Dienstag, 9. Juni 2009

Wer braucht Helden?

Jugendliche brauchen Vorbilder. Film-, Sport-, Rockstars, deren Poster sie sich an die Wand hängen. Helden, deren Erfolge sie träumen lassen, denen sie nacheifern und die sie verehren. Wenn der Held strauchelt und fällt, ist das Leid und die Trauer groß.

Und wie sieht das mit Erwachsenen aus? Offensichtlich nicht viel anders. Unsere Helden sind nicht mehr die Sport- oder Rockstars, da wir uns längst davon verabschiedet haben, eines Tages selbst in Wimbledon zu spielen oder vor einem Millionenpublikum aufzutreten. Dafür schauen wir voller Bewunderung auf die Mächtigen und Erfolgreichen, die Siegertypen, denen alles zu gelingen scheint, was sie anfangen. Eine Altersgrenze scheint es hier nicht zu geben, also warum nicht weiter träumen?

Nun aber sind viele dieser Helden ebenfalls abgestürzt, für manche war der Aufprall hart. Und nun? Aufhören zu träumen? Abschied nehmen von der Sehnsucht, eines Tages selbst einmal dazu zu gehören? Brauchen wir tatsächlich Vorbilder, um uns orientieren zu können und fangen jetzt, nachdem so viele gestürzt sind, verzweifelt an, nach neuen zu suchen?

Ich habe wenig Verständnis für dieses "Manager müssen Vorbild sein". Niemand sollte Vorbild für andere sein, die Last kann keiner tragen. Sich vorbildlich verhalten - sicher. Beeindruckende Leistungen zeigen, Wissen erlangen, Großzügigkeit zeigen usw. usw. sind Verhaltensweisen, an denen wir uns orientieren können. Wenn ein Roger Federer die perfekte Vorhand spielt, dann kann ich das studieren und versuchen nachzuahmen. Wenn er beim Sieg in Paris weint vor Freude, dann kann ich daraus schließen, dass es in Ordnung ist, in der Öffentlichkeit Emotionen zu zeigen. Aber muss der Mensch Federer für mich Vorbild sein? Oder der Manager Wiedeking?

Das mag jetzt spitzfindig klingen. Dennoch glaube ich, dass es ein gewaltiger Unterschied ist, ob ich mich an einem Verhalten oder an einer Person orientiere. Nehme ich mir Menschen zum Vorbild, verliere ich die Orientierung, wenn diese scheitern. Ihr Verhalten, ihre Fähigkeiten auf bestimmten Gebieten aber behalten ihre Vorbildwirkung, auch wenn sie selbst wegen anderer Machenschaften vom Sockel stürzen.

Rezension zum Thema:
Ende Legende, Financial Times Deutschland vom 3.4.2009

1 Kommentar:

Bettina Stackelberg hat gesagt…

Grüß Sie, Herr Thönneßen!

Das gefällt mir - Verhalten und nicht die Person zum Vorbild nehmen!

Menschen in herausragenden Positionen sollten meiner Meinung nach das vorleben, was sie predigen bzw. von anderen fordern - insofern müssen sie Vorbild sein. Das ist dasselbe wie in der Familie - es kommt nicht gut, wenn ich als Mama Ordnung predige und selbst mein Zeug nie finde im Chaos.

Wenn aber ein Mensch zu sehr und zu allumfassend zum Vorbild wird, verliert er sein Mensch-Sein und hindert vor allem den anderen an 100%iger Eigenverantwortung. Lehne ich mich zu sehr an meinen Held an und kupfere zu stark ab, dann sehe ich meine Individualität, meine ganz eigenen Ressourcen und Fähigkeiten nicht mehr genügend.
Ich finde, wir sollten uns quasi die Rosinen rauspicken aus unterschiedlichen Vorbildern: Ich schau mir immer mal wieder an, wie erfolgreiche KollegInnen das so machen, wer für mich die Eigen-PR Queen ist oder der Vortrags King... ich analysiere das und schau, welche Teile sich mit meiner Persönlichkeit und meinem eigenen Weg gut verbinden lassen.

Aber immer gilt: Ich bleib ICH selbst, bin selbst für meine Denke, mein Handeln verantwortlich.

Und schließlich: Stimmt, wenn ein Vorbild ein zu großer Held ist, dann darf er sich keine Fehler und Schwächen erlauben.... kein schöner Gedanke!

Herzlichst, Bettina Stackelberg