Theoretische Modelle zum Thema "Führungsstil" gibt es viele, und die Suche nach der Antwort auf die Frage, welcher Führungsstil nun der wirklich erfolgreichste ist, scheint noch lange nicht beendet zu sein. Zwei Autoren in der Zeitschrift Führung + Organisation haben Studien zusammengetragen, die sich mit verschiedenen "Erfolgsmessungen" beschäftigt haben und in einer Meta-Analyse herausgefunden, dass im Grunde kein Stil dem anderen wirklich überlegen ist. Tröstlich für alle Anhänger des mitarbeiterorientierten Stils: Dieser hat besser abgeschnitten als in Zeiten der harten Fakten und Zahlen zu vermuten war.
In dem Beitrag wird ein Modell vorgestellt, das "Mitarbeiterorientierung", "Aufgabenorientierung", "transaktionale Führung" und "transformationale Führung" in einen Zusammenhang zur Organisation und zur Aufgabe stellt. Sehr verkürzt dargestellt bedeutet das:
In statisch-einfachen Umwelten bzw. Organisationen mit einfachen, monotonen Aufgaben ist ein aufgabenorientierter, transaktionaler Stil am wirkungsvollsten, hier sind eher "Controller" gefragt, während z.B. in dynamisch-komplexen Umwelten mit offenen Aufgaben die "Helden" zum Zuge kommen. Das sind die Führungskräfte mit dem transformationalen, mitarbeiterorientierten Stil. Daneben gibt es noch den "Coach" und den "Missionar".
Wissenschaftlich untersucht ist das Modell nicht, daher ist es müßig, hier darüber zu philosophieren, wie zutreffend es ist. Ich glaube, dass in dem Modell die Mitarbeiter völlig vernachlässigt werden: Ob ein bestimmter Stil erfolgreich ist, hängt neben der Umwelt und der Aufgabe sicher auch von den Persönlichkeiten der "Geführten" ab - insofern ist Führung wohl weitaus komplexer, als alle bestehenden Modelle das abbilden können.
Führungstrainings von begrenztem Nutzen
Interessant an dem Beitrag erschien mir der letzte Absatz. Hier geht es um die Frage, ob man nun Führungskräfte trainieren kann, sich je nach Umwelt und Aufgabe zu verhalten, sprich: Sind Führungskräfte in der Lage, den eigenen Führungsstil den Rahmenbedingungen anzupassen? Die Autoren verneinen dies. Sie glauben, dass "unterschiedliche Kontexte jeweils andere Führungspersönlichkeiten erforderlich machen". Ich neige dazu, ihnen zuzustimmen. Was allerdings bedeutet, dass Führungstrainings im Sinne von "TRAINING" nur bedingt erfolgreich sein können. Was außerdem bedeutet, dass Führungskräfte je nach Art der Organisation und der zu bewältigenden Aufgaben ausgewählt werden müssen.
Was aber auch bedeutet, dass, wer die Organisation und die Aufgaben verändern will, Führungskräfte austauschen muss. Wovon ich auf jeden Fall überzeugt bin.
Rezension zum Thema:
Welcher Führungsstil führt zum Erfolg? Zeitschrift Führung + Organisation 3/2010
Dienstag, 24. August 2010
Erfolgreiche Führungsstile
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5 Kommentare:
Die Hoffnung oder Überzeugung, dass man Führungsstile trainieren kann, ist weit verbreitet. Aus meiner Sicht als Führungskräftetrainer klappt das jedoch nicht auf die Schnelle.
Natürlich kommunizieren viele Führungskräfte per Email, Memoranden, Rundschreiben etc. Aber hin und wieder lässt es sich aber nicht vermeiden, in einem Meeting aufzutauchen, eine Präsentation zu machen oder ein Mitarbeitergespräch zu führen.
Und dann zeigt sich ganz schnell die Person, der Mensch - auch jenseits der Rolle als Missionar, Held, Coach oder Controller. Und derjenige wird danach beurteilt, wie glaubwürdig, wie authentisch, wie überzeugend er rüberkommt.
Und die Macken, die ja nun jeder hat, werden sichtbar. Die Defizite im Konfliktregeln, die Antipathien gegen bestimmte Menschen. All das fliesst aber ein in den jeweiligen Führungsstil und lässt sich nur schwer verändern.
Dazu braucht es eine längere, gewissenhafte Auseinandersetzung mit sich selbst. In einem 2-Tage-Führungsseminar mit 16 Teilnehmern geht das aber nicht.
Hallo Herr Thönneßen
Vielen Dank für diesen Beitrag. Ihrer Aussage "Führungstrainings von begrenztem Nutzen" kann ich nur zustimmen. In Der heroische Projektmanager – jetzt auch mit Sozialkompetenz! hatte ich bereits zu diesem Thema geschrieben. Der Artikel kommt zu dem Schluss, dass Sozialkompetenz keine individuelle Fähigkeit ist. Führung funktioniert nur als Gemeinschaftsprozess zwischen den Führenden und den Geführten. Es macht also nur begrenzt Sinn, den Führenden zu trainieren ohne mit den Geführten zu arbeiten.
Besten Gruß,
Jürgen Rohr
Ich mache in dem Kontext von Weiterentwicklung von Führungskompetenzen in Organisationen sehr gute Erfahrungen mit "Coachings on the Job / Meeting".
Dabei sind der Kontext der Situation, die Interaktionen der Beteiligten und die erzielten Ergebnisse im Sinne der Führung im Vordergrund.
Als "Coach" ist man nach meiner Erfahrung recht schnell aus dem Fokus der Führungskräfte und Teams und kann so einen "objektiveren" Eindruck von den Aufgaben bekommen. Durch Spiegelung, Konfrontation und Reflexionsrunden lassen sich so gute Ergebnisse erzielen.
Diese wurden nicht wie in Seminaren üblich durch die "Happy Bewertungen" im Anschluss erfasst, sondern nach Monaten gezielt erarbeitet. Natürlich gibt es auch das direkte Feedback nach dem Tag/ Tagen der Begleitung.
Vordergründig "teurer" bietet Coaching on the Job aus meiner Sicht mehr Vorteile für alle. Kaum operativen Ausfall (Seminarhotel, ...), "Objektive" Sicht des Coaches auf Situationen und Aufgaben sowie Vorgehen, (anders als in Seminaren oft üblich: Führen kann ich. Das klappt super.), Arbeit an konkreten Aufgaben, direktes Feedback und Erarbeitung von Optionen zu Denken- und Verhalten. Vor allem bekommt der Coach Zugang zur Organisationskultur, die den Rahmen für die Führungskultur bildet.
Das kann aus meiner Sicht eine gute Option für viele Organisationen sein, Ihr Führungsteam weiter zu qualifizieren.
Christoph Schlachte
Ich vergass: Mit dem Eindruck der Organisationskultur und Führungskultur, lässt sich dann ein "passender" Führungsstil für Führungskraft, Situation und Kontext entwickeln. Situativ, Kontext, Organisationskultur, Ziele, Persönlichkeiten, etc. spielen dabei natürlich eine Rolle und den "Führungsstil" kann es nicht geben und demzufolge kann ich den auch nicht trainieren. Aber Reflexions- und Dialogfähigkeit im Hinblick auf Unternehmensmission und ZIELE.
Gruß, Christoph Schlachte
Zu den Fragen, welcher Führungsstil nun der wirklich erfolgreichste ist, ob Führungskräfte in der Lage sind, den eigenen Führungsstil den Rahmenbedingungen anzupassen, ob Führung(stile) durch ´Training´ erlernt werden kann/können, bin ich im Laufe meiner persönlichen Entwicklung und Erfahrung mit Führung zu der Einsicht gekommen: Führung hat mit Charakter, mit einer Lebenshaltung zu tun ... unabhängig vom Umfeld, von der jeweiligen Situation, von der jeweiligen Aufgabenstellung und Zielsetzung, in der sich Führende und Geführte begegnen. Solange Führung mit so genannten erlernbaren Management by-Konzepten gleichgesetzt wird, wird Führung zu einer Technik degradiert und damit zum Zweck erhoben, der die Mittel zur Zielerreichung heiligt.
Führung sehe ich primär als eine Berufung , als eine Verantwortung, individuelle Qualitäten und allgemeine Ressourcen dienstbar zu ´ent-wickeln´... zum Wohle des Führenden, zum Wohle der MitarbeiterInnen, zum Wohle des Unternehmens/der Organisation. Die ZEIT berichtete in einem Artikel aus dem Jahre 2003 ("Führungskrise in Deutschland") über bahnbrechende Entwicklungen auf den weltweit führenden US-Business Schools. Das ´neue´ Credo lautet: "Führer müssen heute vor allem eines sein: humble ... bescheiden, demütig, Diener ihres Teams." Diese Neue Energie der Führung ist es meiner Meinung, die in der Lage ist, wirklich weiterführende Antworten auf die o.a. Fragen geben zu können. Dafür ist es erforderlich, dass sich Führungskräfte ihrer eigenen Mitmenschlichkeit zu öffnen beginnen. In diesem Zusammenhang zitiere ich sehr gerne Peter F. Drucker, der sein Führungsverständnis so definierte: "Führung ist basiert auf dienender, transformeller Kraft und nicht auf positioneller Macht"... und an anderer Stelle ... "Die meisten Führungskräfte (Manager) werden sich in ihrem ganzen Leben nicht davon bewusst, dass sie nur eine Person zu führen haben, nämlich sich selbst."
Statt Training ein Erwachensprozess ... so könnte man sagen ... ich nehme wahr, auch an dieser Stelle, dass wir uns langsam dorthin begeben. Es ist eine Veränderung in Form einer Welle, die entweder über uns einbricht, wenn wir dagegen kämpfen, oder deren Kraft wir uns bedienen können, wenn wir auf ihr gleiten durch dem Neuen offen gegenüber zu sein. Die Welle rollt schon (siehe Geschehnisse in der Wirtschaft in den letzten Jahren). Über einen weiteren Austausch würde ich mich sehr freuen.
Leonhard Schnorrenberg
SYNTHESIS Beruf als Berufung
ls@synthesis-berufung.de
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