Samstag, 7. Februar 2009

Gesundheitsprämie

Das Düsseldorfer Verkehrsunternehmen Rheinbahn schüttet an Mitarbeiter, die selten krank waren, eine Prämie von 500 Euro aus. Teil eines Gesamtpaketes sei es, sagen die Verantwortlichen, um den hohen Krankenstand zu bekämpfen. Es ginge nicht um die Blaumacher. Politiker sind irritiert und fürchten, dass auf diese Weise erreicht wird, dass Mitarbeiter in Zukunft auch zur Arbeit kommen, wenn sie eigentlich noch krank sind. Der Busfahrer mit 40 Grad Fieber z.B.

Was passiert hier wirklich? Dröseln wir es mal ganz sachlich auf. Es gibt Menschen, die bleiben einfach gesund, ohne viel dafür zu tun. Sie erhalten die Prämie, weil sie sich keine Auszeiten gönnen (Gruppe 1). Ist doch okay. Andere kümmern sich um ihre Gesundheit, treiben Sport, lassen sich gegen Grippe impfen, ernähren sich richtig und rauchen nicht (Gruppe 2). Sie werden dafür belohnt - und dafür, dass sie brav zur Arbeit gehen. Es ist zwar nicht gerecht, dass die einen etwas dafür tun müssen, die anderen nicht, aber wo geht es schon gerecht zu?

Dann gibt es Menschen, die kümmern sich nicht um ihre Gesundheit, werden krank und bleiben der Arbeit fern. (Gruppe 3) Keine Prämie. Und es gibt solche, die beim kleinsten Zipperlein zu Hause bleiben oder gar blau machen (Gruppe 4). Auch keine Prämie. Das ist nur fair. Und schließlich jene, die alles tun, um gesund zu bleiben, aber Pech haben, trotzdem krank werden und bestraft werden (Gruppe 5). Geht man einmal davon aus, dass die letzte Gruppe nicht die größte ist, dann muss man doch zu dem Schluss kommen, dass in den meisten Fällen die Prämie okay ist, oder?

Wer übersieht die Nebenwirkungen?

Das wäre die mathematische Analyse. Was aber passiert psychologisch? Wird Gruppe 1 nun mehr Sport treiben und das Rauchen einstellen? Wohl kaum, es hat ja auch ohne geklappt. Wird Gruppe 2 ihr gesundheitsförderndes Verhalten verstärken? Vielleicht, es hat sich ja gelohnt. Wird Gruppe 3 sich mehr um ihre Gesundheit kümmern? Wer weiß, wie schwer man Verhaltensweisen ändert, wird hier seine berechtigten Zweifel haben. Und Gruppe 4, die Demotivierten und Frustrierten, werden sie häufiger am Arbeitsplatz erscheinen? Hängt davon ab, wie die Bedingungen dort sind, ohne sie zu ändern, eher unwahrscheinlich. Und Gruppe 5 wird wohl verbittert sein und zu der Erkenntnis gelangen, dass man in einem Unternehmen arbeitet, das seinen Mitarbeitern nicht traut. In der Konsequenz ist sie in Gefahr, demotiviert zu sein.

Bleiben zwei weitere Nebenwirkungen. Die eine wurde schon erwähnt: Wer "ein bisschen krank" ist und noch immer motiviert, wird am Arbeitsplatz erscheinen. Nicht mal unbedingt wegen der Prämie, denn das Signal der Unternehmensleitung lautet ja: "Wer am Arbeitsplatz erscheint, ist uns mehr wert!", und diese Wertschätzung werden sie nicht so leicht auf's Spiel setzen. Mit wahrscheinlich riskanten Folgen.
Die zweite wird leider zu selten angeführt: Wer tatsächlich krank ist und nicht erscheinen kann, weiß, dass er nach fünf Tagen seine Chance auf die Prämie und damit die Wertschätzung verspielt hat - was soll ihn daran hindern, noch ein paar Tage anzuhängen?

Das Problem: Analysiert man eher mathematisch, ob es "die richtigen trifft", könnte man die Prämie begrüßen. Analysiert man die angestrebten Wirkungen und zu erwartenden Nebenwirkungen, wird man sich schwer tun, diese mit Zahlen zu belegen. Ich für meinen Teil möchte, ganz subjektiv, nicht für meine Anwesenheit am Arbeitsplatz belohnt werden.
Das Problem, wie man die hohe Krankenstandsquote von 8% bei Bus- und Bahnfahrern verringert, scheint mir so auf jeden Fall nicht lösbar.

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