Freitag, 25. November 2011

Mit kranken Mitarbeitern reden

Keine leichte Situation, in der Tat. Ein Mitarbeiter fällt häufiger aus, und als Führungskraft sind Sie sich unsicher, ob das Fehlen etwas mit dem Job zu tun hat. Oder gar mit Ihnen. Auf jeden Fall denken Sie, Sie müssten mit dem Mitarbeiter reden. Aber wie sprechen Sie ihn an?

Ich habe in einem Beitrag in der Personalwirtschaft die einschlägigen Tipps gefunden. Sie äußern sich besorgt, schildern Ihre Beobachtungen, bitten um Stellungnahme und vereinbaren am Ende konkrete Maßnahmen. Vorausgesetzt, die Erkrankung hat etwas mit dem Arbeitsplatz zu tun. Und dann bin ich über einen Hinweis gestolpert. Dieser Ansatz unterscheide sich vom bekannten Rückkehrgespräch. Es ginge um das Interesse an der Situation des Betroffenen und "die Suche nach ehrlichen Hilfsangeboten".

Was sagt uns das über das "beliebte" Rückkehrgespräch? Hier geht es also nicht um Interesse und Hilfe - worum dann? Die Rede ist von einem disziplinarischen Charakter des Krankenrückkehrgesprächs.

Ich fürchte, das ist das Dilemma aller institutionalisierten Gespräche. Immer wieder versuchen Personalentwickler und wohlmeinende Manager, ihren Führungskräften eine "Regelkommunikation" zu verordnen. Ich habe nichts gegen Empfehlungen, wie man vernünftig Gespräche führt. Einem Mitarbeiter zu kündigen, ist alles andere als einfach. Kritik zu äußern fällt nicht nur Führungskräften schwer. Tabu-Themen anzusprechen, ist für niemanden einfach. Verhandlungen über eine Gehaltserhöhung machen erhebliche Kopfzerbrechen. Und deshalb sind wir dankbar für Ratschläge, die weiterhelfen und die Situation entspannen.

Unangenehm wird es dann, wenn Anlässe definiert werden, zu denen Gespräche geführt werden müssen. Das Mitarbeiterjahresgespräch, das Krankenrückkehrgespräch, das Personalentwicklungsgespräch usw. Manchmal mag der Zeitpunkt genau der richtige sein, aber leider passt er oft genug eben nicht. Was aber viel schwerer wiegt: Wie will man ehrliches Interesse demonstrieren, wenn der andere weiß, dass mir das Gespräch von oben vorgegeben wird? Eine Führungskraft, die sich regelmäßig nach dem Wohlergehen ihrer Mitarbeiter erkundigt, wird damit wenig Probleme haben, ein "Rückkehrgespräch" zu führen. Sie dürfte so viel Vertrauen aufgebaut haben, dass der Mitarbeiter ihr das Interesse abnimmt. Ansonsten aber wird jede Form von "Pflichtgespräch" als nicht authentisch, erzwungen und letztlich unglaubwürdig rüberkommen.

Ein Dilemma. Für die Personalentwickler, die doch so gern die Kommunikation im Unternehmen verbessern wollen. Und die Führungskräfte, die Gespräche führen müssen, die sie nicht führen wollen und auch nicht wirklich können.


Rezension zum Thema:
Zum Wohle der Mitarbeiter, Personalwirtschaft 8/2011

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