Als Kinder und Jugendliche haben wir ständig experimentiert - mit Bauklötzen, Matsch, Papier, mit neu gewonnenen Freiheiten und Rechten, mit unseren physischen und psychischen Möglichkeiten. Aber irgendwann im Laufe unseres Lebens hören wir merkwürder Weise damit auf. Wir verlassen uns auf das Bekannte, das Vertraute.
Ich habe den Eindruck, Unternehmen funktionieren genauso. In ihrer "Jugend" wird noch fleißig herumprobiert, doch irgendwann ist es vorbei mit den Experimenten. Damit meine ich nicht die heute weit verbreitete (Un)sitte, die Organisation ständig neu zu gestalten. Das ist eher vergleichbar mit einem Wohnungsinhaber, der jedes Wochenende seine Möbel umräumt und am Montag nicht mehr weiß, in welchem Schrank sich seine Schuhe befinden.
Nein, ich meine die Art von Experimenten, bei denen eine neue Regel, eine neue Arbeitsform, eine neue Organisationsform in einem kleinen, überschaubaren Rahmen getestet werden. So wie bei dem Modellversuch, bei dem Führungskräfte einen Teil ihrer Tätigkeit von zu Hause ausführten. Auf diese Weise wollte man herausfinden, ob ein flexibler Arbeitseinsatz (flexible in Bezug auf Zeit und Ort) mit der Führungsaufgabe vereinbar ist.
Einmal unabhängig vom Ergebnis: Was hält Unternehmen eigentlich davon ab, solche Experimenten in begrenztem Umfang durchzuführen? Ich habe nie verstanden, warum man Veränderungen immer nach dem Motto "ganz oder gar nicht" umsetzt. Wieso probiert man nicht viel mehr einfach aus? Vertrauensarbeitszeit, Telearbeit für Führungskräfte, Mitarbeiterbeteiligung, Teamarbeit, Selbstorganisation und und und... Wo ist das Risiko? Klappt es nicht, dann hat man es wenigstens versucht.
Angst vor dem Ergebnis
Ich fürchte, der Grund für die mangelnde Experimentierfreude ist die Angst, es könnte ja klappen. Was, wenn die "Versuchskaninchen" begeistert sind und weitermachen wollen? Und was, wenn dann alle kämen?
Oder es ist umgekehrt: Die Angst, das Experiment könnte misslingen. Was, wenn das (Personal-)Management unbedingt Gruppenarbeit einführen will, aber der Feldversuch scheitert? Wie bringt man das den Chefs bei?
Das ist eben das Risiko von Experimenten. Sie können scheitern und sie können gelingen. Aber macht das nicht auch den Reiz aus? Würden sie das Leben in Organisationen nicht ungeheuer bereichern? Ich wünschte, mehr Verantwortliche hätten den Mut, neue Dinge auszuprobieren. Sie nicht gleich der ganzen Organisation überstülpen, sondern in kleinem Rahmen testen. Und das Risiko des Scheiterns, aber auch des Gelingens gelassen zu tragen.
Rezension zum Thema:
Mehr Flexibilität, PERSONAL 7/8/2008
Donnerstag, 4. September 2008
Mehr experimentieren
Eingestellt von Johannes um 19:23:00
Labels: Unternehmenskultur, Veränderung
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