Dienstag, 12. März 2013

Positiv manipulieren

Wir beeinflussen andere immer, ob wir wollen oder nicht. Beeinflussung kann man auch als Manipulation bezeichnen. Also manipulieren wir ständig andere. Wer das nicht möchte, muss aufhören zu kommunizieren.

Da dies aber keine wirkliche Option ist, schon gar nicht für Führungskräfte, die ununterbrochen kommunizieren, manipulieren sie ihre Mitarbeiter. Ist das in Ordnung? Natürlich. Ist es auch in Ordnung, sie zu trainieren, wie sie ihre Mitarbeiter "besser" manipulieren können?

Ist es, sagen Anbieter von Führungstrainings bzw. eines Bachelor-Studiengangs für Nachwuchsmanager. Ihre Begründung: Bevor man unbewusst negativ manipuliert, ist es doch allemal besser, bewusst positiv zu manipulieren.

Das Beispiel sieht so aus:
Ein Manager holt seine Mitarbeiter nach einem missglückten Auftrag zusammen und erklärt ihnen, was alles schief gelaufen ist. Ihm ist nicht klar, dass er damit die Stimmung drückt und mehr Angst als Begeisterung auslöst. Sein anschließender Appell, alle Kreativität und Energie auf neue Aufgaben zu verwenden, verfehlt seine Wirkung.
Wäre er in der Kunst der positiven Manipulation geschult, würde er zuerst an die Kreativität und die Einsatzbereitschaft appellieren und dann die kritischen Punkte nachschieben.

Was uns der Autor hier sagen will: Würden Führungskräfte sich der Wirkung ihres Verhaltens bewusst, könnten sie wesentlich effektiver manipulieren - sprich führen.

Das klingt vernünftig - und gleichzeitig verführerisch. Weil es suggeriert, dass in der Kunst der positiven Manipulation geschulte Führungskräfte andere Menschen dazu bringen können, sich so zu verhalten, wie sie (die Führungskräfte) das gerne hätten. Ist offenbar auch so gemeint, weil uns als Vorbild die Werbung präsentiert wird. Die nämlich bedient sich geschickter Tricks, zum Beispiel des Prinzips der Knappheit: "Nur noch kurz im Angebot!" oder "Nur noch bis zum 31.3.!" Davon könnten Führungskräfte lernen, indem sie z.B. Mitarbeiter mit raren Aufstiegspositionen "motivieren".

Oder das Prinzip des "Konsens": Menschen folgen der Mehrheit - die Masse kann nicht irren. Also nicht "Nur 30% haben sich für eine Vorsorge angemeldet!" sondern: "75% der Besucher benutzen..."

Nun denn, versuchen wir es mal: "Sie wissen ja, dass Meier Ende des Jahres in Pension geht. Es gibt einige Interessenten für seinen Job. Aus meiner Sicht gehören Sie zu den ganz heißen Kandidaten. Allerdings wäre es sicherlich hilfreich, wenn Sie sich noch mal ordentlich ins Zeug legen..."

Oder so: "Nächsten Montag startet die neue Marketingkampagne. Fast alle Ihre Kollegen haben schon die Unterlagen angefordert. Wollen Sie nicht auch langsam...?"

Wollen Sie so geführt werden? Ich nicht. "Halt, halt", werden uns jetzt die Anbieter der positiven Manipulation zurufen, so platt geht es natürlich nicht. "Das muss schon subtiler passieren."

Vielleicht so? Man bringt die Werbung ganz unauffällig in Spielfilmen unter, in denen der Held eine bestimmte Automarke fährt oder unauffällig auf sein neues Handy schaut. Oder man verkauft das Waschpulver in einer extra großen Verpackung und suggeriert, dass man beim Kauf dieser Größe Geld spart. Rechnet man nach, stellt man fest, dass es gar keinen Unterschied gibt. Oder es sogar teurer ist.

Wollen Sie so geführt werden? Auch nicht? Vielleicht deshalb nicht, weil Sie irgendwann merken: "Hoppla, da hat mich mein Chef prima manipuliert. Er fängt mit der positiven Botschaft an, das dicke Ende kommt hinterher." Ist beim Productplacement auch so. Wer weiß, dass Produkte in Filmen untergebracht werden, dem fällt beim nächsten James Bond sofort auf, wenn der Held eine neue Automarke fährt...

Was ist dann mit "positiver Manipulation" gemeint? Nur das Vermeiden von unbewusst negativer Beeinflussung? Glaube ich einfach nicht, so leicht lass ich mich nicht beeinflussen...

Wie wäre es denn damit, Führungskräften beizubringen, klar und deutlich zu sagen, was sie vom Mitarbeiter erwarten? Was spricht dagegen zu sagen: "Die  letzte Kampagne hat nicht den angestrebten Erfolg gebracht. Ich persönlich bin enttäuscht und hatte ein anderes Ergebnis erwartet. Weil ich gehofft hatte, damit den Rückstand auf den Konkurrenten aufzuholen. Ich möchte, dass wir gemeinsam heute Ideen entwickeln, um..."

Und statt den Mitarbeiter, dessen Engagement noch größer sein könnte, mit dem Hinweis auf die knappen Stellen zu ködern, ihn konkret aufzufordern, bestimmte Aufgaben zu übernehmen.

Genau das nämlich ist es, was vielen Führungskräften fehlt und offenbar alles andere als einfach ist: Ihre eigenen Bedürfnisse zu benennen und die Erwartungen an die Mitarbeiter klar zu formulieren.

Und auf positive Manipulation getrost zu verzichten...

Rezension zum Thema:
Die Macht der Manipulation, managerSeminare 2/2013

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