Ein Gastkommentar von Dr. Frank Edelkraut: Danke für Ihren Blog-Eintrag "Erfolgreiche Führungsstile" - ein immer wieder spannendes Thema. Mit den vorgestellten Meinungen gehe ich teilweise konform, teilweise nicht. Daher hier ein Kommentar.
Dass es einen richtigen Führungsstil gibt, bestreite ich ebenfalls. Das kann es auch gar nicht, da Führungsaufgaben und –situationen immer komplex sind und die unterschiedlichen Einflussfaktoren stets an irgend einer Stelle im Widerspruch zueinander stehen. "Eine" Lösung wird es nicht geben. Daher kann es aus meiner Sicht auch keinen Zusammenhang zwischen Führungsumwelt und Führungspersönlichkeit geben. Im Prinzip kann jede Persönlichkeit für unterschiedliche Situationen passende Verhaltensweisen an den Tag legen. Wie diese anschließend bewertet werden, ist dann eher vom Erfolg und der "Vermarktung" abhängig. Hierzu eine erlebte Anekdote.
Während einer Betriebsbesichtigung einer Studentengruppe unter Beteiligung mehrerer Führungskräfte eines Chemie-Unternehmens fällt eine Mitarbeiter in einen leeren, heißen Kessel. Drei Führungskräfte reagieren sehr spontan und nicht abgestimmt. Der vorgesetzte Abteilungsleiter reißt sich sein Sakko vom Leib und springt in den Kessel, um den Mann zu retten ("Held"). Eine andere Führungskraft ruft Arbeiter zusammen, um eine Rettung zu organisieren ("Koordinator"). Der Dritte rennt zum nächst gelegenen Telefon, um die Rettungskette auszulösen ("Controller"). Wer hat richtig, wer falsch reagiert?
Alle drei haben richtig, aber gleichzeitig falsch reagiert. Warum? Entscheidend ist in jeder (nicht nur Krisen wie im Beispiel) Führungssituation zu analysieren, welche Faktoren die Situation beeinflussen, Prioritäten zu setzen und dann zu entscheiden. Diese Kette wird bei spontanen Reaktionen zumindest an einer Stufe eine Schwäche aufweisen. Nach meiner Erfahrung wird meist zu wenig "durchdacht" und zu spontan "aus der Persönlichkeit heraus" gehandelt.
Unser Held hat die Priorität auf Geschwindigkeit und möglicherweise auf die persönliche Beziehung gelegt. Gleichzeitig hat er sich selbst massiv gefährdet und ein schlechtes Beispiel für das Verhalten in Unfallsituationen abgegeben. Der Koordinator hat die Priorität auf Verantwortlichkeit und ein abgesichertes Vorgehen gelegt und die Sicherheitsfachkräfte "in Szene gesetzt". Dafür benötigt er mehr Zeit und tritt als Führungskraft nicht so sehr in Erscheinung (u.U. Interpretation von Führungsschwäche). Der Controller hat die Priorität auf die Einhaltung der bestehenden Sicherheitsrichtlinien (diese sahen zuerst den Notruf vor) gelegt und gleichzeitig den Eindruck einer "Flucht" vermittelt. Es ist auch zu bezweifeln, dass die Werksfeuerwehr rechtzeitig eingetroffen wäre.
Diese Geschichte zeigt aus meiner Sicht zwei Dinge:
- Wenn Führung nötig ist (in Ausnahmefällen und für Entscheidungen) geht es nicht um Persönlichkeit, Theorie oder Verhalten alleine. Es muss die "beste Option" aus mehreren Alternativen entschieden und konsequent zum Ergebnis geführt werden.
- Dies können Führungskräfte (alle anderen auch) lernen. Führungskräftetrainings machen daher Sinn! Es geht aber nicht darum, definierte Verhaltensweisen und Theorien zu trainieren, sondern die Fähigkeit, Situationen und Sachverhalte schnell zu analysieren und durchdenken, zielgerecht zu entscheiden und konsequent zu handeln. Wenn diese Kette sichtbar oder vermittelt wird, wird das gezeigte Führungsverhalten auch von den Mitarbeitern akzeptiert. Egal ob der Held, Koordinator oder Controller zugange ist.
1 Kommentar:
"Zu den Fragen, welcher Führungsstil nun der wirklich erfolgreichste ist, ob Führungskräfte in der Lage sind, den eigenen Führungsstil den Rahmenbedingungen anzupassen, ob Führung(stile) durch ´Training´ erlernt werden kann/können, bin ich im Laufe meiner persönlichen Entwicklung und Erfahrung mit Führung zu der ´Ein-sicht´ gekommen: Führung hat mit Charakter, mit einer Lebenshaltung zu tun ... unabhängig vom Umfeld, von der jeweiligen Situation, von der jeweiligen Aufgabenstellung und Zielsetzung, in der sich Führende und Geführte begegnen. Solange Führung mit so genannten erlernbaren Management by-Konzepten gleichgesetzt wird, wird Führung zu einer Technik definiert, die erlernbar, beherrschbar ist und damit zum Zweck erhoben, der die Mittel zur Zielerreichung heiligt.
Führung sehe ich primär als eine Berufung , als eine Verantwortung, individuelle Qualitäten und allgemeine Ressourcen dienstbar zu ´ent-wickeln´... zum Wohle des Führenden, zum Wohle der MitarbeiterInnen, zum Wohle des Unternehmens/der Organisation. Die ZEIT berichtete in einem Artikel aus dem Jahre 2003 ("Führungskrise in Deutschland") über bahnbrechende Entwicklungen auf den weltweit führenden US-Business Schools. Das ´neue´ Credo lautet: "Führer müssen heute vor allem eines sein: humble ... bescheiden, demütig, Diener ihres Teams." Diese Neue Energie der Führung ist es meiner Meinung, die in der Lage ist, wirklich weiterführende Antworten auf die o.a. Fragen geben zu können. Dafür ist es erforderlich, dass sich Führungskräfte ihrer eigenen Mitmenschlichkeit zu öffnen beginnen. In diesem Zusammenhang zitiere ich sehr gerne Peter F. Drucker, der sein Führungsverständnis so definierte: "Führung ist basiert auf dienender, transformeller Kraft und nicht auf positioneller Macht"... und an anderer Stelle ... "Die meisten Führungskräfte (Manager) werden sich in ihrem ganzen Leben nicht davon bewusst, dass sie nur eine Person zu führen haben, nämlich sich selbst."
Statt Training ein Erwachensprozess ... so könnte man sagen ... ich nehme wahr, auch an dieser Stelle, dass wir uns langsam dorthin begeben. Es ist eine Veränderung in Form einer Welle, die entweder über uns einbricht, wenn wir dagegen kämpfen, oder deren Kraft wir uns bedienen können, wenn wir auf ihr gleiten durch dem Neuen offen gegenüber zu sein. Die Welle rollt schon (siehe Geschehnisse in der Wirtschaft in den letzten Jahren). Über einen weiteren Austausch würde ich mich sehr freuen."
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