Dienstag, 16. Dezember 2008

Wann Bezahlung als fair erlebt wird

Schon wieder das Thema "Bezahlung"? Klar, weil man darüber so wunderschön diskutieren kann. Seit Herzberg wissen wir, dass Geld zu den Hygienefaktoren zählt, nicht zu den Motivatoren. Das bedeutet, dass immer dann, wenn die Menschen das Gefühl haben, dass ihr Gehalt fair ist, sie nicht unzufrieden sind. Über die Zufriedenheit entscheiden andere Dinge, die sogenannten "Motivatoren". Aber Mitarbeiter zu haben, die nicht unzufrieden sind, wäre ja schon mal etwas. Und dazu gehört, ein Gehaltsystem zu schaffen, das von allen - oder zumindest von einem Großteil - als angemessen und fair erlebt wird.

Nun zeigt eine Umfrage des Great Place to Work® Institute Deutschland, dass selbst in den Unternehmen, die von den Mitarbeitern eigentlich gut beurteilt werden, das Gehalt nur von einem Teil als gerecht erlebt wird. Außer bei Adobe Systems, hier sind 93% der Befragten der Ansicht, bei ihnen ginge es fair zu. Das lässt aufhorchen und macht neugierig. Was macht das Personalmanagement dort anders?

Mitarbeiter können Kollegen, die die Werte vorbildlich leben, ein Zertifikat und eine Auszeichnung zukommen lassen, beides wird mit einem "Bonus" prämiert. Neben der Grundvergütung gibt es eine Reihe von Boni, Aktien und Zusatzleistungen, dabei achtet man auf länderspezifische Rahmenbedingungen wie Lebenshaltungskosten. Die Gehälter werden jährlich überprüft, es gibt quartalsweise Zielvereinbarungen und eine Erfolgsbeteiligung.
Mal abgesehen von der Möglichkeit, Kollegen indirekt Geld zukommen zu lassen - klingt das irgendwie anders als das, was die meisten Unternehmen in Sachen Gehalt anbieten?

Liegt das Erfolgsgeheimnis also darin, ein besonders ausgeklügeltes Belohungssystem zu etablieren? Oder darin, für alle möglichen Leistungen finanzielle Gegenleistungen und sonstige Belohnungen bereitzuhalten?

Ich glaube, der Grund ist ein anderer. Welches Gehalt jemand als gerecht erlebt, hängt in erster Linie davon ab, welche Vergleiche er zieht. Innerhalb einer Organisation wird er vor allem auf das Gehalt der Kollegen achten, deren Leistung mit der eigenen vergleichen und dann entscheiden, ob die Relation stimmt.

Was muss ein Unternehmen also tun, um dieses Gefühl von Fairness zu ermöglichen? Es muss selbst diesen Abgleich regelmäßig vornehmen und darf ihn nicht an ein System delegieren. Ich kann mich gut an den Satz erinnern: "Ja, Sie haben natürlich Recht, die Gehaltsanpassung steht Ihnen eigentlich zu, aber das Gehaltssystem lässt das leider nicht zu, da spielt die Personalabteilung nicht mit." Arme Personalabteilung, aber wer solche Systeme entwickelt und einführt, darf sich da nicht wundern.

Es bleibt meines Erachtens gar keine andere Möglichkeit, als regelmäßig z.B. im Rahmen von Entgeltkonferenzen (oder wie auch immer man so etwas nennt) zu überprüfen, ob die Gehaltshöhe mit dem wahrgenommenen Beitrag zum Erfolg des Unternehmens im Einklang steht - und das für jeden Mitarbeiter. Diese werden feststellen: "Sieh mal an, da zieht sich niemand auf die Spielregeln eines einmal festgelegten Systems zurück. Man gibt sich Mühe, beschäftigt sich ernsthaft mit meiner Leistung und tut alles, um ihr gerecht zu werden."
Das ist aufwändig, keine Frage. Aber es ist möglich, wie das Beispiel von Adobe zeigt.

Ein Gegenargument, das ich immer wieder zu hören bekomme: "Gehaltsfragen werden bei uns vertraulich behandelt, die Tatsache, dass Kollegen mehr bzw. weniger verdienen, kann da gar nicht der Grund für die Unzufriedenheit sein." Naiver geht's nimmer, oder?

Rezension zum Thema:
Leistung und Werthaltung als Maß, Personalmagazin 8/2008

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