Montag, 18. Januar 2010

Die Notbremse ziehen

Es ist schon bemerkenswert, dass man immer noch in hochangesehenen Fachzeitschriften Artikel untergebracht bekommt, die uns erklären, worauf man bei der Einstellung neuer Mitarbeiter zu achten habe. Über einen Absatz bin ich allerdings gestolpert. Da ist die Rede davon, dass auch das beste Verfahren nicht verhindern kann, dass man einmal daneben greift.

Zitat: "In diesem Fall fackeln vorbildliche Unternehmen nicht lange und entlassen die nicht passenden Mitarbeiter meist im ersten Jahr. Ein Jahr ist zwar nicht lang genug, um als neuer Manager Großartiges zustande zu bringen. Doch es ist mehr als genug Zeit, um als unfähig entlarvt zu werden."

Dem kann man zustimmen. Allerdings gibt es von diesen vorbildlichen Unternehmen gar nicht so viele, denn dieser Schritt ist alles andere als einfach. Warum?
Die Antwort könnte in einem weiteren Zitat liegen, das dieser Beitrag aus dem Harvard Businessmanager (Ausgabe 6/2009: So holen Sie sich die besten Leute) zu bieten hat. Dort wird empfohlen, regelmäßig zu prüfen, "wer im Unternehmen ein besonderes Händchen für die Beurteilung von Bewerbern hat." Diese sollte man für ihr zuverlässiges Urteil belohnen und die anderen "im Gegenzug für Fehleinschätzungen zur Verantwortung ziehen". Damit werden alle motiviert, sich beim nächsten Mal mehr zu engagieren.

Die Sache mit den Nebenwirkungen

Mal abgesehen von dem einfach gestrickten Menschenbild ist das wieder ein herrliches Beispiel, wie man Nebenwirkungen von Belohnungssystemen unterschätzt. Spielen wir das mal durch:
Da gibt sich jemand große Mühe, den richtigen Kandidaten aus einer Vielzahl von Bewerbungen herauszusuchen. Leider stellt sich im ersten Jahr heraus, dass der Bewerber nicht die Erwartungen erfüllt. Was nun? Kündigt er ihm, dann gehört er zu den "Fehleinschätzern", die zur Verantwortung gezogen werden. Also wird er beide Augen zudrücken und hoffen, dass der Kandidat sich schon irgendwann bewähren wird. Am besten in einer anderen Abteilung. Fällt er dort negativ auf, muss es ja nicht am Einstellungsverfahren gelegen haben.

Na, dann müsste man doch diejenigen belohnen, die konsequent Kandidaten schon im ersten Jahr aussortieren, könnten ganz schlaue "Belohnungsexperten" nun argumentieren. Oder noch besser: Man muss die Kandidaten einfach länger beobachten, alles genau dokumentieren und bei denen, die irgendwann als ungeeignet auffallen, zurückverfolgen, wer sie einmal eingestellt hat.

Im Ernst, all diese Versuche, mit Anreizsystemen Manager zu besseren Recruitern zu machen, sind Murks. Es geht viel einfacher. Man verzichtet auf jede Form der Sanktion gelungener bzw. misslungener Personalentscheidungen, dafür nutzt man die Probezeit, um die Neuen nach einem festen "Fahrplan" einer Einschätzung durch mehrere Kollegen bzw. Vorgesetzte zu unterziehen. Richtig gefragt, wird man sehr schnell herausfinden, wer langfristig weder im Unternehmen glücklich noch das Unternehmen mit ihm glücklich wird.

Und sollte es tatsächlich mal in einem Bereich zu einer Häufung von Fehleinstellungen kommen, dann schaut man sich das Einstellungsverfahren genauer an und optimiert es. Eigentlich sehr einfach.

Rezension zum Thema:
So holen Sie sich die besten Leute, Harvard Businessmanager 6/2009

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