Ich gestehe, dass ich mich als "Diplomer" mit Abschluss in den 80er Jahren mit dem neuen System von Bachelor und MBA schwer tue. Schlimmer noch - ich verstehe es nicht so wirklich.
Zugegeben: Mein Studium war bis zum Vordiplom nicht gerade aufregend. Man schaufelte sich eine Menge Theorie in den Kopf, und hätte mich damals jemand gefragt, ob ich mit dem Vordiplom in der Hand in der Lage wäre, einen Job anzunehmen, ich hätte herzhaft gelacht. Das war nicht das, was ich mir von Psychologie erwartet hatte.
Bis zum Hauptdiplom änderte sich das Bild und meine Einstellung. Nun hatte nach und nach die Praxis das Sagen, und endlich konnte ich mit meinem angereicherten Wissen auch etwas anfangen (dass Bekannte und Verwandte schon bald die Augen verdrehten, wenn sie Persönlichkeits- und Fähigkeitstests, oder noch schlimmer, projektive Verfahren über sich ergehen lassen mussten, gehörte dazu.)
Nun aber sieht die Sache ganz anders aus. Da sollen die Absolventen mit dem Bachelor in der Hand auf die Menschheit losgelassen werden. Das wissenschaftliche Know how benötigen sie nicht, das können sie sich aneignen, wenn ihnen nach einer entsprechenden Laufbahn zumute ist. Dann geht es an den Master, und das muss nicht unbedingt sofort im Anschluss an den Bachelor sein.
So weit, so gut. Wir haben damals eine Menge unnützes Zeugs gelernt. Wirft man all das über Bord, könnte ich mir durchaus vorstellen, Menschen auch in wesentlich kürzerer Zeit zu einem ganz passablen Diagnostiker auszubilden.
Was aber soll das Brimborium um den MBA-Titel? Ein Artikel der Financial Times Deutschland brachte die Sache auf den Punkt. Für Menschen mit einer Fachausbildung, die sich besser in Sachen Wirtschaft auskennen wollen (General Management) - also z.B. Psychologen, Ingenieure, Naturwissenschaftler... - bekommen hier das nötige Rüstzeug. Vielleicht ein bisschen so, wie wir früher versucht haben, uns durch die Wahl von geeigneten Nebenfächern breiter auszubilden. Natürlich viel besser, umfassender und vor allem teurer.
Nun gibt es aber doch auch Studiengänge wie Wirtschaftsingenieurwesen und Wirtschaftspsychologie - als die Verbindung zweier ehemaliger "Fakultäten". Und dann gibt es jede Menge Spezial-MBA-Ausbildungen (entweder spezialisiert auf bestimmte Themen wie Finanzen, Personal, IT etc. oder bezogen auf Branchen wie Gesundheit, Logistik...) - ein völliger Widerspruch, denn der Anspruch lautet ja, "General Manager" heranzuziehen. Aber das soll ein typisch deutsches Phänomen sein, woanders kennt man solche Ausbildungsgänge nicht.
Kein Wunder, dass der Ruf nach dem schönen alten Diplom nicht verstummt. Nicht nur, weil ein wenig Wehmut dabei mitschwingt.
Rezension zum Thema:
Klare Sache von Augenmaß, Financial Times Deutschland, 1.7.2010
Donnerstag, 12. August 2010
Bachelor, Master, MBA und ein wenig Wehmut
Eingestellt von Johannes um 23:57:00
Labels: Karriere, Personalmarketing
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