Unternehmen brauchen Strukturen und Regeln. Wann immer Menschen sich zusammen tun, um etwas gemeinsam zu erreichen, geht es nicht ohne. Das gibt Orientierung und Halt und sorgt dafür, dass nicht bei jeder neuen Aufgabe alle Beteiligten erst einmal aushandeln müssen, wie man vorgeht und wer dabei welchen Teil übernimmt.
Nun hat der neue Personalchef damit allerdings ein Problem. Einer der Kollegen handhabt diese Reisekostenabrechnungen ziemlich lax. Er vergisst regelmäßig, die Abrechnungen einzureichen, liefert sie dann viel später nach und überzieht auch regelmäßig sein Budget. Alles nicht wirklich tragisch, weil das Gesamtbudget nie überschritten wurde. Der Personalchef schlägt nun vor, dass jeder seine Reisen und die anfallenden Kosten vorher ankündigen muss. Diese werden dann im System sofort vom Budget abgezogen. Nach der Reise werden die Daten dann angepasst, sobald die Abrechnung vorliegt.
So wird es gemacht. Als nun einer der Abteilungsleiter gegen Ende des Jahres seine letzte Reise ankündigt, zeigt ihm das System die rote Karte. Nix zu machen, die Sachbearbeiter in der Personalabteilung können dem "Antrag" nicht stattgeben.
Es gibt einen entsprechenden Dialog, eine Menge Aufregung, nach vielem Hin und Her findet man eine Ausnahmeregelung.
Ein Klassiker, oder? Wie oft werden neue Regeln eingeführt, um ein an sich funktionierendes "System" zu optimieren, weil es in wenigen Einzelfällen "missbraucht" wird? Statt diese Fälle im Gesamtzusammenhang zu betrachten und sich zu fragen, ob die angestrebte Optimierung tatsächlich mehr Vor- als Nachteile bringt, werden neue Grenzen gezogen.
Die Geschichte fiel mir wieder ein, als ich einen Artikel über eine Studie der Boston Consulting Group las. Darin ging es um Kompetenzen, über die erfolgreiche Unternehmen verfügen im Gegensatz zu weniger erfolgreichen Unternehmen. Ein Ergebnis war, dass die ausschlaggebenden Faktoren die Qualität der Führung, die Mitarbeitermotivation, die Unternehmenskultur und die bereichsübergreifende Kooperation sind.
Die Begründung ist nachvollziehbar. In Zeiten des Wandels sind die Unternehmen erfolgreich, die schnell und flexibel reagieren können. Das wiederum geht nicht, wenn die Mitarbeiter eingezwängt sind in ein enges Korsett von Regeln und Vorschriften und die einzelnen Bereiche auf ihren Zuständigkeiten gemäß Organigramm beharren.
Regeln und Strukturen sollten so einfach wie möglich gehalten werden, schlussfolgern die Berater der Boston Consulting Group, sonst leiden Motivation, bereichsübergreifende Zusammenarbeit und Innovationsfähigkeit.
Das ist doch mal innovativ...
Rezension zum Thema:
Spielräume statt Regeln, Zeitschrift Führung + Organisation 1/2012
Montag, 3. September 2012
Einfache Regeln
Eingestellt von Johannes um 15:29:00
Labels: Unternehmenskultur
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1 Kommentar:
Gregory Bateson und Margaret Mead sagten ähnliches zum Thema Strukturen & Überleben von Kulturen. Sinngemäß meinten sie, dass sterbende Kulturen versuchen alles zu regeln, während gesunde Systeme eher wenige Meta Regeln über das Zusammenleben haben und Details im Einzelfall klären.
Übertragen auf unsere Organisationen mit der immer wieder zitierten Dynamik und Globalisierung im Umfeld, braucht es eher "flache" Regeln. Es sei denn die Organisation lebt in einem stabilen Monopol.
Wollen Organisationen zentral und hierarchisch alles regeln, wird es sehr langsam. Dazu werden sich Mitarbeiter und Führungskräfte ausserhalb der Zentrale dann, weniger motiviert und engagiert geben, wenn sie eh nichts gestalten können.
Also, keine neue Erkenntnis. Doch immer wieder anzutreffen. --> Es schafft Kontrolle und das vermeintliche Gefühl, die Dinge im Griff zu haben.
Viele Möglichkeiten bieten sich so, ...
Viele Grüße, Christoph Schlachte
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