Montag, 7. Juni 2010

Wie hilft man seinen Führungskräften?

Da fällt es mir schwer, gelassen zu reagieren. Zugegeben, beim Thema "Mitarbeiterbeurteilung" habe ich ein dünnes Fell, weil der Unsinn einfach kein Ende nimmt. Diesmal bin ich über dieses Modell gestolpert:

Es stammt aus einem mittelständischen Unternehmen namens Kostmann und ist im Zusammenhang mit der Einführung des strukturierten Mitarbeitergespräches eingeführt worden. Hier hat der Vorgesetzte die Aufgabe, seine Mitarbeiter in eines der vier Felder einzusortieren - das Ganze nennt sich "Mitarbeiterbewertung". Nun sind solche Portfolio-Darstellungen in vielen Zusammenhängen ja allseits bekannt und nicht weiter aufsehenerregend.
Hier aber irritieren mich drei Dinge besonders: Zum einen heißt es, zuvor hätte es keine nachvollziehbare Mitarbeiterbeurteilung gegeben und die Bewertung basierte lediglich auf subjektiven Einschätzungen des Vorgesetzten. Hallo? Wo sind denn hier die objektiven Einschätzungen?

Zum zweiten sieht es so aus, als füllt der Vorgesetzte die Kästchen nach dem Mitarbeitergespräch aus. Heißt das, der Mitarbeiter erfährt gar nicht, in welcher Schublade er landet? Ungewöhnlich wäre es nicht.

Der gravierendste Grund für meine Irritation jedoch ist die Benennung der vier Felder. Mal oben links angefangen: Da ist ein Mitarbeiter nicht sonderlich motiviert, erreicht aber seine Ziele oder hat hohes Potenzial. Daraus folgt, dass mit ihm eine "disziplinäres Gespräch" geführt wird. Merkwürdig: Jemand erreicht seine Ziele, obwohl er nicht motiviert ist? Da wäre doch ein disziplinäres Gespräch mit seiner Führungskraft fällig, oder?

Unten links: Wer weder motiviert ist noch seine Leistung bringt und über kein Potenzial verfügt, der ist in der Tat ein Problem, und die Trennung wäre ein durchaus logischer Schritt. Aber hier hat der Vorgesetzte schon ein dickes Problem, wenn er jemanden dort "einsortiert". Er wird sich fragen lassen müssen, was er denn getan hat, um den Mitarbeiter zu motivieren - es sei denn, er selbst ist neu in der Funktion. Aber selbst dann wäre es ja durchaus eine Überlegung wert, mal mit dem Betreffenden zu reden.

Unten rechts: Hoch motivierte Leute ohne Potenzial zu schulen - äh, was soll dabei herauskommen? Hoch motivierte Menschen, die ihre Ziele nicht erreichen - da mag Training durchaus eine Maßnahme sein - aber auch hier vielleicht eher ein Training der Führungskräfte.

Ganz problematisch aber wird es beim Quadranten oben rechts. Da sitzen diejenigen, die motiviert sind, ihre Ziele erreichen und Potenzial haben. Keine Frage, hier sollte man sich überlegen, wie diese weiter gefördert werden können. Aber was legt diese Darstellung nahe? Dass man aus den Mitarbeitern unten rechts und oben links bitteschön High Potentials machen soll - bis irgendwann alle oben rechts landen?

So nett solche Darstellungen gemeint sind, um Führungskräften die "Führungsarbeit" zu erleichtern, so schlecht sind sie ausgeführt. Mag sein, dass es beim ersten Durchgang noch gelingt, die Mitarbeiter hier einzusortieren, quasi als erste Bestandsaufnahme. Spätestens beim zweiten Mal aber bekommt jede Führungskraft arge Probleme, wenn sie nicht alle Mitarbeiter ins rechte obere Feld befördert hat. Eine höchst unerfreuliche Nebenwirkung aller Beurteilungsinstrumente. Aber welcher Personalstratege denkt bei der Einführung genialer Instrumente schon weiter als ein Jahr?

Rezension zum Thema:
Reden ist doch Gold, Personalmagazin 5/2010

Keine Kommentare: