Montag, 31. Dezember 2012

Fernbedienung des Lebens

Ein Begriff, der hängen bleibt: Das Smartphone als Fernbedienung des Lebens! 83 Minuten pro Tag verbringt der Deutsche im Internet (nur?), 14 Millionen gehen jeden Tag mit ihrem Mobiltelefon online, 44% aller Bundesbürger besitzen bereits ein Smartphone.

In der Tat, wenn man durch die Straßen läuft, begegnen einem immer häufiger Menschen, die ihr Handy nicht am Ohr haben, sondern auf einen kleinen Bildschirm starren und mit zwei Daumen wild darauf herum tippen. Macht mir schon ein wenig Angst - beim Telefonieren haben sie wenigstens den Blick noch nach vorne gerichtet. Jetzt kann schon mal ein Laternenpfahl oder ein unachtsam geparktes Auto den Gang abrupt stoppen.
Es wird höchste Zeit, dass wir alle Brillen tragen, die als Bildschirme fungieren, und statt mit den Fingern Texte mühsam auf winzigen Tasten zu erstellen, mit unseren Gedanken, von Hirnströmen abgeleitet, mit anderen kommunizieren.

Gibt es das schon? Bald, vermutlich. Daran gearbeitet wird schon längst...

Artikel zum Thema:
Ständig auf Sendung, Wirtschaftswoche 48/2012
Gedacht, getan, Wirtschaftswoche 8/2012

Sonntag, 30. Dezember 2012

Was ist eigentlich Potenzial?

Wie leichtfertig wir mitunter mit Begriffen hantieren, ohne uns zu vergewissern, ob es überhaupt ein gemeinsames Verständnis davon gibt, was diese Begriffe genau bezeichnen. Potenzial ist so ein Begriff, Kompetenz ein anderer. Und dann gibt noch den Begriff der Fähigkeit. Wie stehen sie zueinander? Was meinen wir, wenn wir sagen, jemand habe das Potenzial zu einem großen Künstler? Einem erfolgreichen Sportler? Einer Führungskraft?

Ich habe viele Definitionen bisher gelesen und bin nach wie vor dankbar für jeden Versuch, ein wenig Licht in das Begriffschaos zu bringen. So geschehen in der Ausgabe 9/2012 der managerSeminare. Kompetenz als bewusst wiederholtes Verhalten zu definieren gefällt mir gut. Einmal einen Golfball richtig zu treffen, ist noch keine Kompetenz. Dies bewusst zu wiederholen, allerdings schon. Mit anderen Worten: Jemand hat die Kompetenz, andere zu erfolgreich zu führen, wenn ihm dies in vielen Situationen immer wieder konkret gelingt.

Aber was sind dann Fähigkeiten? In dem Beitrag wird sie als handwerkliche Komponente, die "Ausführungskompetenz" definiert, die wir durch Übung weiterentwickeln. Das ist merkwürdig. Nicht nur, weil hier Fähigkeit durch einen Begriff erklärt wird, der "Kompetenz" als Bestandteil hat. Später taucht dann auch noch der Begriff "Talent" auf, mit dem die Begrenzung unserer Fähigkeiten gemeint ist.

Fähigkeiten sind zweifellos Voraussetzungen für Kompetenz. Jemand, der nur eine begrenzte Fähigkeit besitzt, Arme und Beine zu koordinieren, wird wohl kaum eine herausragende Kompetenz in Sachen Tennis entwickeln. Ist Fähigkeit damit die angeborene Disposition für ein Verhalten? Irgendwie schon, aber da sie angeblich trainiert und damit verbessert werden kann, auch nicht ausschließlich.

Versuchen wir es einmal so: Jemand besitzt die Fähigkeit, seine Finger schnell zu bewegen, durch Übung kann er dies bis zu einem gewissen Grad steigern. Besitzt er zudem die Fähigkeit, Töne zu erkennen, und dann noch die Fähigkeit, sich zu konzentrieren usw., dann besteht die Chance, die Kompetenz des Geigespielens auf einem bestimmten Niveau zu erwerben - nämlich immer wieder ein Konzert in einer bestimmten Qualität zu spielen.

Besitzt er damit auch die Fähigkeit, Geige zu spielen? Na gut, wollen wir mal nicht spitzfindig sein...

Der wichtigste Aspekt einer Kompetenz ist laut Paschen/Dihsmeier die Orientierung. Wer keine Präferenz bzw. kein Motiv zur Kunst hat, dem werden alle Fähigkeiten (oder Talente?) nicht helfen, also wird er auch keine entsprechende Kompetenz erwerben.

Und was ist nun Potenzial?

Ganz einfach: Noch nicht realisierte Kompetenzen. Sprich: Jemand hat die Fähigkeit (Talent?) und die Orientierung, aber setzt es (noch) nicht in konkretes, wiederholtes Verhalten um. Klingt sinnvoll, oder? Mit welchen Konsequenzen für die Potenzialanalyse?

Wäre zuerst einmal zu klären, wann und wozu wir überhaupt Potenzial erfassen wollen. Bei der Einstellung von neuen Mitarbeitern? Bei Entscheidungen über den weiteren Verlauf einer Karriere, der sogenannten "Personalentwicklung"? Überhaupt bei Entscheidungen über Investitionen in Menschen, etwa bei angehenden Sportlern, Künstlern, Wissenschaftlern, Führungskräften...?

Soll heißen: Wir wollen wissen, ob es sich lohnt, Geld und Zeit in die Förderung von Menschen zu stecken, sie auszubilden, ihnen Aufgaben anzuvertrauen. Wie stellen wir das an?

Da wird es leider kompliziert. Was immer wir tun - wir werden immer nur Kompetenzen - nach der oben genannten Definition - erfassen. Wir schauen in Tests und Assessment Centern, ob jemand eine bestimmte Aufgabe wiederholt mit einer bestimmten Qualität löst. Oder bestimmte Fragen in bestimmter Art und Weise ankreuzt. Dann schließen wir daraus auf bestimmte Orientierungen, Motive, Fähigkeiten, die wir nun einmal nicht selbst beobachten können. Anschließend hoffen wir, dass jemand, der heute diese beobachteten Kompetenzen zeigt, in Zukunft auch andere Kompetenzen entwickeln kann und wird.

Was wiederum bedeutet: Wir sollten uns tunlichst von Potenzialaussagen fernhalten. Wir sollten beschreiben, welche Kompetenzen jemand zum Zeitpunkt X zeigt. Und anschließend so gut es geht über Wahrscheinlichkeiten reden: Jemand, der im Alter von 18 Jahren eine bestimmte Geschwindigkeit über 100m erreicht, wird wahrscheinlich bei einem Trainingsaufwand von Y maximal eine Zeit von Z erzielen - mit einer Vorhersagewahrscheinlichkeit von... Wobei dies umso problematischer wird, je komplexer die Kompetenz ist, deren Potenzial wir zu erfassen versuchen. Gerade zu anmaßend erscheint es da, wenn wir versuchen, so etwas wie Potenzial für eine Führungskraft zu erfassen.

Artikel zum Thema:
Wie entstehen Stärken? managerSeminare 9/2012

Facilitation als Führungsstil?

Schwups, eine neue Führungsphilosophie. In den USA längst etabliert, schwappt die neue Welle zu uns herüber. Berater und Führungskräfte als "Geburtshelfer" und "Ermöglicher". Sie geben keine Richtung und keine Lösung vor, sondern handeln im festen Glauben, dass die Lösung im System liegt. Das kommt uns bekannt vor? Sicher, ebenso wie die "Instrumente". Da werden in Großgruppenkonferenzen und Kleingruppen Themen erarbeitet, der Facilitator nimmt dabei eine "nicht urteilende, unvoreingenommene und offene Haltung" ein mit dem Ziel, dass man zu gemeinsamen und von allen getragenen Lösungen kommt.

Täusche ich mich da oder heißt das hierzulande nicht "Moderation"? Natürlich nicht, sagen die Vertreter von "Facilitation", die selbstverständlich schon Ausbildungen anbieten. Bei der Moderation würde man viel statischer vorgehen und die Emotionen vernachlässigen. Während die Moderatoren den Facilitatoren "esoterische Ansätze" vorhalten. Also ein echter Ideologie-Streit?

Von wegen. Hier geht es ums Geschäft. Wenn es den einen gelingt, einen neuen Begriff zu etablieren, dann geht den anderen Umsatz flöten. Angeblich sind viele Führungskräfte ganz angetan von dem "neuen" Ansatz, da muss man schon aufpassen, dass sie nicht abwandern.

Viel lustiger als dass erscheint mir ein anderer Hinweis. Da heißt es: "Zudem heißt Facilitation auch nicht, dass eine Führungskraft keine Entscheidungen mehr trifft... Zum anderen verbleibt das letzte Wort ohnehin bei der Führungskraft. Sie ist es, die am Ende die Ergebnisse absegnet und die Verantwortung trägt." Au Backe - wie kämen wir Menschen bloß zurecht, wenn nicht unsere tapferen Führungskräfte ständig die Verantwortung mit sich herumtragen würden...

Artikel zum Thema:
Vom Manager zum Ermöglicher, managerSeminare 9/2012

Donnerstag, 20. Dezember 2012

Ein Dankeschön

Noch wenige Tage bis Weihnachten. Einen letzten Newsletter schreiben, Tannenbaum kaufen, eine Runde mit Hund am Rheinufer, dafür Lektüre, die sich ungelesen auf dem Schreibtisch stapelt, auf nächstes Jahr verschieben, ebenso das Aufräumen des Schreibtischs. Stattdessen im Café sitzen, mit Leuten plaudern... die Freiheit des Selbstständigen.

Und über das vergangene Jahr nachdenken. Aus MWonline-Sicht lassen sich keine besonderen Höhepunkte verzeichnen. Gab es Themen, die dominierten? Eigentlich nicht. Wenn überhaupt, dann fanden wir vermehrt Beiträge zum Thema "Ethik", vor allem im Zusammenhang mit der "Ausbildung" von Managern. Tenor: Es ist schon viel wert, dass man überhaupt darüber spricht. Irgendetwas wird sich damit schon bewegen. Thema Nr.2: Digitalisierung unserer Welt. Das Internet und seine Möglichkeiten der Vernetzung und Datensammlung bestimmt heute schon große Teile unseres Lebens, und das Ende ist noch lange nicht in Sicht.

Zum Leidwesen des bedruckten Papiers. Das schmerzt schon, wenn eine Zeitschrift wie die "Financial Times Deutschland" aufgibt. Ersatzlos gestrichen. Wir werden noch einige Ausgaben besprechen, dann ist damit auch auf MWonline Schluss. Wäre ein Anlass, sich auch über unsere Zukunft Gedanken zu machen. Schließlich sind die Fach- und Wirtschaftszeitungen die Basis von MWonline. Eine Herausforderung für 2013.

Vor welchen Herausforderungen stehen Sie? Welche auch immer das sein mögen - wir wünschen Ihnen alles Gute für 2013, bedanken uns ganz herzlich für Ihre Treue über die vielen Jahre (in diesen Wochen gibt es MWonline bereits 15 Jahre - kaum zu glauben!) und freuen uns auf ein Wiederlesen im Januar.

Johannes Thönneßen und Hans-Jürgen Niehues, auch im Namen aller Rezensenten, die uns unermüdlich mit Besprechungen unterstützen. Auch ihnen ein herzliches Dankeschön!

Sonntag, 9. Dezember 2012

Vollstrecker

Er lächelt freundlich, ganz wie es der Titel des Artikels verspricht. Das Bild, das vom Henkel-Chef in der Wirtschaftswoche gezeichnet wird, entspricht allerdings mehr dem zweiten Teil des Titels "Freundlicher Vollstrecker". Der erste "Fremdmanager" an der Spitze des deutschen Traditionsunternehmens hat mächtig aufgeräumt. Zitat: "Er hat das Unternehmen komplett umgekrempelt und ihm eine Gewinnerkultur eingeimpft." Bei Umkrempeln denke ich an Kleidung, die, wenn man sie umkrempelt, nicht wirklich gut kleidet. Und bei "Einimpfen" an schmerzhafte Spritzen.

Die Sprache des Journalisten ist es, die mich bei dem Beitrag beeindruckt - und das ist nicht positiv gemeint. Da wird der "betulich vor sich hin wurschtelnde Familienkonzern" auf Ertrag und Effizienz "getrimmt". Da wird "gnadenlos ausgemistet", Geschäfte werden "beerdigt" und unprofitable Abnehmer "abserviert". Alle Mitarbeiter werden "verdonnert", die neuen Unternehmenswerte zu verinnerlichen.  Shared Service Center in Bratislava, Manila und Mexico City decken Finanz-, Einkaufs- und Personalprozesse ab - schneller und vor allem günstiger als früher.

Zitate: "In Zeiten wie diesen müsse man zwar kurzfristig Schmerzen erleiden - aber mittelfristig kann man Wettbewerbern leichter Marktanteil wegnehmen" und "Man darf auch vor unpopulären Entscheidungen nicht zurückschrecken." Also reduziert er die Zahl der Marken um 60%, schließt unrentable Fabriken und die Zahl der Mitarbeiter von 57.000 auf 47.000. Noch ein Zitat: "Um langfristig Erfolg zu haben, muss man authentisch sein!"

So ist das: Wenn es einem Unternehmen schlecht geht, dann kommt ein General, der es in den Krieg führt. Es wird vollstreckt, ausgemistet, beerdigt, abserviert und verdonnert. Aber ging es dem Unternehmen schlecht? Als er 2008 seinen Dienst bei Henkel antrat, "krebst" das Unternehmen bei einer Rendite von knapp zehn Prozent.

Und heute? Das Unternehmen macht seit seinem Amtsantritt 16 Milliarden Euro Umsatz (2 Milliarden mehr als 2008) und die Rendite wird bei 14% liegen. Der Preis? 10.000 Mitarbeiter weniger und ein einsamer Mann an der Spitze. Sagt es selbst: "Da kann es auch sehr einsam an der Spitze werden."

Ist es nicht auffallend, wie weit weg das alles von dem - ebenfalls von Wirtschaftsjournalisten gefeierten - Bild einer Unternehmenskultur ist, die auf sinnerfülltes Arbeiten, Teamwork, Identifikation und zufriedene Mitarbeiter setzt? Mag ja sein, dass es vor allem die Sprache des Schreibers ist und nicht die des Beschriebenen, die hier den Ton bestimmt. Ich fürchte allerdings, dass die Botschaft in dem Unternehmen ähnlich klingt. Das Motto des Konzernchefs zumindest wird sich der Schreiber kaum selbst ausgedacht haben: "Be friendly - but not friend: Keine Freundschaften in der Firma." Da regt sich fast Mitleid...

Rezension zum Thema: 
Freundlicher Vollstrecker, Wirtschaftswoche 46/2012

Freitag, 7. Dezember 2012

Mit Affen leben

Das sind genau die Sprüche, für die wir unsere Manager lieben. In einem Interview zum Thema "Aufsichtsräte" äußert sich der Ex-Metro-Chef und Multi-Aufsichtsrat zur Qualität der Kontrolleure in Deutschland. Die Sprüche sind knackig. "Ich muss mir kein Mandat aufhalsen, nur um mir für ein paar Tausend Euro im Jahr den Hintern platt zu sitzen." Es scheint Kollegen zu geben, die das tun. Oder: "Fahrradfahren lernt man am besten, indem man sich auf den Sattel setzt."

Der beste aber kommt am Ende. Er fordert eine angemessene Bezahlung (für die es sich dann doch lohnt, sich den Hintern platt zu sitzen). Gefragt, was denn angemessen sei, heißt es: "... angemessen zur Höhe der Festvergütung des Vorstandsvorsitzenden." Und dann: "Wer mit Bananen bezahlt, muss mit Affen leben."

Mit anderen Worten: Wer für wenig Geld eine Aufgabe übernimmt, kann wohl kaum anständige Arbeit verrichten. Ich denke mit Erschütterung an die Bezahlung von Altenpflegern, Kindergärtnern und vergleichbaren Berufsgruppen. Habe mal kurz überlegt, ob mir etwas einfällt, das sinnbildlich für deren Gehalt steht. Und was ist mit all jenen, die ehrenamtlich tätig sind? Womit müssen wir leben, wenn Menschen für eine Aufgabe gar nicht vergütet werden?

Aber dann habe ich verstanden, was er meinte: Das mit den Affen gilt nur ab einer bestimmten Gehaltsgruppe und für bestimmte Berufsgruppen. Wie bin ich erleichtert...

Rezension zum Thema:
Nase statt Können, Wirtschaftswoche 46/2012

Sonntag, 2. Dezember 2012

Nur mit Werten zum Erfolg?


Ich sitze hier schon über eine Stunde und habe den Beitrag schon mehrfach gelöscht und von vorne begonnen. Es geht um Werte und darum, dass Unternehmen, die sich zu Werten wie Gerechtigkeit, Maß halten, Tapferkeit und Klugheit bekennen, auch wirtschaftlich erfolgreich sein können. Mehr noch: Wer sich solchen Werten verpflichtet fühlt, wird langfristigen wirtschaftlichen Erfolg ernten. So gehört auf der DVD des Vortrags von Pater Anselm auf den Petersberger Trainertagen 2012.

Irgend etwas stört mich an der These, und so langsam dämmert mir auch, was das ist. Früher haben sich die Kirchenmänner hingestellt und verkündet: "Seid bescheiden, verzichtet auf Luxus und Verschwendung, bleibt demütig und haltet Maß, und es wird euch im Himmelreich gedankt."

Heute lautet die Botschaft anders: "Seit gerecht, klug, tapfer und haltet Maß, dann wird euch wirtschaftlicher Wohlstand schon auf Erden zuteil." Es sind die gleichen verführerischen Predigten, und die Welt der Wirtschaftslenker sitzt und lauscht andächtig. Und geht anschließend mit gutem Gewissen nach Hause. Na also, es geht doch beides: Gut sein und Wohlstand erlangen. Und dass es keine vollständige Gerechtigkeit und Fairness geben kann, das hat der Pater auch noch gesagt. Ein bisschen ungerecht ist nicht schlimm, solange man nach Gerechtigkeit strebt.

Es mag stimmen, dass es Unternehmen gibt, die fair zu ihren Kunden sind, die die Ressourcen der Welt nicht ganz so drastisch ausbeuten und mit den Kräften der Mitarbeiter schonend umgehen. Und darunter wird es auch solche geben, die dem Unternehmer einen respektablgen Gewinn bescheren. Aber ist all das die Voraussetzung, um wirtschaftlich erfolgreich zu sein? Würde sich ein Apple-Manager nicht schlapp lachen angesichts der Milliarden auf den Konten, würde er zu hören bekommen: "Sorgt dafür, dass eure Zulieferer ihre Mitarbeiter fair behandeln, dann werdet Ihr Reichtum auf Erden ernten?"

Was würde wohl passieren, wenn der Pater sich hinstellt und verkündet: "Ihr Manager und Unternehmer, welchen Nutzen könntet Ihr für die Welt stiften, wenn Ihr nicht all eure Energie auf das Erzielen von Gewinnen ausrichten würdet, auf das Mehren des Wohlstandes eurer Inhaber und Aktionäre? Wie viel besser könnte es auf der Welt zugehen, wenn Ihr, statt geniale Preisstrategien und Marketingkampagnen zu entwickeln, auf den Nutzen für die Gemeinschaft schauen würdet?"

Ich fürchte, er würde zu keinem Kongress mehr eingeladen. Da wählt er doch lieber den Weg durch  die Hintertür. Und erklärt, dass Werte wie Glaube, Hoffnung und Liebe nicht nur keinen Widerspruch zu wirtschaftlichem Erfolg darstellen, sondern ihn sogar erst möglich machen. Ist ja auch irgendwie glaubwürdiger als das Himmelreich in Aussicht zu stellen.

Damit ist er nicht allein. Immer wieder lesen wir, dass es sich (finanziell) lohnt, nachhaltig zu wirtschaften, Mitarbeiter anständig zu behandeln, zu vertrauen statt zu kontrollieren - all eben die Tugenden hochzuhalten, die seit der Antike als vorbildlich gelten.

Wenn es aber so ist, dass eben diese Werte erst den wahren wirtschaftlichen Erfolg ausmachen,  warum haben sie sich dann bisher nicht durchgesetzt? Könnte es sein, dass sie sich eben doch manchmal (oder sogar meist?) nicht mit Gewinn, Macht und vollem Bankkonto vertragen? Und dass die Botschaft eben doch lauten sollte: "Überlegt euch, ob es neben dem wirtschaftlichen Erfolg vielleicht Dinge gibt, für die es sich lohnt zu arbeiten und zu investieren? Selbst wenn das bedeutet, auf so manchen großen Auftrag zu verzichten..."