Montag, 7. Juli 2008

Alte Tugenden und der Erfolg

Wenn von innovativen und erfolgreichen Unternehmen die Rede ist, dann denkt man doch meist an glanzvolle Namen. Und an Wandel, rasche Veränderungen, Schnelligkeit... oder welche Begriffe fallen Ihnen ein? Etwa Geduld, Bodenständigkeit, Ausdauer oder gar Bescheidenheit?

Wie steht es denn mit diesen drei Namen: Toyota, Bose und Amazon? Auf den ersten Blick haben sie nicht viel gemeinsam. Es ist auch reiner Zufall, dass wir bei MWonline in wenigen Tagen über Artikel zu den Firmen gestolpert sind. Auffällig ist, dass alle drei als Erfolgsfaktoren Tugenden angeben, die so gar nicht zu passen scheinen in die schnelllebige Zeit mit ihren Managementmoden, den Predigten von "die Schnellen fressen die Langsamen" und ähnlichen eingängigen Sätzen.

Toyota soll sich durch eine gewisse Bodenständigkeit und Bescheidenheit auszeichnen - dort sollen Manager ein Zehntel von dem verdienen, was ihre Kollegen beim amerikanischen Konkurrenten erhalten. Bei Bose hat man es nicht eilig und verschläft auch mal einen Trend. Und sogar bei Amazon, dem Internetpionier, lässt man einem neuen Produkt viel Zeit, um sich zu entwickeln - fünf bis sieben Jahre, eine Ewigkeit im Internetgeschäft.
Da fällt mir ein, dass der DVD-Verleih soeben eingestellt wurde - weiß jemand, wann der ins Leben gerufen wurde?

Was ist die Lehre? "Keine Regel ohne Ausnahme" oder "Zurück zu traditionellen Tugenden"? Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass eine Kultur, in der man sich Zeit nimmt und Ideen auch reifen dürfen, mir wesentlich näher sind als solche, in denen unmittelbarer Erfolg verlangt wird und beim ersten Misserfolg alles wieder über den Haufen geworfen wird. Mehr noch: Wenn es um den langfristigen Erfolg eines Unternehmens geht, glaube ich fest daran, dass diese Werte die geeigneteren sind.

Rezensionen zum Thema:
"Der Suchende" und "Eins nach dem anderen", Brand eins 6/2008
The Contradictions that Drive Toyota’s Success, Harvard Business Review 6/2008

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hallo Johannes,

wikipedia sagt: "Seit 2005 bietet Amazon den DVD-Verleih an. Ab Mitte September 2006 startete es den Verkauf von FSK-18-DVDs, einen Verleih von nicht jugendfreien Titeln plant das Versandhaus zunächst nicht. 2008 verkaufte Amazon diese Sparte an LoveFilm.[1]. Der DVD-Verleih über Amazon.de wird zum 11.7.2008 eingestellt, die bisherigen Nutzer müssen ihr Konto zu LoveFilm transferieren."

Viele Grüße
Gitte

Anonym hat gesagt…

Mit ungeduldigen Kapitalgebern oder Gesellschaftern im Nacken wird jedoch der Reifungsprozess zur puren Qual, Shareholder-value lässt grüßen. Oder das Produkt kommt zu früh auf den Markt und geht ein. Andererseits zwingt einen das, die Dinge undercover vorzubereiten und erst dann darüber zu reden, wennn die dann noch verbleibende time-to-market in die Erwartungshaltung der Kapitalgeber fällt. In der Zwischenzeit betreibt man dann creative accounting , um diese Aktivitäten zu verstecken und hofft , da das ja auf die Marge drückt, dass das keinem auffällt.

Diese Praxis ist durchaus üblich, es gibt nur auch Unternehmen, die sich halt einen solchen Quatsch nicht leisten, sondern zum "Reifen" stehen oder wie etwa 3M 10 -15 % der Kapazität ihrer FuE-Mitarbeiter zu deren kreativer Verfügung lassen, d.h die können da nach Herzenslust forschen. Anders gäbe es bekanntlich heute keine Post-Its.

Botschaft: Die Geschichte von der schnellen Entwicklung, mit der einige prahlen, ist halt oft nur eine Mär, die Mitarbeiter wissen das oft viel besser und grinsen sich eins.

Anonym hat gesagt…

Ich mag das hier propagierte traditionelle Bild mit Werten, Tradition, Planung und Bodenständigkeit auch.

Aber welches Unternehmen ist denn wirklich erfolgreich und komplett anders? Gibt es "erfolgreiche Beispiele der Hetzer und Ausbeuter".

Sind Lidl und H&M, die mir bei sowas einfallen, wirklich die erfolgreichen Großen?