Für mich ist die Carrera-Bahn der Inbegriff des Weihnachtsgeschenks. Oder besser: Des Wunschs zu Weihnachten. Wie groß war die Enttäuschung, als die Plastiktüte mit dem Aufdruck "Carrera" etwas ganz anderes enthielt. Der ganze Heiligabend war verdorben. Umso interessierter habe ich die Geschichte der Rettung der Marke Carrera in der Financial Times Deutschland Beilage enable 12/2007 gelesen - zumal ich kurz zuvor unsere Bahn mit meinem Sohn nach langer Zeit mal wieder aufgebaut hatte. Es ist die Geschichte vom Niedergang und der wunderbaren Rettung einer einst glanzvollen Marke.
Spannend daran finde ich zwei Dinge: Zum einen: Da hat jemand mit Herzblut dieses urdeutsche Spielzeug wieder zum Leben erweckt und ist bei den Händlern und Kunden auf Begeisterung gestoßen. Und er hat den Beweis erbracht, dass, wenn man es richtig anpackt, Traditionsmarken in unserer hektischen und mit Marken vollgestopften Welt funktionieren. Ob es gelingt, die Marke in Großbritannien und sogar in den USA zu etablieren, ist eine andere Geschichte. Ähnliche Beiträge, wie Unternehmen durch mutige Unternehmer vor dem Untergang bewahrt wurden, finden sich immer wieder in den von uns besprochenen Publikationen.
Ein Schurkenstück
Völlig anders dagegen ist die Geschichte eines Familienunternehmens mit Namen M+W Zander, einst ein Teil des ostdeutschen Vorzeige-Konzerns Jenoptik. Es wurde von einem Finanzinvestor erworben, der genau die Art von Heuschrecke verkörpert, die für die perverse Seite des Kapitalismus steht. Auch dieser Beitrag in der FTD Deutschland vom 4.12.2007 ist ein Lehrstück, bei dem zwischenzeitlich niemand mehr weiß, wem die Firma gehört. Kaum jemand durchblickt die verschachtelten Konstruktionen, die offensichtlich nur einen Zweck erfüllen: Am Ende kann niemand zur Verantwortung gezogen werden. Bei der Lektüre vergisst man leicht, dass es sich bei dem "Kaufgegenstand" um eine Organisation handelt, die eben nicht nur aus materiellen Gütern, sondern auch aus Menschen besteht. Wie es denen dabei geht, erfahren wir hier nicht, aber das zu beschreiben dürfte auch überflüssig sein.
Finanzinvestoren sollte man keineswegs über einen Kamm scheren, und dass es hier - wie in jeder Branche - solche und solche gibt, ist wohl normal. Erschreckend ist, dass es manchen "Vorbesitzern" offensichtlich völlig egal ist, in welche Hände sie ein Unternehmen geben, wenn sie es denn einmal "aufgegeben" haben. Verantwortungsbewusstsein ist etwas anderes...
Rezensionen zu dem Thema:
Financial Times Deutschland, 4.12.2007:
Tempo, Tempo!
Schrecken ohne Ende
Samstag, 5. Januar 2008
Unternehmen retten
Eingestellt von Johannes um 23:50:00
Labels: Unternehmenskultur
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen