Jetzt ziehe ich mir wieder den Zorn zahlreicher Anbieter von Mitarbeiterbefragungstools zu - und den der Personal- und Organisationsentwickler gleich mit. Um es kurz zu machen: Würden Manager besser hinhören und weniger selbst reden, wären Mitarbeiterbefragungen überflüssig. Ich erinnere mich an den Leiter eines großen Bereiches innerhalb eines Konzerns, der mich fragte, ob ich ihn dabei unterstützen könne, eine Mitarbeiterbefragung in seinem Bereich durchzuführen. Auf die Frage nach dem "Wozu" antwortete er, er glaube, dass eine große Unzufriedenheit herrsche und so einiges mal aufgedeckt werden müsse.
"Aber dann wissen Sie doch, was los ist", lautete meine Antwort, "wozu noch eine Befragung?" - "Weil ich damit vielleicht auch das Management überzeugen kann, dass man endlich reagieren muss."
Ich habe viele solcher Situationen erlebt, wo Tools eingesetzt werden, um das, was längst bekannt ist, in (scheinbare) Fakten zu verwandeln in der Hoffnung, dass diese überzeugender sind. Würden in dem beschriebenen Fall die Manager dieser Führungskraft zuhören und mehr mit den Betroffenen reden, gäbe es keine Notwendigkeit für eine solche Umfrage.
Gegenrede: Eben weil die Manager nicht zuhören, braucht man diese Umfragen. Besser, die Meinung der Betroffenen auf diese Weise einzufangen als gar nicht.
Einverstanden. Aber warum sollten Manager, die wenig Wert auf die Meinung der Belegschaft legen, plötzlich auf Grund von Säulendiagrammen und schriftlichen Äußerungen ihr "Herz für das Volk" entdecken?
Mitarbeiterbefragung als PE-Maßnahme
Extrem misstrauisch werde ich, wenn ich lese, dass man ein Nachwuchsprogramm aufsetzt, das aus einer Reihe von Seminaren besteht und in einem Projekt mündet, an dem der hoffnungsvolle Nachwuchs seine neu erworbenen Fertigkeiten erprobt. Und wenn diese Projekt dann "Mitarbeiterbefragung" heißt. Sicher, dabei können die jungen Führungskräfte einige nützliche Erfahrungen sammeln. Aber würde man ihnen auch ein Projekt anvertrauen, bei dem es um strategisch bedeutsame Dinge geht? Oder um erhebliche Umsätze oder Investitionen?
Wohl kaum. Was heißt das? Ich möchte die Arbeit der Nachwuchsleute nicht abwerten, aber wie lautet denn die Botschaft? "Hier ist ein Projekt, an dem Ihr mal schön üben könnt, bevor Ihr auf das wahre Leben losgelassen werdet. Wenn es schief geht, ist kein großer Schaden entstanden, denn es hat keine allzu große Bedeutung."
Mag sein, dass ich einigen Personalentwicklern hier Unrecht tue. Mag sein, dass in diesen Unternehmen auch Projekte im Rahmen von Nachwuchsprogrammen vergeben werden, an denen geschäftsrelevante Dinge hängen. Ansonsten aber ist die Vergabe solcher Projekte entlarvend und zeigt, welche Bedeutung man einer Mitarbeiterbefragung tatsächlich beimisst.
Rezension zum Thema:
Ungeahnte Möglichkeiten, Personalwirtschaft 9/2008
Dienstag, 24. März 2009
Wer braucht Mitarbeiterbefragungen?
Eingestellt von Johannes um 18:24:00
Labels: Lernen, Personalentwicklung
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