Wir Menschen tendieren immer wieder zu einfachen Ursachenzuschreibungen. Und dazu, bei Problemen nach Schuldigen zu suchen. Da haben wir eine globale Finanzkrise, also muss es doch Menschen geben, die Mist gebaut haben. Haben sie auch, und damit sie in Zukunft mit dem Geld, das ihnen anvertraut wird, vernünftig umgehen, sollten sie ensprechende Konsequenzen ziehen.
Aber haben wir damit DIE Ursache gefunden? Ist es die unersättliche Gier der (Finanz-)Manager, die für das Desaster verantwortlich gemacht werden kann? Ein Wirtschaftsethiker stellt klar, dass unser ganzes Wirtschaftssystem auf dieser Gier basiert. Was hätten wohl die Anleger gesagt, wenn die Fondsmanager und Investmentbanker, die ihre Millionen vermehren sollten, sich früh von den gewagten "Produkten" (warum habe ich nur nach wie vor ein Problem damit, spekulative Anlagen und Wetten auf Kursgewinne bzw. -verluste als "Produkt" zu begreifen?) distanziert hätten? Vermutlich hätten sie ihnen die Hölle heiß gemacht, um ein Stück vom Kuchen abzubekommen.
In der Tat basiert doch der freie Markt auf dieser "Gier" nach "Mehr", was für eine Heuchelei, jetzt die bis dahin bewunderten Investment-Banker zu verteufeln. Und wenn diese jetzt argumentieren, sie hätten gar nicht anders gekonnt als mitzuspielen, dann ist da sicher was dran.
Also liegt die Ursache im System? AUCH, deshalb erscheint es sehr sinnvoll, dass nun nach klaren Spielregeln und Kontrolle durch den Staat gerufen wird. Allein auf die Selbstregulation zu vertrauen, hat sich als extrem naiv herausgestellt. Wer weiterhin vor einer "Überregulierung" warnt, wird im Moment schlechte Karten haben. Obwohl man deren "Nebenwirkungen" nicht aus den Augen verlieren darf. Es gibt eben nicht die EINE Ursache.
Entlastet das nun den Einzelnen, der mitgespielt und verloren hat? Wohl kaum: Wer frühzeitig erkennt, dass das, was angeblich alle machen, Unsinn ist oder gar unethisch, hätte sich ja trotzdem verweigern können. Der persönliche Preis dafür mag zunächst hoch sein. Er wäre wahrscheinlich als ängstlich, pessimistisch und risikoscheu verunglimpft worden. Und hätte möglicherweise sogar seinen Job riskiert. Aber wie stünde er jetzt da?
Neben der Gier und der unzureichenden Kontrolle scheint mir die beschriebene "Ich kann doch nicht anders, mir bleibt ja nichts anderes übrig als mitzumachen-Haltung" eine weitere Ursache des Problems zu sein. Sie hat es schon zu allen Zeiten gegeben. Manchmal denke ich, dass es zur Pflicht jeglicher Ausbildung gemacht werden sollte, Fallbeispiele von "Ungehorsam" und "Verweigerung" zu studieren. So eine Art Unterricht in "Sich verweigern". Ein Name für dieses "Fach" müsste noch gefunden werden.
Rezension zum Thema:
Kategorien wie Gier führen in die Irre, Financial Times Deutschland 14.10.2008
Dienstag, 2. Dezember 2008
Die Sache mit der Gier
Eingestellt von Johannes um 18:24:00
Labels: Wirtschaftsethik
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1 Kommentar:
Bei all dem Schimpfen, Jammern, Fluchen und "Nach-Vater-Staat-Schreien", weil das angelegte Geld "futsch" ist, fehlt mir ein wichtiger Aspekt: Wo ist die Eigenverantwortung der Anleger? Wie groß ist MEIN Anteil als Kunde, wenn ich Anlagen kaufe, die ich absolut nicht mehr verstehe, nur um ein, zwei Prozent mehr Gewinn zu erwirtschaften? Oder sind die Kunden der Kreditinstitute wirklich so naiv zu glauben, sie bekämen die hohen Erträge geschenkt? Kein Mensch glaubt, er könne eine S-Klasse fahren und dabei drei Liter auf hundert Kilometer verbrauchen, bei Geldanalgen sollten solche Wunder möglich sein?
Also, liebe Geldanleger: An die eigene Nase fassen! Wer zockt muss auch verlieren können. Wer das nicht will, sollte bei verständlichen "Produkten" bleiben und auf Super-Renditen verzichten!
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