Er lächelt freundlich, ganz wie es der Titel des Artikels verspricht. Das Bild, das vom Henkel-Chef in der Wirtschaftswoche gezeichnet wird, entspricht allerdings mehr dem zweiten Teil des Titels "Freundlicher Vollstrecker". Der erste "Fremdmanager" an der Spitze des deutschen Traditionsunternehmens hat mächtig aufgeräumt. Zitat: "Er hat das Unternehmen komplett umgekrempelt und ihm eine Gewinnerkultur eingeimpft." Bei Umkrempeln denke ich an Kleidung, die, wenn man sie umkrempelt, nicht wirklich gut kleidet. Und bei "Einimpfen" an schmerzhafte Spritzen.
Die Sprache des Journalisten ist es, die mich bei dem Beitrag beeindruckt - und das ist nicht positiv gemeint. Da wird der "betulich vor sich hin wurschtelnde Familienkonzern" auf Ertrag und Effizienz "getrimmt". Da wird "gnadenlos ausgemistet", Geschäfte werden "beerdigt" und unprofitable Abnehmer "abserviert". Alle Mitarbeiter werden "verdonnert", die neuen Unternehmenswerte zu verinnerlichen. Shared Service Center in Bratislava, Manila und Mexico City decken Finanz-, Einkaufs- und Personalprozesse ab - schneller und vor allem günstiger als früher.
Zitate: "In Zeiten wie diesen müsse man zwar kurzfristig Schmerzen erleiden - aber mittelfristig kann man Wettbewerbern leichter Marktanteil wegnehmen" und "Man darf auch vor unpopulären Entscheidungen nicht zurückschrecken." Also reduziert er die Zahl der Marken um 60%, schließt unrentable Fabriken und die Zahl der Mitarbeiter von 57.000 auf 47.000. Noch ein Zitat: "Um langfristig Erfolg zu haben, muss man authentisch sein!"
So ist das: Wenn es einem Unternehmen schlecht geht, dann kommt ein General, der es in den Krieg führt. Es wird vollstreckt, ausgemistet, beerdigt, abserviert und verdonnert. Aber ging es dem Unternehmen schlecht? Als er 2008 seinen Dienst bei Henkel antrat, "krebst" das Unternehmen bei einer Rendite von knapp zehn Prozent.
Und heute? Das Unternehmen macht seit seinem Amtsantritt 16 Milliarden Euro Umsatz (2 Milliarden mehr als 2008) und die Rendite wird bei 14% liegen. Der Preis? 10.000 Mitarbeiter weniger und ein einsamer Mann an der Spitze. Sagt es selbst: "Da kann es auch sehr einsam an der Spitze werden."
Ist es nicht auffallend, wie weit weg das alles von dem - ebenfalls von Wirtschaftsjournalisten gefeierten - Bild einer Unternehmenskultur ist, die auf sinnerfülltes Arbeiten, Teamwork, Identifikation und zufriedene Mitarbeiter setzt? Mag ja sein, dass es vor allem die Sprache des Schreibers ist und nicht die des Beschriebenen, die hier den Ton bestimmt. Ich fürchte allerdings, dass die Botschaft in dem Unternehmen ähnlich klingt. Das Motto des Konzernchefs zumindest wird sich der Schreiber kaum selbst ausgedacht haben: "Be friendly - but not friend: Keine Freundschaften in der Firma." Da regt sich fast Mitleid...
Rezension zum Thema:
Freundlicher Vollstrecker, Wirtschaftswoche 46/2012
Sonntag, 9. Dezember 2012
Vollstrecker
Eingestellt von Johannes um 20:34:00
Labels: Führung, Unternehmenskultur
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