Über 16.000 Artikel haben wir bei MWonline inzwischen gelesen, da wundert es nicht, dass wir immer seltener einen Beitrag mit Top-Bewertungen versehen. Vieles, ja das Meiste ist irgendwie schon mal da gewesen, immer häufiger bleibt der Eindruck, in der Welt des Managements ist praktisch alles gesagt. Und dann fällt einem die Brand eins zum Thema "Respekt" in die Hand mit einem Beitrag über eine schwedische Schule, die Rinkeby Skolan im Norden von Stockholm. Sie liegt wohl in einer Gegend, in der kaum noch Schweden leben, sondern fast 100% Ausländer, vor allem Asylanten aus den Krisengebieten der Welt.
Das kaum Vorstellbare: Ihre Schüler schneiden bei landesweiten Vergleichen stets hervorragend ab. Dabei stand sie schon vor dem Aus, halb verfallen und abgebrannt. Unerwartet sagte ein Kandidat für den Rektorposten zu, stellte Bedingungen, die sonst kein Schulleiter stellen konnte, z.B. dass er die Lehrer selbst auswählen darf und dass er eng mit der Polizei kooperieren kann.
Das Ergebnis sind nicht nur besonders gute Schüler, sondern ein intaktes Sozialleben, enge Verbindungen zu Hochschulen und Unternehmen, keine Disziplinprobleme und viele staunende Gäste - darunter auch Manage aus Deutschland.
Der Beitrag ist unbedingt lesenswert. Ich weiß, ich warne immer davor, von einem "Erfolgsmodell" auf andere Bereiche zu übertragen nach dem Motto "Was wir lernen können von..." Diesmal mache ich es trotzdem.
Da ist einmal die starke Betonung der Kommunikation. Menschen brauchen ein "Betriebssystem": Ihre Sprache. Dort lernen die Kinder zu kommunizieren: Sprechen, schreiben, lesen und hören. Manche beherrschen fünf Sprachen. Es gibt "Zuhör-Übungen" im Unterricht! Ein schöner Satz: "Aufmerksames Zuhören ist der größte Respekt, den man erweisen kann."
Nicht Verhandeln von Regeln
Dann gibt es eine "Nicht-Verhandelbarkeit" von Regeln. Diese sind denkbar einfach: Nicht fluchen. Keine rassistischen Sprüche. Keine Gewalt. Die anderen nicht stören. Pünktlich sein. Jedem Respekt erweisen. Jeden ausreden lassen. Auch ein toller Satz: "Über bestimmte Dinge wird hier nicht diskutiert, damit über andere umso mehr geredet wird."
Der kleinste Regelverstoß wird sofort geahndet. Innerhalb von einer Viertelstunde sitzen Lehrer, Mentor und die Eltern zusammen, meist ist die einzige Maßnahme ein Gespräch mit dem Schüler. Mehr ist nicht nötig. Von der Schule verwiesen wurde noch niemand. Regelbrecher gelten nicht als cool, sondern als doof.
Ich glaube, dass hier Prinzipien deutlich werden, die weit über Schule hinausgehen. Klare Regeln, Zuhören, Konsequenz im Umgang mit Regelverstößen - wäre das nicht auch denkbar in Unternehmen?
Noch zwei Beispiele, die zwar nicht direkt übertragbar sind, aber indirekt schon: Der Unterricht beginnt sofort, nicht mit 20 Minuten Verspätung, wenn der letzte Schüler ruhig ist. Wie wäre es, wenn auch in Unternehmen Besprechungen püntlich begännen? Wie viel Zeit würde den Mitarbeitern geschenkt?
Es gibt keine gemeinsame Pausen für alle 340 Schüler. Hat jemals jemand im deutschen Schulwesen nachgedacht, wie fantasielos es ist, zur gleichen Zeit alle Klassenräume zu leeren und hunderte, wenn nicht tausende von Schülern an die frische Luft zu setzen? Und dann ständig Lehrer zum Aufpassen und Verhindern von Streitigkeiten einzuteilen?
Übertragen auf Unternehmen (aber nicht nur hierauf): Wie oft stellen wir tradierte Verhaltensweisen und Selbstverständlichkeiten in Frage?
Noch einmal: Unbedingt lesen! Ein Dankeschön der Brand eins!
Rezension zum Thema:
Die Weltschule. Brand eins 5/2011
Freitag, 24. Juni 2011
Unbedingt lesen
Eingestellt von Johannes um 00:15:00
Labels: Führung, Gesellschaft, Werte
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1 Kommentar:
Prima. Einfache Regeln und Respekt über "zuhören".
Wirklich zuhören können, ist eine Fähigkeit in Organisationen, die aus meiner Sicht zu wenig aktiv genutzt wird. Davon mehr und es könnte viel mehr Konstruktives im Dialog entstehen.
Viele Grüße, Christoph Schlachte
P.S. Es zeigt sich auch: Selbst unter ungünstigen Bedingungen kann etwas ganz "Gutes" entstehen.
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