Immer, wenn ich einen Artikel lese, der mir erklärt, wie man sich in Verhandlungen oder bei der Gestaltung von Geschäftsbeziehungen mit Mitgliedern anderer Kulturen zu verhalten habe, wird mir erklärt, dass man nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen sollte, sondern dass es das Allerwichtigste ist, Vertrauen aufzubauen, Beziehungen herzustellen und zu pflegen. Der Ausländer als solcher ist meist sehr pikiert, wenn der Deutsche gleich zu Sache geht.
Okay, das klingt jetzt schon arg klischeehaft. Vielleicht bin ich auch ein Opfer meiner selektiven Wahrnehmung. Engländer pflegen erst einmal den Small Talk, in Asien ist es ganz verpönt, gleich über das Geschäft zu reden. In Frankreich macht man es frühestens nach dem Essen, in ganz Osteuropa steht die Beziehung an erster Stelle, in arabischen Ländern sowieso. Das gilt auch für Schweden, wie ich kürzlich las. Was bleibt da eigentlich noch? Stellt sich für mich die Frage: Sind wir Deutschen da so ganz anders? Nüchtern, sachlich, direkt auf den Punkt kommend?
Irgendwie lässt mich die Frage nicht mehr los: Gibt es noch irgendwo auf der Welt ein Volk, das gerne gleich zum Thema kommt? Ich gestehe nämlich, dass ich es schon arg anstrengend finde, wenn man erst mal gemeinsam besoffen unter einem Tisch gelegen haben muss, ehe man auf den eigentlichen Anlass eines Treffens kommt. Aber vielleicht verstehe ich das ja ganz falsch: Die Beziehung ist der eigentliche Anlass, das Geschäft bzw. das Sachthema nur Beiwerk. Vielleicht ist es ja das, was wir Deutschen noch nicht begriffen haben.
Rezension zu dem Thema:
Scharf verhandeln in Korea, Handelsblatt vom 2.5.2008
Dienstag, 6. Mai 2008
Wir Deutschen sind komisch, oder?
Eingestellt von Johannes um 21:04:00
Labels: Interkulturelles Management, Werte
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2 Kommentare:
Die Deutschen stehen bereits international in dem Ruf, dass sie sich den sitten des Landes so weit wie möglich anpassen. Amerikaner, Franzosen, Spanier, Schweden pflegen ihren "Stil", auch wenn sie international unterwegs sind - und sie sind keineswegs weniger erfolgreich. Haben "die Deutschen" etwa keinen eigenen Stil? - Doch haben sie - und je klarer dieser gezeigt wird, desto erfolgreicher werden auch Verhandlungen. Worin besteht er? Nun, prüfen Sie sich doch mal selbst...
Wenn Sie tatsächlich ein Volk suchen, bei dem die Menschen ebenso schnell auf den Punkt kommen wollen und eine so unverblümte Sprache haben, gehen Sie doch einfach zu unseren Nachbar, den Niederländern.
Nun aber zurück zum Thema: Ein Klischee (wir Deutsche sind so direkt) mit einem anderen (Ich muß zuerst besoffen unterm Tisch liegen, um Geschäfte zumachen) auszulöschen ist vielleicht nicht die Lösung zur interkulturellen Arbeit. Ich glaube der Schlüssel liegt in der Art und Weise,wie ich sowohl meinen Geschäftspartner, als Persönlichkeit, als auch die Sache ernst nehme. Übrigens ein Prinzip, das in Deutschland ebenso zum Erfolg führt, wie in interkultureller Zusammenarbeit. Nach meiner Erfahrung bleiben kulturelle Unterschiede in der westlichen Welt eher im Hintergund solange sich die Geschäftsbeziehung im normalen "Fahrwasser" bewegt. Treten jedoch Schwierigkeiten auf und der Streß steigt, denn zieht sich jeder in seine "Schutzburg" zurück und dann müssen Sie erst wirklich wissen, was läuft; besser ist es dies im Vorfeld zu kennen und es erst garnicht soweit kommen zu lassen.
Übrigens sind wir aus gutem Grund Exportweltmeister und wollen das doch auch bleiben. Bei dem ständig wachsenden Wettbewerb sehe ich es als Wettbewerbsvorteil an, wenn wir Deutsche uns mehr als andere bemühen auf die anderen Kulturen unsere Geschäftspartner einzugehen. Mit Arroganz macht man meist weniger langfristig erfolgreiche Geschäfte.
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