Freitag, 18. Mai 2012

Glücksforscher

Glücksforscher müssen einen tollen Beruf haben. Sie befragen Menschen danach, was sie glücklich macht und helfen uns allen, mit den Erkenntnissen ein glücklicheres Leben zu führen. Allerdings ist es offenbar gar nicht so einfach, dem Glück auf die Spur zu kommen. Was für ein Glück, dass es heutzutage Smartphones gibt. Diese nützlichen Geräte dienen uns nicht nur zum Telefonieren,  verschaffen uns den Zugang zu weltweiten Informationen, lassen uns jeden Moment als Foto oder Film festhalten und was nicht sonst noch alles. Sie bieten auch die Möglichkeit, Menschen in willkürlichen Abständen zu befragen, wie glücklich sie gerade sind.

Auf diese Weise können die Glücksforscher an Daten kommen, an die sie vorher höchstens in Experimenten gelangten. Oder dadurch, dass sie Menschen im zeitlichen Abstand zu einer Tätigkeit befragten.

Und was haben sie dank der Mini-Computer herausgefunden? Je konzentrierter wir Menschen bei einer Sache sind, desto größer ist das Glücksempfinden. Tatsächlich aber weichen wir fast 50 Prozent der Zeit gedanklich von der eigentlichen Tätigkeit ab. Und das wirkt sich negativ auf die Stimmung aus.

Kommt uns irgendwie doch bekannt vor, oder? Der Herr mit dem unaussprechlichen Namen Mihaly Csikszentmihalyi hat uns die Sache mit dem Flow erklärt, dem völligen Aufgehen in einer Tätigkeit. Und aus eigener Erfahrung wissen wir alle, welch gewaltigen Unterschied es ausmacht, ob wir in Gedanken bei der Sache sind oder abgelenkt durch andere Dinge.
Meine letzten Versuche, beim Tennisspiel vernünftige Ballwechsel hinzubekommen, haben mich das wieder schmerzlich spüren lassen. Am Dienstag war ich dermaßen in das Spiel vertieft, dass der Schläger praktisch meine Hand führte und ich nach 90 Minuten zwar erschöpft, aber in der Tat regelrecht glücklich war. Gestern hingegen beschäftigten mich andere Dinge - das Tennisspiel war nicht nur weitaus anstrengender, sondern auch noch grottenschlecht.

Was bedeutet das für die Arbeitswelt und für den Manager? Zitat: "Also sollten Manager sich vielleicht überlegen, wie sie ihren Mitarbeitern helfen können, konzentriert zu bleiben. Damit täten sie nicht nur ihrem Unternehmen, sondern auch den Mitarbeitern etwas Gutes."

Das ist nun ein ganz weiser Rat, der in dem Beitrag des Harvard Business Manager nicht weiter ausgeführt wird. Ja wie bitteschön soll denn der Manager das machen? Klingt fast so weise wie "Sorgen Sie dafür, dass Ihre Mitarbeiter glücklich sind!"

Ganz so banal aber ist der Rat dann vielleicht doch nicht. Natürlich kann der Manager niemanden dazu bringen, in Gedanken bei seiner Arbeit zu bleiben. Wer private Probleme hat, finanzielle Sorgen, Ärger mit dem Vermieter oder ähnliches, wird in Gedanken abschweifen. Aber der Manager kann vielleicht ein Umfeld schaffen, das konzentriertes Arbeiten zumindest erleichtert.

Leider sieht aber genau das in der Realität oft ganz anders aus. Der Manager ist gerade zu genial erfinderisch, wenn es darum geht, den Mitarbeiter von seiner eigentlichen Arbeit abzulenken. Wie oft höre ich von Angestellten Klagen, in welche unsäglichen internen politischen Auseinandersetzungen ihre Chefs verwickelt sind, in die sie hineingezogen werden. Wie viel Energie geht dabei drauf, Material für Präsentationen zu erstellen, um das eigene Tun zu rechtfertigen - um nur zwei Beispiele zu nennen.

Wenn Führungskräfte dazu beitragen wollen, dass Mitarbeiter in Gedanken nicht von der Arbeit abweichen, dann sollten sie damit anfangen, sie nicht bei ihrer Arbeit zu stören. Damit wäre schon viel erreicht.

Übrigens: Die willkürliche Abfrage des Glückszustandes per Smartphone hat ergeben, dass "Arbeiten" ziemlich weit links (schlechte Stimmung) auf der Glücksskala liegt. Ganz weit rechts hingegen (sehr gute Stimmung) liegt ... Sex. Aber nur bei jenen, die dabei ihr Smartphone in Greifweite haben...

Rezension zum Thema:
Dem Glück auf der Spur, Harvard Business Manager 4/2012

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