Donnerstag, 4. Oktober 2012

In Häppchen loben

Na so was, der alte B.F.Skinner wird wieder hervorgeholt. Genau, das ist der mit den Futterpillen, die erst regelmäßig und dann immer seltener verteilt werden und auf diese Weise ein Verhalten nachhaltig verankern. Unregelmäßige Verstärkung nennt man das. Auf diese Weise bringt man Ratten das Betätigen von Tasten und Tauben Tischtennisspielen bei. Und Mitarbeiter werden, wenn man sie nur ab und zu lobt, das Verhalten auch zeigen, wenn der Chef mal nicht da ist.

Noch mehr Tipps aus der Mottenkiste für richtiges Loben gefällig? Hier kommen sie:

Zeitnah und konkret loben. Je unmittelbarer, desto wirkungsvoller.

Aufrichtig loben, es auch ernst meinen, weil Mitarbeiter merken, wenn Lob nur aufgesetzt ist.

Genau erklären, wofür man lobt, damit der Mitarbeiter sich auch orientieren kann.

Nicht die Cleverness loben, sondern die Anstrengung. Wenn Sie einem Mitarbeiter häufiger sagen, wie schlau er ist, dann wird er schnell frustriert, wenn etwas mal nicht klappt. Und sich seltener an schwierige Aufgaben trauen aus Angst, dem Bild des ach so Intelligenten nicht genügen zu können. Loben Sie jedoch das Bemühen, dann werden Mitarbeiter sich noch mehr anstrengen.

Mir geht es beim Lesen dieser Ratschläge so wie Phil Connors in "Ewig grüßt das Murmeltier". Gibt es irgendetwas, das zu diesem Thema noch nicht gesagt wurde? Und wird es durch das ständige Wiederholen richtiger?

Auch die Vertreter der Gegenposition finden keine neuen Argumente. Lob entmündigt, macht den Gelobten zum Kind oder noch schlimmer, es stellt den Versuch einer Dressur dar. "Hast du fein gemacht!" Wie mit den Ratten und Tauben.
Die Alternative? "Loben Sie nicht, halten Sie Kontakt. Das vermittelt Wertschätzung." (Reinhard Sprenger in seinem neuen Buch "Radikal führen") Als ich nachschaute, wann ich mich zuletzt mit dem Thema auseinander gesetzt habe, fand ich einen Beitrag von April 2008: Loben ist schwer.

Loben geht am Problem vorbei

Worum geht es eigentlich bei der ganzen Diskussion? Warum taucht sie immer wieder auf? Eigentlich geht ja es um Wertschätzung. Wir möchten alle, dass unsere Arbeit geschätzt wird. Das Interessante ist: Wir Selbstständigen haben keinen Vorgesetzten, der uns lobt. Und arbeiten trotzdem. Viel und höchst motiviert sogar.
Das wäre mal eine interessante Umfrage: Wie erfährt der Selbstständige Wertschätzung?  Durch seine Kunden. Durch die Zahl der verkauften Produkte, der positiven Kundenrückmeldungen, dem Leuchten in den Augen der Gäste im Hotel, dem Lächeln derjenigen, die sich über eine Dienstleistung freuen. Kurz: Durch den Ausdruck von Zufriedenheit, von Freude, von Dankbarkeit derjenigen, für die er seine Leistung erbringt.

Anders ausgedrückt: Wenn Mitarbeiter das Gefühl haben, nicht genug Wertschätzung zu erfahren, dann stimmt etwas mit ihrer Arbeit nicht. Sie haben keinen Kundenkontakt, weder intern noch extern. Sie erhalten keine Rückmeldung über das, was als Ergebnis ihrer Arbeit in ein mögliches Endprodukt eingeht. Sie erledigen Aufträge, ohne zu erfahren, ob das, was sie geleistet haben, Wert stiftet oder für den Mülleimer oder die Schublade ist - und vielleicht ist es das sogar mitunter.

Wer nun fordert, dass Führungskräfte loben sollen oder sie sogar darin trainiert, der will damit nicht nur Geld verdienen, sondern geht völlig am Problem vorbei.
Mitarbeiter arbeiten nicht für ihre Chefs. Auch wenn sie die Aufträge durch diese erhalten, so sind die Vorgesetzten letztlich nur die Vermittler der Aufträge, die letztlich vom Kunden kommen. Statt sich Gedanken darüber zu machen, wie oft und auf welche Art und Weise sie ihre Mitarbeiter loben sollen, wäre der richtige Weg, den Mitarbeitern den Zugang zu dem Resultat ihrer Arbeit zu ermöglichen. Das mag für manche Jobs nicht einfach sein, aber dort, wo es gar nicht möglich ist, hat das Unternehmen bzw. die Organisation ein grundsätzliches Problem mit Wertschätzung, da wirkt letztlich jedes Lob unglaubwürdig.

Und Trainer, die Führungskräfte im "richtigen Loben" unterrichten, sollten lieber mit diesen analysieren, warum die Mitarbeiter auf ihr Lob überhaupt angewiesen sind. Das könnte zu sehr bitteren Erkenntnissen führen. Aber vielleicht auch zu sehr kreativen Lösungen...

Rezensionen zum Thema:
Loben lernen,  managerSeminare 8/2012
Störe! Diene! Verschwinde! Wirtschaftswoche 37/2012


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