Ein Zufall. Da finde ich in der Financial Times Deutschland ein Essay von zwei österreichischen Ökonomen, die mit dem Mythos aufräumen, Familienunternehmen seien erfolgreicher als solche, die sich am Kapitalmarkt orientieren. Sie führen in dem provokativ formulierten Beitrag einige Gründe an, z.B. den, dass in Familienunternehmen die Tendenz besteht, den eigenen Sprössling an die Spitze zu hieven, egal, ob er nun kompetent ist oder nicht. Ob er zuvor Kunstgeschichte studiert hat oder sich als Sozialpädagogikstudent die Zeit vertrieben hat - egal. Hauptsache, das Unternehmen bleibt in Familienhand.
Eine andere Art der "Vererbung" sei, dass manchmal auch Frauen, die zunächst als Geliebte, dann als Ehefrau und schließlich als Witwe die Qualifikation "erwerben", den Inhaber zu ersetzen. Böse, böse...
Und dann fällt mir der Beitrag in der Brand eins über den Chef der Messer Group in die Hände. Der sein Studium abbrach, in einer Werft jobbte, Plüschtiere verkaufte, schließlich eine Ausbildung zum Industriekaufmann machte und dann in das Familienunternehmen eintrat. Das war längst in der Hand der damaligen Höchst AG. Hier hatten fremde Manager das Sagen, und die stellten den ungeliebten "Eindringling" kalt. Hielten ihn für völlig ungeeignet. Demütigten ihn, legten ihm nahe, sich völlig rauszuhalten.
Als Jürgen Dormann, Anbeter des Shareholder Value, aus dem Konzern ein reines Life-Science-Unternehmen machen wollte, war für den Industriegasespezialisten kein Platz mehr. Das Unternehmen sollte verkauft werden, aber wie das in so einer Situation ist: Man muss die Braut erst mal richtig attraktiv machen. Also wurde hinzugekauft, was das Zeug hielt. Ob sinnvoll oder nicht. Millionen wurden in den Sand gesetzt, während der Geschäftsführer Golf spielte oder mit Kunden auf Großwildjagd ging. Als das Unternehmen kurz vor dem Ruin stand, wurde es an Finanzinvestoren veräußert, diese machten Stefan Messer zum Geschäftsführer. Es gelang ihm, das Unternehmen zurück in Familienhand zu holen. Er ist, verständlicherweise, nicht gut zu sprechen auf die, von den oben genannten Professoren so hochgelobten, "Fremdmanagern".
Ich weiß, ein unterschätzter Sprössling ist noch lange kein Beleg dafür, dass Familienunternehmen die bessere Alternative sind. Aber ebensowenig lässt sich die Tatsache widerlegen, dass, egal wie verantwortungsvoll Manager gestrickt sind, diese stets mit Geld hantieren, das nicht ihnen selbst gehört. Und dass man höchst misstrauisch werden sollte, wenn Top-Manager mit ihrem Golf-Handicap von zwölf oder besser schwärmen.
Allerdings: Stefan Messer hat einen hohen Preis gezahlt. Zumindest da haben unsere Ökomomen aus dem Nachbarland Recht. Familienunternehmer dürften wohl eher selten Vätermonate genießen. Oder ein Golf-Handicap von 12 und besser erreichen...
Rezensionen zum Thema:
Vorsicht vor den Lucky Sperms! Financial Times Deutschland, 16.9.2011
Der Steher, Brand eins 10/2011
Donnerstag, 10. November 2011
Die Sache mit den Familienunternehmen
Eingestellt von Johannes um 09:35:00
Labels: Wirtschaftsethik
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1 Kommentar:
Spannend sind jedenfalls auch jene Varianten, wo eine Mischung aus diesen beiden “Managersystemen” besteht.
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