Dienstag, 17. November 2009

Die ultimative Manager-Chart-Show

Warum ziehen uns Ranglisten nur so unwiderstehlich an? Die Sportfans lieben ihre Bundesliga-Tabelle, Weltranglisten und Sportler des Jahres-Wahlen, die Musikliebhaber starren auf eine Chartshow nach der anderen, inzwischen gibt es die absurdesten Formate nach dem Motto "Die 100 besten..." oder gar "Die 50 schlechtesten..." Es gibt Bestsellerlisten für Belletristik und Sachbücher, die Top-Ten der erfolgreichsten Filme usw. usw.

Nicht anders in der Wirtschaft. Wer ist in der Liste der reichsten Menschen der Welt von 1 auf 2 abgerutscht? Welche Hochschule hat es im Ranking der großen Zeitungen wieder auf Rang 1 gebracht?

Unternehmen werden nach alle möglichen Kriterien bewertet und in Ranglisten gepackt: Die innovativste Fabrik - Der beste Arbeitgeber - Die Top 50 bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze - Die besten Mittelständler - Die beliebtesten Arbeitgeber.

Worum geht es uns? Um den Vergleich? Wenn es denn wenigstens noch der Orientierung bei einer Entscheidung helfen würde. Diesen Sinn könnte man den Uni- oder Arbeitgeberrankings noch abgewinnen. Aber wem nutzt eine Tabelle der besten Unternehmenslenker? Die nämlich hat die Wirtschaftswoche veröffentlicht und dabei Linde-Chef Wolfgang Reitzle als Spitzenreiter gekürt.

Da fragt man sich doch, wie dieses Ranking zustande kommt, oder? Nun, die Berater von Kienbaum haben eine Befragung unter 63 Kapitalmarktprofis und renommierten Personalberatern durchgeführt, und die haben Schulnoten vergeben (wer gibt sich für so etwas her?)
Kriterien waren angeblich "Strategie- und Wachstumskompetenz, das Risiko- und Kostenmanagement oder Glaubwürdigkeit und Wertehaltung". Und dann hat man einen Numerus Clausus errechnet und Herrn Reitzle mit der Durchschnittsnote 1,94 auf Platz 1 gewählt, während der arme Herr Blessing von der Commerzbank nur knapp geschlagen von Telekom-Chef René Obermann auf dem letzten Platz landete. Ich würde doch zu gerne in der Kantine von Siemens sitzen und den Gesprächen von Mitarbeitern lauschen, deren Boss Peter Löscher den 3. Platz belegte. Ob sie sich über den Erfolg ihres Chefs freuen und auf ihn anstoßen? Oder die Ungerechtigkeit beklagen, weil er nicht ganz oben landete? Oder vielleicht eine gänzlich andere Meinung vertreten?

Ach ja, neben dem Ranking der "Experten" enthält die Rangliste natürlich auch die Reihenfolge der Vergütung. Da landet Herr Löscher dann doch auf Platz 1. Auch hier bildet Commerzbank-Chef Blessing das traurige Schlusslicht. Er wird beides verkraften...

Rezension zum Thema:
Radikal global, Wirtschaftswoche 42/2009

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