Montag, 21. Juni 2010

Was ist eigentlich eine Apanage?

Das ist in der Tat zum Schmunzeln. Da hat eine Umfrage unter 815 Managern stattgefunden, wie sich denn ihre Boni in Zeiten der Krise entwickelt haben. Und siehe da: Unternehmen, denen es wirtschaftlich schlechter ging, haben weniger ausgezahlt bzw. die Boni sogar ganz gestrichen. In Unternehmen hingegen, die Gewinn gemacht haben, wurde fleißig weiter ausgeschüttet.
Na und, werden Sie sagen, das ist doch okay so, oder? Dachte ich auch, aber dann meinte ein Vergütungsexperte in dem Beitrag der Financial Times Deutschland, dass ein Unternehmensergebnis nicht unbedingt von der Leistung der Manager abhängt, und man deshalb nach der individuellen Leistung über die Höhe des Bonus entscheiden solle.

Da reibt man sich doch verwundert die Augen: Als Manager Prämien kassierten, obwohl ihre Unternehmen rote Zahlen schrieben, heulte die Fachwelt auf - schließlich könne es doch nicht sein, dass Unternehmen Verluste schreiben, während die Manager absahnten - und die Mitarbieter möglicherweise noch Einkommensverluste hinnehmen mussten.

Was nun? Der gleiche Experte wehrte sich auch gegen die Feststellung eines anderen Fachmannes, der die Boni für Manager als "Apanage" bezeichnet. Laut Wikipedia versteht man darunter eine Abfindung der nichtregierenden Mitglieder eines Adelsgeschlechts mit Landbesitz oder Geld zur Ermöglichung eines standesgemäßen Lebenswandels.

Ich finde das eine sehr gelungene Erklärung für den fehlenden Zusammenhang zwischen Leistung, Unternehmensergebnis und Prämienhöhe. Tatsächlich werden Boni ja im Voraus ausgehandelt, und wirklich variabel sind sie in aller Regel nicht. Das läuft doch eher so ab: Ein Unternehmen möchte einen bestimmten Kandidaten für eine Top-Position verpflichten, bei den Verhandlungen wird ein entsprechender Bonus vereinbart. Je nach Höhe lässt dieser den Manager in die Riege der Top-Kandidaten aufrücken, ähnlich der Gehälter von Top-Fußballern. Ob diese nachher tatsächlich die Leistung bringen oder nicht - zunächst hat man es erst einmal geschafft.
Der Bonus steht für den Marktwert, und dieser wiederum für Ansehen und Anerkennung - man gehört dazu bzw. lässt die Konkurrenz weit hinter sich.

Geld sei nicht die einzige Form der Wertschätzung, sagt Experte Nr. 1, aber eine, die sich direkt vermittle. Experte Nr. 2 sieht das als einen Denkfehler an, der Wirtschaft fehle ein anderes System der Belohnung - eines, das über Ehre und Ansehen funktioniere. Irgendwie rührend naiv, oder? Es müsste schon ein gewaltiges Umdenken einsetzen, um Geld als Maßstab für Status und "Wert" in der Gesellschaft abzulösen. So lange sich Unternehmen dazu verleiten lassen, einen Bonus zu verdoppeln, wenn der Manager mit Abwanderung droht (wie in dem Beitrag berichtet), wird sich hieran sicher nichts ändern.

Rezension zum Thema:
Es geht um die Wurst, Financial Times Deutschland, 12.05.2010

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