Ich suche nach Worten, um diesen Beitrag zu beginnen. Vermutlich, weil ich sprachlos bin. In einem Artikel über die Motivation von Vertriebsmitarbeitern im Harvard Business Manager wird kritisiert, dass viele Unternehmen ständig neue Provisionsmodelle entwickeln, die zudem Unsummen verschlingen. Allein in den USA sollen jährlich 800 Milliarden Dollar an Provisionen ausgeschüttet werden!
Statt regelmäßig neue Modelle einzuführen, wird den Unternehmen geraten, nicht alle Mitarbeiter über einen Kamm zu scheren, sondern je nach Zielgruppe unterschiedlich vorzugehen. Klingt zunächst vernünftig. Aber dann wird es ganz bitter.
Die Zielgruppen sind:
Top-Leister
Solide Durchschnittsleister
Nachzügler (netter Begriff, oder?)
Durch zahlreiche Studien hat man herausgefunden, dass die Top-Performer besonders behandelt werden müssen, schließlich sind sie die Stars. Sie mögen es gar nicht, wenn man die Provision nach oben begrenzt. Sie stellen nämlich die Arbeit ein, sobald sie die maximal mögliche Prämie erreicht haben - wozu sich weiter anstrengen, wenn es doch keinen zusätzlichen Dollar bringt?
Die Durchschnittsleister sind mit tollen Anreizen nicht zu locken, vermutlich, weil sie die hochgesteckten Ziele der Stars ohnehin nicht erreichen können. Ihnen sollte man abgestufte Ziele vorgeben, so dass sie allmählich an höhere Leistungen herangeführt werden. Blöd ist nur, wenn sie für das Erreichen eines Zwischenziels genauso hohe Provisionen erhalten wie ein Top-Leister, dann ist letzterer natürlich pikiert. Zu Recht. Also was tun?
Ganz einfach: Die Stars dürfen sich auf einen exklusiven Golfurlaub freuen, wenn sie ihre Ziele erreichen, der Normalleister hingegen auf einen netten Familienurlaub. Darüber freut er sich ohnehin mehr, weil ihm Familie wichtig ist. Auf keinen Fall darf man ihm einen Golfurlaub in einem billigeren Etablissement in Aussicht stellen, dann wird der Trick zu offensichtlich. Der Preis muss schon eine Eigenschaft haben, die der Golfurlaub nicht hat - oder der Besuch in einem ungarischen Saunaclub.
Und dann sind da ja noch die Nachzügler. Diese werden durch eine wohldosierte Mischung aus Zuckerbrot und Peitsche (Originalzitat) motiviert, wobei die Peitsche darin besteht, dass man ihnen "Ersatzleute" auf den Hals hetzt, interne Konkurrenten, die auf der "Ersatzbank" sitzen. Versuche haben gezeigt, dass die Nachzügler dann sage und schreibe 5% mehr Umsatz machen!
Und wenn das nicht hilft, dann kann man den Druck auch erhöhen. Indem man z.B. Listen mit Rankings aushängt, die nicht mit den besten, sondern den schlechtesten Ergebnissen beginnen. Die Autoren geben zu bedenken, dass man damit vorsichtig umgehen sollte, aber als Möglichkeit in Unternehmen mit einer stark wettbewerbsorientierten Kultur sei das angeblich erfolgreich.
Was für ein Menschenbild: Der Vertriebler als provisionsgesteuerte Umsatzmaschine. Gruselig. Witzig hingegen, dass der folgende Beitrag im gleichen Heft rät, Provisionen ganz abzuschaffen und Beispiele von Unternehmen bringt, die damit das Ergebnis deutlich verbessert haben. Wie beruhigend...
Rezensionen zum Thema:
Was Vertriebler wirklich motiviert
Weg mit den Provisionen, Harvard Business Manager 9/2012
Donnerstag, 11. Oktober 2012
Zuckerbrot und Peitsche
Eingestellt von Johannes um 16:00:00
Labels: Entlohnung, MWonline
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