Da gibt es eine Reinigungskraft, die vor dem Europäischen Gerichtshof klagt, weil ihr Arbeitgeber, bei dem sie 39 Jahre beschäftigt war, sie mit 66 in Rente schicken will. Während andere schon mit 55 nach Hause geschickt werden und nichts dagegen hätten, noch früher zu verschwinden, möchte sie aber weiter arbeiten. Nun klagt sie wegen Altersdiskriminierung. Wie auch ein Staatsanwalt, der gerne über das 65. Lebensjahr hinaus aktiv sein möchte. Mein erster Gedanke: Was für eine Welt, in der die einen keine Lust mehr haben, weil sie keinen Sinn mehr in dem sehen, was sie tun oder so ausgebrannt sind, dass sie zu Hause bleiben, mit all ihrem Können und ihrer Erfahrung. Und in der andere, die gerne weiter machen möchten, gezwungen werden zu gehen.
Die Gewerkschaften verteidigen diese "Zwangsrente" auch noch damit, dass ein Arbeiten bis 65 ausreicht. Welche Anmaßung.
Doch so einfach ist das nicht. Warum möchte die Reinigungskraft nicht aufhören? Der Grund: Ihre Rente beträgt 230 Euro, davon kann sie nicht leben. Ich erinnere mich mit sehr unguten Gefühlen an meine Zeit als Sportler, in denen ich viel im damaligen Ostblock unterwegs war. Nachts, wenn kaum noch Autos auf den Straßen der großen Städte herumfuhren, sah man dort alte Frauen, dick vermummt, die mit Besen und Kehrblechen die Straßen reinigten. Und als junger Mensch dachte ich: "Was für eine Gesellschaft, die ihre alten Menschen nicht ernähren kann..."
Eine Utopie:
Wir schaffen Arbeitsplätze, an die die Menschen gerne kommen - und die es ihnen ermöglichen, sich nach und nach aus dem Berufsleben zurückzuziehen, so, wie es zu ihrer individuellen Lebensplanung passt.
Wir schaffen Grundrenten, die ein Überleben im Alter sichern (ich finde den Gedanken des bedingungslosen Grundeinkommens übrigens extrem reizvoll...)
Wir überlassen es den Menschen, für sich selbst zu entscheiden, wie lange sie arbeiten möchten.
Ach, was für ein Träumer, der Thönneßen. Vielleicht will der Arbeitgeber des Staatsanwaltes diesen ja loswerden und hat den Moment der Pensionierung herbeigesehnt. Vielleicht ist der Arbeitgeber der Reinigungskraft ja froh, endlich den Arbeitsplatz einsparen zu können. Und beide haben vorher keine Chance auf eine Kündigung gesehen.
Die Sache ist in der Tat weitaus komplizierter. Vielleicht sollte ich mich doch wieder den einfachen Management-Themen zuwenden...
Rezension zum Thema:
Alte machen gegen Ruhestand mobil, Financial Times Deutschland 25.11.2009
Sonntag, 3. Januar 2010
Putzen mit 70?
Eingestellt von Johannes um 16:03:00
Labels: Gesellschaft
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