Die Artikel zu Twitter häufen sich, Kollegen sprechen mich an, ob ich auch schon "zwitschere". Mir erschließt sich der Sinn nicht: Wen sollte es interessieren, dass ich gerade in der Sonne sitze und versuche, die Schrift auf dem Bildschirm meines Laptops zu entziffern? Wer will wissen, dass ich mich schon wieder schwer tue, rechtzeitig zum Erscheinen des Newsletters alle Artikel zu lesen, die ich bis dahin lesen und rezensieren wollte? Wir ist wild darauf zu erfahren, dass ich mir lieber keinen Amaretto in den Milchkaffee gekippt habe, weil der Tag noch lang wird?
Was soll ich also bei Twitter einstellen? Dass mir mein Nachbar höllisch auf den Nerv geht? Dass der Garten verwildert, weil ich keine Zeit mehr für ihn habe? Dass unser Hund unser Zwergkaninchen auf dem Gewissen hat? Dass direkt neben unserer Gartentür junge Amseln geschlüpft sind (unglaublich, wie wenig scheu die Tiere haben)?
Mmmh... - tatsächlich sind viele der 140-Zeichen-Botschaften bei Twitter von dieser Qualität. Ohne mich, dachte ich, und der Beitrag in der Wirtschaftswoche hat mich auch nicht umgestimmt.
Doch dann die Überraschung: Die Zugriffsstatistik von MWonline zeigt, dass nach Google, den Direkt-Links und dem MWonline-Blog die Zugriffe über Twitter tatsächlich schon auf Platz 4 stehen. Wer macht denn da Werbung für uns?
Also doch einen eigenen Account anlegen, eine erste Kurznachricht loslassen und mich umschauen, was die Kollegen "zwitschern". Überzeugt bin ich danach immer noch nicht, und wenn ich eine Prognose abgeben müsste, würde ich tippen, dass Twittern ein vorübergehendes Phänomen ist. Abwarten...
Rezension zum Thema:
140 Zeichen Urlaub, Wirtschaftswoche 18/2009
Das alte Lied, Financial Times Deutschland 14.4.2009
Dienstag, 2. Juni 2009
Wer braucht Twitter?
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6 Kommentare:
Lieber Herr Thönneßen,
vielleicht überzeugt Sie die Teilnahme an meinem morgigen Seminar über THE CHANGE JOURNEY, für dass ich als Trainingsmedium Twitter nutze. Schauen Sie die Tweets von heute auf meinem Account an, dann wird sich der Ablauf schnell erschließen (@hnauheimer)
Liebe Grüße
Holger Nauheimer
Hallo Herr Thönneßen,
Ihre Überlegungen, warum soll ich twitern, lesen sich wie meine eigenen Bedenken, als mir Twitter das erste Mal begegnete. Ich habe es gewagt und teilgenommen - nehme teil, und möchte diese großartige Chance des Netzwerkens, Wissensaustauschs, Geben und Nehmen nicht mehr missen. Ich denke, nur wenn man selbst aktiv wurde, läßt sich der Wert dieses Dienstes ermessen.
Und für den Anfang und den eigenen Weg finden - in der Twitterwelt finden Sie genügend helfende Menschen.
Mit bestem Gruß
Ellen Trude
Twitter ist das elektronisch-digitale Abstraktum des täglichen Klönschnacks, Klatsches, Smalltalk, der bis vor wenigen Jahren selbstverständlichen Begegnung von Menschen.
Seit unter dem völlig unsinnigen Versprehcen von "Kommunikation" Bildschirme und Telefone diemenschliche Begegnung zunehmend reduzieren, bleibt ja doch das Bedürfnis des Menschen zum kurzweiligen Gespräch. Und statt die ganzen Gerätschaften nun einfach abzustellen - der Ausschaltknopf ist ja bekanntlich am schwierigsten zu finden an jedem Gerät, und sowieso, wie könnte man sich einfach aus dem Sog der Masse verabschieden ... - wird nun das allermenschlichste aller Kommunikationsbedürfnisse ebenfalls in ein Medium übertragen dass sinnloserweise die Erfülung eines Bedürfnisses verspricht, dessen Befriedigung es durch seine Existenz erst verhindert. Und was außerdem ein leeres Versprechen ist. Vor ein paar Jahren wurde Second Life hochgejubelt - es war und ist kalter Kaffee. Twitter ist das gleiche, nur einfacher in der Bedienung. Aber auch hier werden die Menschen nach einiger Zeit ein seltsames Gefühl der Leere wahrnehmen, und sich dann auf das nächste Substitut stürzen. Und als Rechtfertigung für die ganze Hilflosigkeit und Redzierung menschlicher Begegnung werden die -fraglos vorhandenen - minimalen echten Vorzüge aufgeführt, die dieses wie jedes anderee Medium für sehr spezielle Zwecke bietet.
Das Problem liegt in dem zunehmend bedeutungsleeren, aber von jedermann mit immer mehr Bedeutung aufgeladenen Begriff "Kommunikation" - das Wörtchen ist so verwaschen, dass es schon nicht mehr möglich ist, Mangel an Kommunikation von Föälle an Kommunikation zu untescheiden, wahrzunehmen; und so werden dann eben Minuten und Stunden des Lebens von "Real Life"-Kommunikation freigemacht und in abstrakt-digitales Zeichenversenden - ach nein: moderne Kommunikation - allein vorm Bildschirm investiert.
Fehlinvestition.
Sehr geehrter Herr Anonym,
herzliche Einladung, sich von Menschen, die twittern und sich durch aktives Mittun fachliche Urteile erlauben können, möglichen Nutzen des Microbloggens nennen zu lassen.
Mit bestem Gruß
Ellen Trude
und hier die Adresse zu obigem Beitrag - "Warumg twitterst du eigentlich?" http://wissenswert.iwi.unisg.ch/?p=602
Wir haben immer die Wahl, der Bedeutungslosigkeit von Worten zu folgen - oder aber ihnen unsere Bedeutung zu geben. Mich hat Twitter dazu bewegt, auf den Punkt zu kommen und meine Sichtweisen als Schlüsselbotschaften zu formulieren. Meine kommunikative Vielfalt hat dadurch auf jeden Fall gewonnen.
Ganz gleich wo Twitter endet - der Weg mit diesem neuen Medium ist für mich voll mit tiefen Erfahrungen über die Kraft der Sprache.
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