Montag, 25. Februar 2008

Karriererechner?

Würden Sie eine Investition tätigen, bei der Sie sicher sein können, dass dieses Investment sich in Ihrem Leben nie verzinsen wird? Wohl kaum. Investieren Sie Zeit und noch mehr Zeit, Energie und Kraft in Ihre Karriere? Wahrscheinlich schon. Was wäre, wenn Sie ausrechnen könnten, ob sich dieses Investment jemals verzinsen wird?

Ein von mir sehr geschätzter Kollege, Marcus Schmitz von der IGS Organisationsberatung, hat einen Karriererechner entwickelt, der in der Capital veröffentlicht und von verschiedenen "Testpersonen" angewendet wurde. Ich habe den "Test" auch gemacht und musste feststellen, dass ich ein ganz dickes Minus ausgewiesen bekomme. Ein Anlass, erneut darüber nachzudenken, ob der von mir betriebene Aufwand nicht doch einen zu hohen Preis darstellt. Das sollte ja auch der Sinn der Übung sein.

Aber ein anderer Gedanke lässt mich schon länger nicht mehr los, und zwar der Eindruck, dass alles, was wir tun, sich irgendwie rechnen soll. Es gibt sie, die Ökonomisierung des täglichen Lebens. Damit meine ich nicht die Väter, die in die Tenniskarriere ihrer Kinder investieren und Aktien hierauf austeilen. Ich meine ein Denken, das als erstes fragt: "Was bringt das? Lohnt sich das?" Sicher, irgendwo machen wir alle eine innere Rechnung auf nach dem Motto: "Ist das, was ich tue, den Aufwand wirklich wert?" Dabei entscheiden wir über den Maßstab immer noch selbst. Wenn wir aber aufgefordert werden, unseren "Markenwert" zu erhöhen, in unsere "Ich-GmbH" zu investieren, wenn jeder gebrauchte Gegenstand auf seinen Wert taxiert und bei Ebay verhökert wird - kurz, wenn unser ganzes Leben nach ökonomischen Gesichtspunkten bewertet und organisiert werden soll, dann wird mir mulmig.

Ich weiß, so ist der Karriererechner nicht gemeint. Im Gegenteil: Er hilft vielleicht Menschen, die aus dem Hamsterrad nicht mehr herauskommen, mal über ihre "Investionen" nachzudenken und gegen zu steuern. Wenn das gelingt, soll mir der betriebswirtschaftliche Ansatz in diesem Fall nur recht sein.

Rezension zum Thema:
Rechnet sich Ihre Karriere? Capital 5/2008

Samstag, 23. Februar 2008

Verpfiffen

Ich las gerade einen Artikel über Hinweisgebersysteme. Sie wissen nicht, was das ist? Vielleicht sagt Ihnen der Begriff "Whistleblowing" etwas. Genau, es geht darum, Menschen dazu zu bewegen, Missstände kund zu tun. Anders ausgedrückt: Wie schafft man es, dass Mitarbeiter, die im Unternehmen beobachten, dass andere, z.B. Vorgesetzte oder Kollegen, etwas unterschlagen, mitgehen lassen, sich bestechen lassen, Preise absprechen usw., dieses Wissen weitergeben?

US-Unternehmen sind verpflichtet, wirksame Kontrollsysteme einzurichten, dazu gehören u.a. Whistleblowing-Telefon- oder E-Mail-Hotlines. Dort können anonyme Hinweise abgegeben werden, diese Hinweise werden vertraulich gehandhabt.

Die Sache hat einen faden Beigeschmack, oder? Und ich werde den Verdacht nicht los, dass die interessante Häufung von aufgedeckten Skandalen in den letzten Tagen etwas mit diesem Phänomen zu tun hat. Da stolpert ein Dax-Vorstand über "Stiftungsgelder" in Liechtenstein, ein Sparkassenvorstand stürzt über einen Fernseher (!), bekannte Kosmetikkonzerne wie Henkel und Unilever werden mit Millionenstrafen für Kartellabsprachen belegt.

Gute Zeiten für alle, die mit irgend jemandem noch eine offene Rechnung haben. Nicht jeder von ihnen wird mit Steuergeldern zum Millionär gemacht, und nicht jeder wird so berühmt wie jene Sharron Watkins, die den Enron-Skandal aufdeckte. Und manch einer wird für seinen Mut sicher alles andere als belohnt, sondern als Nestbeschmutzer geächtet. Ein kniffliges Thema. Ich tendierte dazu, dass jemand, der einen Missstand entdeckt, den Mut haben sollte, ihn offen anzusprechen. Und wenn das keine Wirkung erzielt, den nächsten Schritt anzukündigen und ihn auch konsequent zu gehen. Das erfordert viel Mut, und ich bin mir nicht sicher, ob ich ihn hätte. Aber was ist die Alternative?

Ich habe leider schon häufiger erlebt, dass Menschen ein kriminelles oder auch "nur" unethisches Verhalten gemeldet haben, aber darauf bestanden, nicht genannt zu werden. Anonymes "Whistleblowing" eben. Damit saßen die Verantwortlichen in der Klemme und mussten ohne diese "Zeugen" der Sache nachgehen. Und ebenso oft blieben sie auf den Anschuldigungen sitzen und konnten nichts nachweisen. Man kann sich vorstellen, welche Atmosphäre in dem Bereich herrschte.

Nein, ich sehe keine Lösung außer der, von vornherein eine Kultur der Offenheit und des Vertrauens zu schaffen, die es den Menschen einer Organisation ermöglicht, andere auf ihr Verhalten direkt anzusprechen und - wenn erforderlich - zu den Vorwürfen zu stehen.
Wo diese Kultur nicht existiert, bleibt man auf anonyme Hinweise angewiesen. Kein schöner Zustand.

Rezension zum Thema:
Whistleblowing - Herausforderung für die Personalarbeit, Personalwirtschaft 12/2007

Montag, 18. Februar 2008

Die Berater des Herrn Zumwinkel

Ein Blog über Management - kann man da den Steuerskandal ignorieren? Vermutlich nicht. Aber kann man dazu überhaupt noch etwas Neues schreiben? Vermutlich auch nicht. Ich probier's trotzdem.
Wundert es uns, dass Menschen, die mehr als genug haben, versuchen, so wenig wie möglich dem Staat in Form von Steuern zu überlassen? Offensichtlich haben sie - wie viele andere auch - den Eindruck, dass sie der Allgemeinheit nichts schulden, sondern eher umgekehrt. Und wenn die Allgemeinheit das nicht einsieht, dann wechselt man natürlich nicht den Wohnort nach Liechtenstein, sondern nur die Bank. Aber mal ohne Spott:

Was mir bei der Geschichte um Zumwinkel und Co. nicht aus dem Kopf geht sind diejenigen, die den Herrn beraten haben. Als MWonline das erste Mal einen kleinen Gewinn abwarf, freute sich mein Steuerberater und erklärte mir, dass man zwar hier und da noch einen Cent Steuern sparen könne, aber dass er mehr auf dem Standpunkt steht, dass Unternehmen auch eine gesellschaftliche Aufgabe haben. Fand ich damals schon sympathisch und heute noch viel mehr. Ich bin dankbar für diesen Steuerberater (er wird sich freuen, wenn er das liest).

Wie mag der Rat für Herrn Zumwinkel ausgesehen haben? "Das ist völlig legal, da müssen Sie sich keine Sorgen machen!" Dann hatte jemand keine Ahnung von seinem Job oder den Millionär wissentlich beschissen. Oder: "Das ist zwar nicht legal, aber ohne Risiko!" bzw. "Das machen alle, und es ist noch nie was passiert!" Dann war's erstens eine Fehleinschätzung und zweitens eine Anstiftung zu einer Straftat - was diese natürlich nicht entschuldigt.

Warum hat niemand gesagt: "Hey, Sie sind mehr als jeder andere in einer Position, zu der man aufschaut. Wenn Sie nicht Ihrer Aufgabe als Bürger nachkommen, wie können Sie dann von anderen erwarten, dass sie sich korrekt verhalten, z.B. tausende von Mitarbeitern?"
Nein, natürlich tut mir ein Millionär, der wegen zehn Millionen auf einem Liechtensteiner Bankkonto seinen Ruf und seinen Job verliert, nicht wirklich leid. Aber dass solche Menschen offensichtlich keine Berater an ihrer Seite haben, die ihrer Rolle gerecht werden, ist mir ein Rätsel.

Donnerstag, 14. Februar 2008

Unternehmenswerte und eine Mission

Nochmal das Thema "Werte", diesmal aus der Sicht eines Urgesteins des Managements, Jack Welch. Der Mann beschreibt in der Wirtschaftswoche, dass erschreckend viele CEOs über gar keine explizit ausformulierte Mission und Werte verfügen, an denen sich alle Mitarbeiter orientieren können. So what, dachte ich beim Lesen. Papier ist geduldig, und wer will schon noch so hohle Sätze wie "Wir sind kundenorientiert" oder "Wir handeln im Einklang mit bestehenden Gesetzen" (kein Scherz, das habe ich schon in Hochglanzbroschüren gefunden!) lesen? Aber dann schreibt Welch, was er unter einem "Wert" versteht: "Schlechte Nachrichten so schnell wie möglich im Unternehmen verbreiten" oder "Niemals einen Leistungsträger verlieren". Das ist in der Tat etwas völlig anderes als die Worthülsen, die häufig als "Leitsätze" dienen. Er meint offensichtlich konkrete Handlungsanweisungen.

Ein recht interessanter und extrem pragmatischer Ansatz. Was geschieht normalerweise? Da setzt sich ein Führungskreis (oder noch schlimmer: Ein installierter Arbeitskreis) zusammen und einigt sich auf hehre Werte, die in jedem Unternehmen zu finden sind. Was dabei herauskommt, ist meist der kleinste gemeinsame Nenner. Wer mag schon wiedersprechen, wenn als Wert am Ende einer langen Sitzung so etwas wie "Kundenorientierung" steht. Und dann geht man zufrieden auseinander, statt mal konret zu werden und sich festzulegen. Wenn man es ernst meinte, müsste als nächster Schritt ein Satz formuliert werden: "Bei uns erhält jeder Kunde innerhalb von 24 Stunden eine Antwort." Spätestens dann wird es Proteste hageln: Vom Marketingleiter, vom Außendienstleiter, vom Callcenterleiter usw. Und wenn der Wert "Leistung" in Form von "Wir verlieren nie einen Leistungsträger" ausgedrückt würde, bekäm
der Personalleiter kalte Füße und mit ihm der Bereichsleiter, dem in der Vergangenheit die besten Leute weggelaufen sind.

Und die Mission?

Auch interessant und richtig: Wer eine Mission verkünden will, der sollte eine haben. Und nicht von einem Arbeitskreis entwerfen lassen. Das nämlich muss schief gehen. Der CEO sollte sich also hinsetzen und überlegen, wohin er mit dem Unternehmen will. Und das dann kommunizieren. Entweder bekommt er die notwendige Unterstützung, oder er hat seine Mission nicht verständlich gemacht, oder seine Mission taugt nicht - oder er hat die falschen Leute. Da wird schon verständlich, dass die meisten darauf verzichten, eine Mission zu formulieren, an der sie gemessen werden können.

Rezension zum Thema:
Klare Worte finden, Wirtschaftswoche 5/2008
Marken und Werte leben, Zeitschrift Führung + Organisation 6/2007

Sonntag, 10. Februar 2008

Werte managen?

Die Geschichte mit den Unternehmensleitbildern war mir immer äußerst suspekt. Da sollte sich das Top-Management - von Beratern unterstützt - auf eine begrenzte Anzahl von Unternehmenswerten einigen, die sodann "implementiert" wurden. Als ob man Menschen Werte verordnen kann. Die Leitbilder führten zu enttäuschten Erwartungen und später zu Spott und Zynismus. Warum? Weil der Ansatz an sich falsch ist.
Ein Unternehmen steht für bestimmte Werte, das ist wahr. Es sind die Werte derjenigen, die das Unternehmen tragen. Wer glaubt, einfach neue Werte "entwickeln", "verkünden" und "einführen" zu können, unterschätzt die Kraft der Werte, nach denen die Menschen tatsächlich handeln.

Werte-Rondell

Nun überraschte mich ein Beitrag zu einem Vorgehen der Deutschen Bahn. Dort gibt es ein Leadership-Programm, in dem eben keine Unternehmenswerte vorgegeben und dann "eingepflanzt" werden. Die in den Kursen versammelten Führungskräfte erarbeiten ihre persönlichen Werte und reflektieren sie. Sie enden schließlich bei einem zentralen Wert, der ihr Verhalten steuert, und dieser wird in dicke Bohlen im "Werte-Rondell" geschnitzt.
Die Reflexion dieser individuellen Werte sorgt für eine bewusstere Führung und macht deutlich, welche Werte im Unternehmen das Verhalten steuern. Ob es dort auch "Wertevorgaben von oben" gibt, weiß ich nicht, es wäre angesichts dieses Vorgehens nicht logisch.

Ähnlich bin ich schon häufig in Führungstrainings vorgegangen, und es ist mitunter verblüffend, wie sehr sich die inidividuellen Werte der Führungskräften von denen unterscheiden, die in den Leitlinien der Unternehmen veröffentlich werden. Noch interessanter ist es, junge Menschen mit ihren Werten zu konfrontieren, wie wir es in der Juniormanagement School im Modul "Motivation und Werte" tun. Aber das ist eine andere Geschichte.

Rezension zum Thema:
Orientierung bei Veränderungen, Personalwirtschaft 10/2007

Samstag, 9. Februar 2008

Alles verändert sich. Wirklich?

Kennen Sie das? Sie kommen an einen Urlaubsort, den Sie viele Jahre lang immer wieder bereisten, eine Art zweites Zuhause. Und plötzlich sieht es dort ganz anders aus, nicht mehr so, wie Sie es sich in Ihrer Erinnerung bewahrt hat. Das Bild passt nicht mehr, es ist irgendwie schief oder sogar falsch. So erging es mir, als ich den vertrauten großen Supermarkt aufsuchen wollte, erster Anlaufpunkt bei jedem Zeeland-Urlaub. Er ist untrennbar verbunden mit Bildern von großen Käseregalen, Körben voller Brot und Gebäck, langen Kühltheken mit Joghurts und einer riesigen Obstabteilung. Man wusste genau, wo was zu finden war, und trotz der Größe hatte der Supermarkt etwas sehr Vertrautes.

Doch jetzt war er verschwunden, einfach so. Stattdessen eine viel kleinere, wenig einladende Ansammlung von Regalen, das ganze Gebäude war durch Zwischenwände verkleinert worden. Natürlich ist die Auswahl immer noch reichlich, aber die Atmosphäre war weg. Ein merkwürdiges Gefühl der Enttäuschung machte sich breit und ich nahm mir vor, dorthin nicht mehr zurückzukehren. Es stimmt tatsächlich, dachte ich, alles ändert sich. Und offensichtlich geht die Zeit des Überflusses vorbei.

Der Frittenmann

Bis ich in das kleine Feriendorf kam, wo ich schon als Kind Urlaub mit meinen Eltern und später mit meiner eigenen Familie machte. Und kaum zu glauben: Der alte "Frittenmann" lebt immer noch. Wie eh und je, als ob die Zeit stehen geblieben ist, verkauft er seine Pommes, tagein, tagaus, egal, ob Touristensaison oder nicht. Weißer ist er geworden, etwas gebückter, aber resistent gegen jede Veränderung.

Und da kam mir plötzlich ein anderer Gedanke. Das mit dem Wandel stimmt vielleicht doch nicht. Es gilt für die Großen, für alles, was überdimensioniert ist, von der Vorstellung getrieben, dass groß auch immer besser und erfolgreicher bedeutet. Brauchen wir diese Super-Super-Geschäfte nicht mehr? Haben sie sich übernommen, verhoben, sind an der eigenen Größe zugrunde gegangen wie die Dinosaurier? Der kleine Frittenmann hingegen, der seine Imbissbude höchstens mal um einen Plastiktisch auf dem Gehweg erweitert hat, existiert immer noch.
Irgendwie beruhigend...

Dienstag, 5. Februar 2008

Managergehälter nach oben deckeln?

Da bleibt mir nichts anderes übrig, als noch einmal das Thema "Managergehälter" aufzugreifen. Sie sollten nach oben gesetzlich begrenzt werden, wird gefordert, die Politik sollte hier eingreifen und für eine Deckelung sorgen. Die Wirtschaft ist entrüstet und lehnt das Ansinnen ab. Der Staat habe sich da herauszuhalten. Überhaupt sei das doch nur eine Neiddebatte.

Merkwürdig daran finde ich, dass die gleichen Wirtschaftsvertreter kein Problem damit haben, beim Thema "Leistungsabhängige Vergütung" die in Aussicht gestellten Prämien nach oben zu begrenzen. Ich kann mich gut an eine Situation erinnern, in der ein Unternehmen seinem Außendienst eine Prämie in Relation zum erzielten Umsatz in Aussicht gestellt hatte. Wie es der Zufall wollte, musste ein wichtiger Konkurrent sein Produkt aus dem Markt nehmen, was zu ungeahnten Einkünften des Unternehmens - und damit seines Außendienstes führte. Die Prämien waren so gewaltig, dass man das System sofort abschaffte und einen maximalen Betrag festlegte. Ebenso verfahren viele Unternehmen beim Thema "Zielvereinbarungen", auch hier gibt es Obergrenzen in Sachen Vergütung.

Mir ist das ebenso schleierhaft wie die Forderung nach einer Deckelung von Managergehältern. Warum eigentlich kann man die Entlohnung nicht einfach an den Unternehmensgewinn koppeln? X% des Gewinns gehen an Mitarbeiter, Manager und wer sonst noch profitieren soll. Basta. Ja, ich weiß, solche Zahlenwerke haben es in sich, das mit der Bilanz ist so eine Sache. Aber will man uns im Ernst weismachen, es sei nicht möglich, sich auf ein vernünftiges Verfahren zu einigen? Stattdessen jongliert man mit Aktienoptionen und erhofft sich hierdurch, dass das Management im Sinne der Interessen der Eigner, sprich der Aktionäre, handelt?

Verdient das Unternehmen viel, sollen alle - Manager und Mitarbeiter - einen angemessenen Bonus erhalten, und zwar ungedeckelt! Verdient es wenig, fallen auch die Prämien gering aus. Zu einfach? Offensichtlich...