Zwei Quellen, ein Thema. Ein Kollege sandte mir einen Link über die alte Garde der Fußballbundesliga. Darin wird die Frage aufgeworfen, ob die Zeit der "Projekttrainer", der "Konzept-Coaches", der "Kumpels an der Seitenlinie" vorbei ist und nun wieder die "Bellheims" gefragt sind. Namen, die hier gehandelt werden, sind Felix Magath, Jupp Heynkes, Hans Meyer und Louis van Gaal.
Zitat: "Manchmal autoritär, manchmal altväterlich, die Spieler nicht vordringlich als erwachsene Partner, als hoch bezahlte leitende Angestellte wahrnehmend, sondern als Erziehungspflichtige, die man mit ein paar freien Stunden belohnt oder mit ein paar Magathschen Trainingsmethoden bestraft wie Kinder, die es zu führen gilt."
Dazu passt wunderbar der reißerische Titel eines Buches: Ausgekuschelt - Unbequeme Wahrheiten für den Chef. Dort verrät uns der Autor solch beeindruckende "Wahrheiten" wie "Die harten Hunde haben die stärksten Rudel" oder "Inkonsequente Chefs verdienen kein Vertrauen, sondern Entmachtung". Da kann man den Eindruck gewinnen, dass der Ruf nach dem "starken Mann" wieder laut wird. Führungskräfte, die wissen, was sie wollen, die knallhart durchgreifen, wenn die Dinge aus dem Ruder laufen, die keinen Widerspruch dulden und konsequent ihren Weg gehen.
Ich finde diese Diskussion ermüdend. Aber sie scheint in regelmäßigen Abständen wieder aufzutauchen, wie in Wellen. Vielleicht ist das ja auch so: Da wird eine Zeitlang der Vorgesetzte als Coach gefeiert, der seinen Mitarbeitern Rahmenbedingungen setzt, aber ansonsten freie Hand lässt. Der sie unterstützt, begleitet, ihnen die Steine aus dem Weg räumt und ihre Entwicklung fördert. Eben der "Kumpel an der Seitenlinie".
Und dann beginnt die Diskussion, was denn das "richtige" Modell ist. Als ob es hier um ein "Entweder-Oder" ginge. Zugegeben, ich tendiere sehr zu dem "Coach-Modell", weil ich die Vorstellung, dass ich wie ein "Erziehungspflichtiger" behandelt werde oder als Vorgesetzter die Rolle des "Erziehungsberechtigten" übernehmen soll, wenig reizvoll finde.
Sind Sie führungsdürftig?
Wie lautet die "unbequeme Wahrheit" bei Herrn Jäger (dessen Film zum Buch auf seiner Homepage schauspielerisch überzeugt und inhaltlich schlicht peinlich ist): "Führungsbedürftige Mitarbeiter verdienen kein Lob, sondern Kontrolle." Die Botschaft ist klar und damit auch das Menschenbild: Es gibt eben "Führungsbedürftige", und sie brauchen Klarheit, Kontrolle, Anweisung, Rückendeckung. Vielleicht weil die Welt zu komplex ist und jemand für sie das Denken übernimmt?
Vermutlich aber ist es eher so: Jeder Vorgesetzte bekommt die Mitarbeiter, die er verdient. Und umgekehrt. Und warum soll jemand, der mit harter Hand führt und entsprechend "bedürftige" Mitarbeiter hat, nicht erfolgreich sein? Solange er mit seinen Entscheidungen richtig liegt und alle davon profitieren...
Liegt er aber daneben, dann wird er ebenso tief fallen und hart aufschlagen - wie die harten Hunde der Fußballtrainer-Branche...
Bleibt noch die Frage, warum im Profifußball immer wieder solch autoritäre Knochen oder Vaterfiguren erfolgreich sind. Zum einen sicherlich, weil sie viel von ihrem Fach verstehen. Aber ich glaube, es gibt noch einen anderen Grund. Eine Profi-Truppe ist ein fragiles Gebilde. Einerseits muss sich im internen Konkurrenzkampf jeder in einem extrem harten Wettbewerb gegen den "Gegenspieler" durchsetzen, aber dann im Wettkampf gegen andere Mannschaften als Teamspieler beweisen. Diese Mischung aus interner Konkurrenz und Teamarbeit benötigt möglicherweise weitaus mehr Führung und Ordnung von außen als ein Unternehmen, in dem man mit einer bestehenden Mannschaft auf ein Ziel hinarbeitet. Sicherlich gibt es auch hier interne Konkurrenz, aber diese endet nicht Wochenende für Wochenende damit, dass Einzelne aufgestellt werden und andere die Ersatzbank drücken.
In einer Profifußballmannschaft im Team zu entscheiden, wer ran darf und wer nicht, stelle ich mir in der Tat schwierig vor. Einfacher ist es da zweifellos, die Verantwortung einer Person zu übertragen. Trifft sie die richtige Entscheidung, und das Woche für Woche, wird sie sich halten. Trifft sie zu oft die falsche, wird sie gefeuert. Wer das auf ein Unternehmen übertragen möchte, dem wünsche ich viel Spaß...
Rezension zum Thema:
Die Rückkehr der Konsequenz, managerSeminare 1/2010
Samstag, 30. Januar 2010
Harte Hunde
Eingestellt von Johannes um 15:30:00
Labels: Führung, Unternehmenskultur
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