Beeindruckend, bemerkenswert, erstaunlich und - gruselig. Auf keinen Fall offenbar Science-Fiction. Die Rede ist von Big Data. Was das ist? Stellen Sie sich vor, jeder Einkauf mit einer Kreditkarte erzeugt eine bestimmte Datenmenge. Zum Beispiel wird dabei erhoben, was jeder Kunde genau gekauft hat. Wie viele Daten dabei weltweit pro Minute zusammenkommen, mag man nur ahnen. Und nun?
All diese Daten lassen sich auswerten. Bisher war das offenbar langwierig, einfach wegen der begrenzten Kapazität von Rechnern. Die Daten mussten erst auf Festplatten gespeichert und von dort wieder zur Analyse geladen werden. Das aber ist nun dank superschneller und dabei immer günstigerer Chip-Technologie gar nicht mehr nötig. Unfassbar leistungsstarke Arbeitsspeicher ermöglichen, dass die Daten sofort bearbeitet werden können. Und für erstaunliche Erkenntnisse sorgen.
Etwa diese: Die Einzelhandelskette Coop erkennt anhand der Daten in Kombination mit Wetterdaten den Bedarf an Grillfleisch und sorgt dafür, dass die Kühltruhen zum richtigen Moment gefüllt sind.
Praktisch, aber nicht sonderlich aufregend? Wie wäre es dann damit: Bei der US-Kette Target hat man die Zusammensetzung der Einkäufe ausgewertet und festgestellt, dass werdende Mütter bestimmte Produktkombinationen erwerben, die sich von den Einkäufen Nicht-Schwangerer unterscheiden. Die Trefferquote ist so hoch, dass man den Kundinnen passende Angebote nach Hause schickt.
Bei dem Bespiel ist mir nicht klar, ob man sogar die Schwangerschaft an der Zusammensetzung der Produkte erkennen kann, BEVOR die Mutter selbst etwas ahnt. Aber zumindest bevor der Vater einer minderjährigen Schwangeren etwas von seinem Glück erfuhr. Man kann sich die Freude vorstellen.
Weitere Anwendungen, die nur grob erahnen lassen, was auf uns zukommt: Eine Immobilienfirma wertet aus, wie oft die Aufzüge in einem Bürogebäude in bestimmten Stockwerken anhalten. Sinken die Werte, weiß man lange im Voraus, dass ein Mieter vermutlich Pleite geht und kündigen wird. Dann kann man schon mal mit der Suche nach Nachmietern beginnen und Leerstände vermeiden.
Oder: Eine Krankenkasse stellt fest, dass ein seltenes Medikament plötzlich ungewöhnlich oft verschrieben wird und kommt einem Pferdedoping-Skandal auf die Spur.
Oder: Sensoren im Auto erfassen, wo sich der Besitzer rumtreibt und wie es um sein Fahrverhalten steht. Die Versicherung bietet im je nach Ergebnis der Auswertung einen Nachlass der Versicherungsprämie an.
Gerade das letzte Beispiel ließe sich prima fortspinnen. Wenn Sensoren in unseren Schuhen erfassen würden, wie viel wir uns bewegen, könnte doch unsere Krankenkasse Rabatt gewähren? Oder Sensoren in Zahnbürsten ermitteln die Häufigkeit der Anwendung. Vorausgesetzt, wir lassen nicht andere für uns laufen oder bürsten...
Und überhaupt wozu Sensoren? Kann unser Handy nicht unfassbar viele Daten liefern? Die Anwendung von Big Data auf diesem Gebiet wird uns noch mächtig beschäftigen, denke ich.
Bleibt ein kleines Problem: Werden wir gefragt, ob wir das wollen? Im Fall der Sensoren im Auto erfolgt die Anwendung mit Zustimmung der Autofahrer. Ob das die Regel oder die Ausnahme bleibt, wird sich zeigen. Ich vermute mal, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Zukunft immer komplizierter und für niemanden mehr zu durchschauen sein werden. Auf jeden Fall ein ganz großes Geschäft und viele spannende Fragen...
Rezension zum Thema:
Immer auf die Sekunde, Wirtschaftswoche 10/2013
Mittwoch, 3. April 2013
Big Data
Eingestellt von Johannes um 11:13:00
Labels: Innovationsmanagement, Marktforschung
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