Samstag, 28. Mai 2011

Welchen Einfluss hat der Boss?

In der Wirtschaftswoche wurde ein neues Ranking veröffentlicht, in dem die erfolgreichsten Unternehmensführer in 2010 vorgestellt werden. Maßstab dabei ist die Veränderung des Gewinns vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen usw. Die Idee dabei: Gemessen wird allein die operative Leistung. Am Ende steht der "operative Rang", ein Prozentwert, der aussagt, wie viele Wettbewerber das untersuchte Unternehmen hinter sich gelassen hat. Aber nicht das Unternehmen wird in diesem Ranking aufgeführt, sondern der jeweilige Vorstandsvorsitzende.

Das erinnert an die Geschichte mit dem alten Hannibal, der mit Elefanten die Alpen überquert hat - er allein? Was hat der Erfolg eines Unternehmens überhaupt mit der Leistung seines Chefs zu tun? Und was ist mit all den anderen?

Nur mal ein paar ketzerische Gedanken: Könnte es sein, dass der Erfolg dadurch zustande kam, dass der Vorgänger die richtigen Entscheidungen getroffen hat? Basiert der Erfolg darauf, dass irgendwann einmal die richtigen Leute eingestellt wurden, die wiederum für die operativen Entscheidungen verantwortlich sind? Vielleicht besteht die größte Leistung des Vorstandsvorsitzenden darin, diesen Leuten nicht ins Handwerk gepfuscht zu haben, sie einfach hat machen lassen. Anders ausgedrückt: Er hat ihn zumindest nicht verhindert.

Mal eine andere Sicht: Wer, wenn nicht der CEO, kann für den Gesamterfolg eines Unternehmens verantwortlich gemacht werden? Wenn es schlecht läuft, ist er derjenige, der die Wende einleiten muss. Warum sollte er dann nicht auch die Lorbeeren ernten, wenn das Unternehmen als Ganzes gut dasteht? Jeder Manager der nächsten Ebene hat ja seinen eigenen Bereich und damit auch nur die Verantwortung für Teilerfolge bzw. -misserfolge. Betrachtet man die Sache so, dann ist es durchaus in Ordnung, Unternehmenserfolg als Erfolg des Vorstandes zu werten. Wobei höchstens die Frage bleibt, ob das Unternehmen auf Grund seiner Managementleistung oder trotz seiner "Leistung" so gut dasteht und nicht noch viel besser abgeschnitten hätte, wenn ein ganz anderer an der Spitze gestanden hätte.

Im Sport gibt es da ein ganz spannendes Phänomen: Wenn eine Mannschaft erfolgreich ist, werden die Trainer nicht müde, das Team hervorzuheben und ihre eigene Leistung herunter zu spielen. Manch einer wird wissen, warum. Und wie in vielen Unternehmen würde man sich vermutlich auch im Sport die Augen reiben, wenn man mal abseits der Kameras Gespräche mithören könnte, wem der Erfolg tatsächlich zugeschrieben wird.

Eine letzte Wahrnehmung: Ich hatte vor Kurzem die Gelegenheit des direkten Vergleichs zweier "Unternehmenskulturen". Zugegeben, es war nur ein kurzer Ausschnitt, aber ich fand ihn beeindruckend. Beide Unternehmen entstammten der gleichen Branche, sind ähnlich groß und sogar räumlich nah beieinander.
Wir meldeten uns beim Empfang an, und der Unterschied hätte nicht größer ausfallen können: Hier eher desinteressierte, distanzierte und gelangweilte Ansprache, dort humorvolle, witzige und lockere Äußerungen. Hier keinerlei weiterer Kontakt, dort schon an der ersten Ecke die freundliche Frage: "Darf ich Ihnen weiterhelfen?" Was wörtlich gemeint war, denn egal, wen wir trafen, jeder war bereit, sich uns zuzuwenden und unsere Fragen zu beantworten. Die Eindrücke zogen sich durch den gesamten Besuch.

Ob sich das durch jede Filiale der beiden Unternehmen zieht oder wir Ausnahmen erlebten, weiß ich nicht. Fest steht nur: Wer auch immer an der Spitze der Unternehmen (bzw. Filialen) steht, muss eine sehr unterschiedliche Art der Mitarbeiterführung an den Tag legen. Insofern kann man meiner Meinung nach den Einfluss des Top-Managements gar nicht unterschätzen.

Ob sich das letztlich in Kennzahlen wie dem "Gewinn vor Steuern..." (siehe oben) niederschlägt, ist vermutlich eine ganz andere Frage...

Rezension zum Thema:
Wie eine Operation am offenen Herzen, Wirtschaftswoche 18/2011

Mittwoch, 18. Mai 2011

Mikropolitik lässt sich nicht vermeiden

Einen Großteil ihrer Zeit verbringen Manager mit der Abwehr von Angriffen aus dem eigenen Haus und zur Organisation von Gegenangriffen. Was könnten sie alles schaffen, wenn sie sich voll auf ihre Aufgabe konzentrieren würden? Übertrieben? Ich fürchte nicht, wobei ich nicht glaube, dass es nur für Manager gilt.

Ein Beispiel: Viermal im Jahr hält der Vorstandsvorsitzende eine Rede zur Lage des Unternehmens - eingeladen sind alle Führungskräfte. Worüber er genau spricht, bereiten seine Assistenten und Stäbe vor. Diese wiederum werden "gefüttert" von den Stäben und Assistenten der Geschäftsfeld-Leiter. Diese wiederum erhalten die Informationen von den Abteilungsleitern. Und diese fragen bei ihren Mitarbeitern nach: "Es ist wieder so weit. Was haben wir in den letzten drei Monaten geleistet, das es wert ist, berichtet zu werden?" Man setzt sich hin, füllt viele Seiten mit tollen Berichten, wohl wissend, dass, wenn man viel Glück hat, ein oder sogar zwei Sätze hieraus in der eigentlichen Rede landen. Genau deshalb muss man ja auch möglichst viele Erfolgsmeldungen produzieren, damit wenigstens eine davon den Weg in das Manuskript schafft. Wenn das geschieht, hat man sich mal wieder glänzend "positioniert". Wenn nicht, dann eben beim nächsten Mal.

Ein anderes Beispiel: Bei General Electric wurde für die Nachfolge von Jack Welch eine Art Wettkampf unter drei Kandidaten ausgetragen - auf dass sich der Beste durchsetzte. Man mag sich kaum ausmalen, mit welchen Mitteln hier gekämpft, welche Allianzen geschmiedet, welche Machtproben ausgetragen wurden. Am Ende dürfte dabei viel Geld, Energie und Engagement auf der Strecke geblieben sein - wie das eben in der Politik in Wahlkämpfen so ist.

Geht das überhaupt anders in großen Unternehmen? Ich bin geneigt, politische Ränkespiele als etwas untrennbar mit größeren Organisationen Verbundenes hinzunehmen. Etwas, das sich unweigerlich entwickelt, sobald eine Gruppe von Menschen unüberschaubar wird, an Transparenz verliert und der Kampf um Positionen beginnt.

Ein höchst interessanter Beitrag im Harvard Businessmanager 3/2011 von Anne Mulcahy, bis 2009 CEO von Xerox, lehrt mich eines Besseren. Dort wurde schon zu Beginn ihrer Amtszeit die Frage des Nachfolgers diskutiert und man entschied sich relativ rasch, wer hierfür in Frage kam. Mit anderen Kandidaten, die sich hätten Hoffnungen machen können, wurde die Situation diskutiert und sie konnten alle gehalten werden. Ein Kampf um die Top-Position fand nicht statt, weil er von Anfang an sinnlos gewesen wäre.

Um das Vorgehen auf mein erstes Beispiel anzuwenden: Könnte der Vorstandsvorsitzende nicht die Losung ausgeben: "Jedes Geschäftsfeld liefert für meine Rede genau eine Information, und diese hat genau 140 Zeichen." Worauf die Geschäftsfeldleiter wiederum ihren Abteilungen die gleiche Aufgabe stellen. Welche kurze und interessante Rede hierbei entstehen könnte.

Mit anderen Worten: Es sind die Spielregeln, die politische Spiele möglich, ja vielleicht sogar notwendig machen. Und Spielregeln kann man ändern.

Rezensionen zum Thema:
Politisch agierende Manager sind gefährlich, Financial Times Deutschland 6.4.2011
Der perfekte Übergang, Harvard Businessmanager 3/2011

Dienstag, 10. Mai 2011

Wissen in Freunden speichern

Konnektivismus, Meta-Lernen, Conversational Learning, informelles Lernen, Web 3.0 - alles wird anders, glaubt man den "Internet Gurus", die von der Zukunft des Lernens berichten. Ähnlich dem Buchdruck, bei dem plötzlich das Wissen, das einigen wenigen Gelehrten vorbehalten war, einer breiten Masse zugänglich wurde, wird dank des Internets und speziell des Web 2.0 Wissen nicht mehr nur vom Fachmann produziert, sondern von jedermann. Wikipedia ist das Beispiel, das stets dafür herhalten muss. Mit anderen Worten: Der Buchdruck sorgte dafür, dass alle Menschen Zugriff zu Wissen erhielten, das Web 2.0 macht es möglich, dass alle Menschen ihr Wissen allen zur Verfügung stellen können.

Das ist ja in der Tat neu. Wie konnte zuvor ein Hobby-Gärtner seine Erkenntnisse, die möglicherweise ein bestimmtes Spezialwissen enthalten, allen anderen anbieten? Dank des Internets besteht nun die Möglichkeit, es zu erhalten, zu verbreiten und durch die Vernetzung weiter zu entwickeln. Der Mensch ist nicht mehr Träger isolierten Wissens, sondern mehr eine Art "Knoten in einem Netzwerk". Dadurch wird das "Wissen was" ersetzt durch ein "Wissen wo". Noch ein feiner Satz: "Ich speichere mein Wissen in meinen Freunden. Wissen sammelt man, indem man Menschen sammelt." Und natürlich speichert man sein Wissen in Computern.

Das kommt mir bekannt vor: Man muss nichts selbst wissen, Hauptsache, man weiß, wo es steht. Galt doch schon immer, außer in Prüfungen, oder? Nur muss ich heute nicht mehr stundenlang in Bibliotheken herumsuchen, das Internet und seine sozialen Netzwerke sind viel schneller. Allerdings wohl auch komplexer und größer, was die Suche wieder erschwert. Aber da soll das "semantische Web" helfen - noch ein neuer Begriff.

Mal auf die Spitze getrieben: Wenn alle nur noch wissen, wo das Wissen zu finden ist - wer weiß dann noch was? Und was hilft es mir, den Ort des benötigten Wissens zu kennen, wenn mir die Voraussetzungen fehlen, es auch zu verstehen?

Videos von Vorlesungen können den Besuch von Hörsälen ersetzen, das kann in der Tat sehr vieles erleichtern. Aber es bleibt doch eine Vorlesung, deren Inhalt ich verstehen muss.

Was die Interaktionen unter den "Lernenden" betrifft, findet sich in dem Beitrag über den "Guru" Steve Wheeler ein nettes Beispiel: Menschen sitzen in einem Vortrag, auf ihrem Smartphone sehen sie, ob weitere Twitter-Nutzer unter den Zuhörern sind. Mit diesen tauscht man sich über Twitter aus, spricht Wortmeldungen ab und verabredet sich. "Smart eXtendee web" lautet die Wortschöpfung hierfür.

Ich sehe sie dort sitzen, mit den Köpfen über ihre Smartphones gebeugt, eifrig bemüht, all den Twittermeldungen zu folgen, gleichzeitig dem Vortrag zu lauschen und nebenbei noch eigene "Tweets" zu verfassen. Wie sagt Herr Wheeler? "Web 3.0 heißt, Verbindungen zwischen Menschen auf bislang unvorstellbare Weise herzustellen." Mir genügt diese Vorstellung eigentlich schon...

Rezension zum Thema:
Die Zukunft des Lernens, wirtschaft + weiterbildung 3/2011

Sonntag, 8. Mai 2011

Sponsoren statt Mentoren

Mentoring gilt als geeignetes Mittel, talentierten Mitarbeitern den Weg in attraktive Positionen zu bahnen. Stimmt nicht ganz, wie drei Autorinnen im Harvard Businessmanager 2/2011 festgestellt haben. Oder besser: Das gilt für den männlichen Nachwuchs, weniger für den weiblichen. Wie kann das sein?

Ganz einfach: Weil die Mentoren der Männer diesen nicht nur weise Ratschläge geben, sondern ihre Beziehungen spielen lassen. Sponsorship nennen das die Autorinnen. Die Frauen hingegen bekommen weise Ratschläge, oft von der Art: "Sie müssen mehr stragischen Einfluss nehmen!" oder andere Tipps, die nicht unbedingt der weiblichen Persönlichkeit entsprechen. Besonders spaßig: Einige der befragte Frauen sind entnervt von all den Fördermaßnahmen und Sonderprojekten, die ihrer Karriere dienen sollen. Sie würden gerne einfach ihre Arbeit machen. Und eben auch einflussreiche Sponsoren haben.

Warum Männer eher gesponsert werden, Frauen hingegen "gementort", erklären die Autorinnen nicht. Aber sie geben Tipps, wie man das ändern kann. Einer dieser Tipps lautet: "Machen Sie die Mentoren verantwortlich für die Karriere ihrer Mentees! Nehmen Sie sie in die Pflicht!" So ist es angeblich bei IBM. Schafft eine Nachwuchskraft den Aufstieg nicht binnen eines Jahres, gilt das als Scheitern des Mentors. Soll funktionieren.

Irgendwie typisch. Wann immer ein Problem auftritt, lautet der Rat der Managementstrategen: "Schreiben Sie den Managern das einfach in die Zielvereinbarungen!" Das könnte interessante Nebenwirkungen entfalten. Treffen sich zwei mächtige Mentoren. Sagt der eine: "Hör mal, meine Frau S., die ich seit 10 Monaten betreue, hat immer noch keine Top-Position angeboten bekommen. Deine Frau L. doch auch noch nicht. Da muss doch was zu machen sein. Wie wäre es mit einem Deal? Können wir ja wieder rückgängig machen, wenn's nicht läuft."
Weit hergeholt? Vermutlich nicht. So ähnlich wird es ja auch im Männernetzwerk laufen...

Rezension zum Thema:
Der kleine Unterschied, Harvard Businessmanager 2/2011

Donnerstag, 5. Mai 2011

Beratungsresistent

Mein Kollege bezeichnet mich häufig als "beratungsresistent". In der Tat, er hat Recht. Es kommt immer wieder vor, dass ich von inneren Konflikten berichte, nach seiner Meinung frage, von schwierigen Entscheidungen erzähle, aber seine Vorschläge ignoriere bzw. genügend Einwände vorbringe, warum ich diese zumindest im Moment eher nicht weiter verfolgen werde.

Nicht, dass mich der Vorwurf der Beratungsresistenz belasten würde. Eben jener Kollege reagiert auf meine Ideen ähnlich. Noch während ich rede, sehe ich seinem Gesicht an, was er von den Ratschlägen hält. Nämlich wenig. Ob es etwas damit zu tun hat, dass unsere Sätze meist mit den Worten beginnen: "Ich würde..."? Das ist offenbar fatal. Wie mit den meisten Ratschlägen. Man empfiehlt das, was man selbst tun würde in der vergleichbaren Situation. Oder besser: Was man glaubt, selbst zu tun, wenn man in einer ähnlichen Situation wäre. Ist man aber nicht. Und selbst wenn man einmal in eine solche Situation käme, würde die Sache plötzlich ganz anders aussehen. Warum sollte ich also einem Rat folgen, den mein Kollege aller Wahrscheinlichkeit nach selbst nicht umsetzen würde? Zumal ich den Rat ja schon mehr als einmal gehört und jede Menge gute Gründe gefunden habe, warum ich ihm auf keinen Fall folgen kann.

Doch nun ist etwas Erstaunliches passiert. Wie so oft erzählte ich von einem Dilemma, in dem ich stecke. Von meinen neuen Ideen, mit diesem umzugehen. Und wie so oft bei lösungsorientierten Menschen bot besagter Kollege mir sofort ergänzende Tipps an (wobei mir jetzt auffällt, dass er diese nicht mit den Worten: "Ich würde..." sondern mit "Wenn du das machst, WERDE ich.." einleitete). Wie üblich winkte ich ab, doch kurze Zeit später, als ich allein im Auto saß, fiel der Groschen. Einer seiner Sätze war genau die Lösung, die mir selbst nicht eingefallen war. Ein echtes Aha-Erlebnis.

Bin ich also doch nicht beratungsresistent? Ich glaube, es ist anders. Um ein Bild zu verwenden: Mit den Ratschlägen ist es wie mit einer Leiter. Mal angenommen, ich versuche vergeblich, aus einem hohen Regal ein Buch herauszuholen, habe es mit einem Stuhl probiert, den Stuhl auf eine Kiste gestellt, um noch höher zu kommen, aber alles vergebens. Wenn in dieser Situation ein Kollege kommt und mir eine Leiter reicht, werde ich sie dankbar annehmen.

Soll heißen: Ratschläge funktionieren nur dann, wenn ich im Grunde schon kurz vor der Lösung bin, sie gedanklich längst vollzogen habe, es aber noch am letzten Schritt, an einem kleinen Detail fehlt. Sozusagen eine letzte kleine Stütze oder Hilfestellung, wie es früher beim Sportunterricht hieß, die mir den Satz über den Kasten ermöglicht.

Und der Satz sollte nicht mit "Ich würde..." beginnen. Selbst beim Versuch, das Buch aus dem obersten Regal zu holen, hätte ein Rat nach dem Motto: "Ich würde eine Leiter nehmen!" vermutlich nicht die angestrebte Wirkung. :-)

Sonntag, 1. Mai 2011

Trainer als Vorbilder für Hochschullehrer?

Die Wirtschaft braucht kompetente Menschen, keine Frage. Aber welche Kompetenzen werden vor allem benötigt? Welche werden vor allem vermisst? Welche Kompetenzen müssen diese Menschen bereits mitbringen und welche erwerben sie im Unternehmen?

Ich lasse mich hier mal nicht zu der Frage aus, was Kompetenzen eigentlich sind, irgendwann werde ich dazu mal einen eigenen, vermutlich deutlich längeren Beitrag verfassen. Auch nicht dazu, ob man überhaupt Kompetenzen lehren, vermitteln kann oder ob man lediglich den Rahmen gestalten kann, innerhalb dessen sich Kompetenzen entwickeln. Es geht um die Rolle der Universitäten bei der Vermittlung von Kompetenzen. In einem Beitrag der Personalwirtschaft empfiehlt eine Weiterbildungsforscherin den Unis,
  • Stärker zur Schnittstelle zwischen Theorie und Praxis zu werden,
  • mehr Zeit und Raum zu bieten, um das Gelernte zu reflektieren, z.B. durch Peer to Peer Learning, kollegialer Fallberatung und Rollenspiele
  • Lernprozesse besser zu begleiten, die Dozenten sollen von Lehrenden zu Lernbegleitern werden und
  • Instrumente zur Kompetenzerfassung zu entwickeln.
Nanu, dachte ich, das klingt ja fast genauso wie Forderungen an Personalentwickler und Trainer. Auch diese sollen doch Lernbegleitet sein, und ständig werden sie aufgefordert, Methoden zu entwickeln, um das zu messen, was sie den Lernenden vermittelt haben. Und die genannten Methoden haben schon lange das Dozieren von vorne und die Powerpoint-Schlachten abgelöst - zumindest in der Theorie.

Worin, so frage ich mich, besteht dann überhaupt noch der Unterschied zwischen Studium und Weiterbildung? Wenn ich mich an meine Studienzeit erinnere, dann gab es in der Tat hier und dort den Versuch, die Theorie mit der Praxis zu verbinden, was aus meiner Sicht damals viel zu spät geschah. Dozenten als Lernbegleiter habe ich nicht kennengelernt, und Peer to Peer Learning war selbst organisiert - um einigermaßen Herr über die Unmenge an Lernstoff zu werden.

Werden Trainer jetzt zum Vorbild für Hochschullehrer? Irgendwie witzig. Ehrlich gesagt kann ich mir nicht vorstellen, in einem Hörsaal ein Training abzuhalten. Umgekehrt kann ich mir auch nicht vorstellen, dass ein Universitätsbetrieb Vorlesungen in Seminarform anbieten kann.

Vielleicht kommt es ja auch ganz anders: Vorlesungen finden nur noch virtuell statt, um einem Vortrag zu lauschen, muss ich sicher nicht im Hörsaal auf einem harten Klappstuhl sitzen. Alles andere wird in Form moderner Trainings durchgeführt, mit Lernbegleitern und kollegialer Beratung und Praxis-Blöcken. Nur die Sache mit der Kompetenzerfassung, finde ich, sollte man der Wissenschaft überlassen...

Rezension zum Thema:
Zukunftsfähiges Konzept oder Mission Impossible? Personalwirtschaft 3/2011