In einem Interview in der Brand eins 8/2010 erzählt Irina Schefer, die Manager coacht und sie dazu auch manchmal mit einem Wolfsrudel zusammenbringt, welche Rollen es in einem solchen gibt. Da findet man den Leitwolf, der offensichtlich sehr intelligent seine Rolle wahrnimmt. Er praktiziert das "Management by Walk around", löst Konflikte und ist nicht nachtragend, ist fürsorglich und verantwortungsbewusst und bietet den Jungtieren die Möglichkeit, Fehler zu machen. Er lässt diese sich entwickeln und kann offenbar perfekt delegieren. Nur bei Gefahr übernimmt er ohne Wenn und Aber das Kommando.
Das klingt vertraut, als stamme es aus Managementratgebern. Hinzu kommen drei Hinweise, die mich haben aufmerken lassen. Da ist zum einen die Frage nach der Motivation. Können Leitwölfe auch motivieren? Antwort: So etwas gibt es nicht, weil es nicht nötig ist. "Wölfe sind von Natur aus zum Jagen motiviert." Sie haben Hunger und fühlen sich für das Rudel verantwortlich. Was Leitwölfe durchaus tun: Sie loben durch Zärtlichkeit. Und sie unterlassen alles, was demotivieren könnte.
Auch schon mal irgendwo gelesen, oder?
Der zweite interessante Hinweis: In Rudeln gibt es einen Omega-Wolf, eine Art Blitzableiter, der von anderen gebissen wird, ihre Aggressionen ableitet und kanalisiert und auch mal dazwischen geht, wenn es Streit gibt. Schefer nennt ihn eine Art "Hofnarren". Das klingt nach einer traurigen Rolle. Allerdings heißt es hier, dass diese Rolle in der freien Wildbahn seltener besetzt ist als im Gehege und auch nur temporär. Und dass der Omega-Wolf durchaus in der Hierarchie aufsteigen kann.
Und schließlich geht es um den Begriff der Karriere: Junge Wölfe verlassen das Rudel und gründen eine eigene Familie, in der sie den Leitwolf geben. Da das im Gehege allerdings nicht möglich ist, gibt es einen jährlichen Kampf um die Rangfolge. Was dabei für die Wölfe spricht: Es gewinnt nicht unbedingt das größte und stärkste, sondern das sozial und emotional intelligentere Tier.
Ich fantasiere mal ein bisschen, wohl wissend, dass solche Analogien immer hinken. Unternehmen sind wie ein Wolfsrudel im Gehege. Es gibt Machtkämpfe um die Alpha-Positionen und es gibt Blitzableiter, Menschen, die die Aggressionen ableiten und die "Bisse" der anderen abbekommen. Es sind auch immer die sozial Intelligenten, die aufsteigen, schließlich gehört ja schon einiges an Netzwerkfähigkeiten dazu. Ob es auch die emotional Intelligenten sind, wage ich zu bezweifeln.
Allerdings sind die Zäune der Gehege nicht unüberwindlich. Anders als im Wolfsgehege muss man nicht um seinen Rangplatz kämpfen, und die Rolle des Omega-Wolfes muss man ebenfalls nicht aushalten. Man kann seine eigene Familie, sprich: Sein eigenes Unternehmen gründen. Leider scheinen aber viele Menschen zu glauben, dass sie für immer in dem Gehege festsitzen, das Kämpfen sich nicht lohnt und es schließlich ganz bequem ist, regelmäßig gefüttert zu werden.
Mein Mitleid ist eher mit den Wölfen in den Gehegen - ihnen bleibt die Karriere außerhalb des Rudels verwehrt...
Foto: © Templermeister / PIXELIO
Freitag, 20. August 2010
Wolfsrudel
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1 Kommentar:
Da kann ich Ihnen 100%-ig zustimmen. Leider trauen sich nur die wenigsten, das Gehege, ihren "goldenen" Käfig zu verlassen, um eine selbstbestimmte Karriere aufzubauen und sich selbständig zu machen.
Für die regelmäßige Fütterung sind sie bereit, Hofnarr zu sein. Aber es ist eben einfacher, Burn-out, Mobbing, Stress, Frustration, Demotivation usw. zu beklagen, als selbst etwas dagegen zu unternehmen.
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