Da war ich schon ziemlich neugierig: Was stellen Unternehmen an, um ihre Werte bei den Mitarbeitern lebendig zu halten? Vier Beispiele sollten mustergültig sein. Um es vorweg zu nehmen: Ich fand sie alle vier eher merkwürdig als vorbildlich. Hier kommen sie:
Bei Hilti lässt man verkleidete Menschen am Arbeitsplatz auftauchen. Diese stehen für bestimmte Werte (ein Mr.C für Competition) und sollen so die Mitarbeiter daran erinnern, diese auch zu leben. Hat was vom Nikolaus und Knecht Ruprecht, die - allerdings nicht ganz so überraschend - einmal im Jahr die lieben Kleinen daran erinnern, auch schön brav das zu tun, was ihre Eltern ihnen sagen.
Bei Sapient Nitro werden Mitarbeiter, die sich in besonderer Art und Weise um einen Unternehmenswert verdient gemacht haben, mit dem Core Value Award ausgezeichnet und an der Wall auf Fame verewigt. Wahrscheinlich so lange, bis die Werte neu formuliert werden oder der Mitarbeiter genug hat vom Werterummel und das Unternehmen verlässt.
Bei Telefónica sorgten Kulturagenten dafür, dass die Werte mit Leben gefüllt werden und übergaben am Ende die Verantwortung für die Umsetzung der Maßnahmen an die Führungskräfte. Eine besonders beliebte Methode, die ich schon selbst erlebt habe. Die Kulturagenten stürzen sich mit Feuereifer auf die Aufgabe und die anderen sagen sich: Lass sie mal machen. Besonders begeistert sind am Ende die Vorgesetzten, die bis dahin skeptisch abgewartet haben.
Am ehesten kann ich da noch dem Ansatz bei W.L.Gore folgen. Hier holt man die Mitarbeiter in regelmäßigen Abständen zusammen und veranstaltet Kultur-Workshops in Form des World Cafés. Hier diskutiert man über die Unternehmenswerte und über Möglichkeiten der Optimierung in der täglichen Arbeit.
Zu Beginn dieser Workshops bekommen die Teilnehmer einen Film gezeigt, in dem der Unternehmensgründer seine Werte erläutert. Ich stelle mir vor, wie die Mitarbeiter spätestens bei der zweiten Vorstellung des Films reagieren. Und irgendwie drängt sich das Bild einer Sekte auf, in der alle Mitglieder regelmäßig dem Gründer und seiner Botschaft lauschen...
Den Ansatz, immer mal wieder die Werte zum Thema zu machen, halte ich allerdings schon für sinnvoll. So wie wir selbst uns und unsere Ziele und Wünsche immer wieder hinterfragen und prüfen, ob sich die Prioritäten nicht verändert haben, ob wir noch zum dem stehen, was wir uns vorgenommen haben, sollten auch Unternehmen hin und wieder klären, ob der Weg, den sie einschlagen, auch noch zu ihnen passt. Wie oft merken wir zwar, dass sich die Atmosphäre verändert, wenn etwa das Unternehmen schnell wächst, die Kunden wechseln, die Rahmenbedingungen sich ändern. Dann stand vielleicht mal am Anfang ein Wert besonders im Mittelpunkt, aber er spielt längst keine große Rolle mehr. Ein Nachdenken darüber, ob das in Ordnung ist oder ob man nicht lieber doch zu ihm zurückkehren möchte, halte ich für extrem sinnvoll.
Ich stelle mir das auch gar nicht so schwer vor. Der Geschäftsführer könnte doch in Gesprächen mit den Mitarbeitern die Frage stellen: "In unserer Firma spielte Kollegialität von Anfang an eine große Rolle und stellte einen zentralen Wert da. Empfinden Sie das heute auch nocht so?" Solche "Reflexionsgespräche" bedürfen meines Erachtens keiner "Wall of Fame" oder Ansprachen des großen Vorsitzenden. Man muss sie nur führen.
Rezension zum Thema:
Mitarbeiter inspirieren, Personalmagazin 6/2011
Dienstag, 16. August 2011
Werte pflegen
Eingestellt von Johannes um 13:33:00
Labels: Führung, Unternehmenskultur, Werte
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