sollte es dazu kommen, manchmal fragen die Kunden den Schneider auch erst mal nach dem Preis ihres bislang noch unbekannten neuen Anzugs - erst mal nicht vergütet. Erst wenn - falls - es zur Umsetzung kommt. Wie ich aus der Handelsbranche so höre, ist das dort ebenfalls schon lange Usus. Unter dem aktuellen Profitdrang werden letzte Formen zivilisierten menschlichen Verhaltens von (zu) vielen als hinderlicher Ballast abgelegt. Um sich anschließend über den allgemeinen Verfall von Sitten und Werten zu beschweren. Dämlicherweise bestätigen manche Anbieter diesen Unsinn, indem sie ihre Angebote anpassen: "Keine langwierigen Konzepte", heißt es dann, "wir legen sofort los und produzieren Ergebnisse". Natürlich individuell maßgeschneidert ... und den BWL-studierten Entscheidern gefällt solches "effizientes" Vorgehen sehr.
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