Montag, 2. Februar 2009

Albtraum Web 2.0?

Ich vermute, das hat es zu allen Zeiten gegeben: Menschen, die angesichts unerwarteter Auswirkungen neuer Technologien den Weltuntergang vorhersahen. Ein Amerikaner hat eine Streitschrift gegen das Web 2.0 verfasst und warnt vor der Verdummung der Menschheit. Wo verlässliche Informationen im Meer der Hobby-Journalisten untergehen und die Marketing-Maschinerie großer Unternehmen für manipulierte Blogs sorgt, da wird das Internet zum Albtraum. "Die Stunde der Stümper" heißt das Buch von Andrew Keen. Darin geißelt er die Herrschaft des Halbwissens, das Web 2.0 als Tummelplatz von Amateurjournalisten, manipulierten Bloggern und fingierten Produkterfahrungen. Nützliches Wissen sei kaum noch auffindbar, wahres Talent geht unter.

Hat der Mann Recht? Sicher hat er das. Spätestens, seitdem jedermann ohne jegliche technische Kenntnisse seine Gedanken und Ansichten weltweit publizieren oder seine Heimvideos einem breiten Publikum präsentieren kann, wird das Netz zum Müllplatz. Aber ist das neu?

So wie Reich-Ranicki den Schwachsinn anprangerte, den es im Fernsehen zu sehen gibt, so steht man auch staunend vor der Unmenge an bedrucktem Papier in jedem Zeitungskiosk. Seit wir dank des Buchdrucks die Möglichkeit haben, jeden Gedanken in beliebig großer Auflage zu verbreiten, gibt es das Problem der Unterscheidung zwischen "Datenmüll" und verwertbarem Wissen. Mit dem Internet ist das kaum einfacher geworden. Wer das beklagt, der kann vielleicht erreichen, dass wir vorsichtiger mit dem Wissen umgehen, das wir hier angeboten bekommen. Aber haben alle Warnungen vor dem Unsinn der BILD-Zeitung deren Auflage verringert?

Es bleibt dabei: Jeder muss letztlich selbst den Nutzen und Wert einer Information bewerten, und so wie es seriöse Zeitungen gibt, so wird es auch im Netz verlässliche Quellen geben. Ich für meinen Teil schätze es ungemein, dass ich mit wenigen Suchbegriffen animierte Darstellungen eines Stromgenerators finde und dessen Funktionsweise verstehe, ein Erfolg, der dem Physikbuch meines Sohnes leider verwehrt blieb.

Rezension zum Thema:
Planet der Affen, Financial Times Deutschland 28.11.2008

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