Das ist lustig - oder besser: Peinlich. Es soll Berater geben, die sich abwenden vom Streben nach der schnellen Kohle und stattdessen entdeckt haben, dass es so etwas wie "Werte" gibt. Zitat: "Werte werden in der Beratung wichtiger!" Plötzlich sei die eigene Arbeit "von Werten geprägt!" Da sollten wir uns doch freuen, oder? Und fragen uns, wovon die Arbeit denn bisher bestimmt war...
Es ist schon erstaunlich, dass der Begriff "Werte" so positiv geprägt ist, oder? Werte sind also an sich etwas Gutes, dabei sind sie erstmal neutral. Als ob die Arbeit bisher ohne Werte auskam. Es waren vielleicht andere, z.B. Wettkampf, Gewinnen, Erfolg, Reichtum, Status...
Auch an diesen ist doch erst einmal nichts Verwerfliches. Problematisch wird es, wenn sie keinen Raum für andere Werte lassen. Wenn es eben ausschließlich um Wohlstand und Ansehen geht. Wenn jetzt ein Berater daherkommt und behauptet, seine Arbeit sei "von Werten geprägt", dann sollte man mal nachfragen, von welchen denn. Fallen dann Begriffe wie "Verantwortung", "Ehrlichkeit", "Vertrauen", dann sollten Sie vielleicht mal nachfragen, wie er denn davon zu leben gedenkt.
Schon erstaunlich, wie naiv Wirtschaftsjournalismus manchmal daherkommt...
Rezension zum Thema:
Zurück auf den Pfad der Tugend, Financial Times Deutschland, 13.10.2008
Mittwoch, 3. Dezember 2008
Wenn Berater Werte entdecken
Eingestellt von Johannes um 08:14:00
Labels: Unternehmensberatung, Werte
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5 Kommentare:
Wie würde "von Werten geprägt" wieder eine sinnvolle Aussage sein? - Vielleicht so: Aus der von JT gewählten postmodernen Sicht verstehen wir "Werte" als kulturelle Kondensationskerne. In ihnen vermitteln sich die zentralen Merkmale einer Kultur. Und dann ist es erst mal nützlich, die "Prägung von Werten" zu verstehen. Erst dann können wir bei einem Produkt oder auch Unternehmen entscheiden, auf welche Geschäftsbeziehung wir uns einlassen wollen. Zunächst möchte ich ja Werte, die ich für abgelebt oder auch für wenig fähig halte, unser Leben positiv zu organisieren nicht weiter pflegen, d.i. kultivieren. Und dann sind Werte plötzlich ausschlaggebend auch für unsere Geschäfte, von denen wir leben wollen. Eben, weil "Kultur entscheidet", was wir tun oder lassen.
Viele Berater vertreten auch lautstark den Wert: "Bei unseren Beratungsleistungen steht der Mensch im Mittelpunkt. Für diesen Wert stehen wir ein."
Nun, denselben Satz hört man wohl auch in einem Kannibalendorf... ;-)
Fazit: Ist ein Wert (egal ob positiv oder negativ) nur ein plakativer Stehsatz, so ist er wert-los.
In den Unternehmen stelle ich in meiner Arbeit sehr häufig fest, dass Mitarbeiter Werte wie z.B Verlässlichkeit und Vertrauen (aber auch viele andere) bei Ihren Führungskraften suchen. Sind klar kommunizierte Werte vorhanden,werden diese auch durch Engagement und Motivation honoriert. Sie bilden doch erst die Basis für eine Kooperation, die zum finanziellen Erfolg führt.Als Unternehmerin arbeite ich auch lieber mit Partnern zusammen, bei denen ich weiß woran ich bin.Stellt sich finanzieller Zuwachs nicht genau dann ein, wenn Nutzen auf der Basis von Werten für Geschäfts-Partner geboten wird?
Hallo Herr Tönneßen,
ich kann nichts Schlechtes darin entdecken, wenn Berater sich auf die Suche nach eigenen, positiven Werten machen - ehrliche Motive vorausgesetzt.
Haben Sie vielleicht ein persönliches Problem mit Beratern? Wäre ja auch okay. Nur dann bitte nicht die Ebenen vermischen.
Herzliche Grüße,
Keine Probleme mit Beratern, bin doch selbst einer :-)
Ich amüsiere mich nur, wenn auf einmal jemand damit wirbt, dass seine Arbeit von Werten geleitet wird. Als ob das etwas Besonderes ist. Jede Arbeit wird von Werten geleitet, fragt sich halt nur, von welchen.
Vielleicht ist es aber auch nur ein "journalistisches" Problem. Dass Berater sich Gedanken über die Werte machen, die sie vertreten, halte ich für unabdingbar. Und dass sie diese transparent machen, ebenso.
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