Montag, 28. Januar 2013

Ende der Hierarchie?

Es wird immer wieder beschworen - das Ende der Hierarchie. Sind Vorstandsvorsitzende überflüssig? Braucht die moderne Unternehmenswelt keine Geschäftsführer mehr? Ich finde das ein höchst spannendes Thema und hätte meinen Spaß daran, wenn Hierarchien tatsächlich an Bedeutung verlieren. Allerdings habe ich das so oft gelesen, ohne dass es konkrete Auswirkungen auf die Praxis hatte, als dass ich ernsthaft an einen solchen Trend glauben kann.

Zwar erschien es mir bisher nicht nur wünschenswert, sondern auch höchst sinnvoll, dass erwachsene Menschen sich auf Augenhöhe begegnen, statt sich wie Kinder zu verhalten und in Abhängigkeit von sogenannten Führungskräften zu begeben. Oder Menschen ihren Wert daran bemessen, wie viele andere Menschen "an sie berichten". Und ebenso unbegreiflich finde ich nach wie vor, dass Menschen sich am Arbeitsplatz Dinge gefallen lassen, die man im Privatleben niemals mit ihnen machen dürfte. Doch die Abgesänge auf die Hierarchie erschienen mir bisher meist als rein theoretisch.

Nun stand in der Wirtschaftswoche ein Interview mit Gary Hamel, in dem er das CEO-Prinzip als überkommen bezeichnet. Ja klar, denke ich, alles schon da gewesen. Und als ich auch noch lese, dass Kontrollen natürlich weiterhin stattfinden muss, denke ich, dass am Ende doch wieder alles beim Alten bleibt. So wie immer, wenn es heißt: Mitarbeiter in Entscheidungen einbinden, aber am Ende muss einer die Verantwortung übernehmen.

Aber was ist gemeint mit "Wir müssen Kontrolle verbinden mit der Freiheit des Internets"? Auch nur eine Floskel ohne Mehrwert? Vielleicht nicht. Könnte Kontrolle nicht auch so funktionieren wie bei Wikipedia? Dass Menschen mit Ahnung und Fachwissen die Kontrolle übernehmen statt Vorgesetzte ohne das Expertenwissen? Und mehr noch: Könnte Führung nicht auch so funktionieren wie im Internet: Dass Menschen Einfluss und damit Macht haben, je mehr andere Menschen ihnen freiwillig folgen wie bei Twitter oder Facebook? Sicher schwierig, sich das praktisch vorzustellen. Aber wenn Unternehmen der Zukunft immer mehr zu lockeren und projektorientierten Interessengemeinschaften werden, könnte genau das tatsächlich passieren. Dann werden Menschen mit genialen Ideen andere anlocken und mit diesen die Ideen umsetzen - und dafür keine Titel und Positionen vorweisen müssen. Und wenn sie von statusbesessenen Hierarchen gestoppt werden, die Ideen an anderer Stelle umsetzen.

Berechtigte Frage der Wirtschaftswoche: Aber zeigt nicht der Erfolg von charismatischen Unternehmern wie Steve Jobs, dass solche CEOs extrem erfolgreich sein können? Antwort: Das ist eher die Ausnahme. Daher ergibt es gar keinen Sinn, solche Persönlichkeiten zu suchen, die "meisten selbsternannten Leader haben nicht viel auf der Pfanne." Bittere Erkenntnis, die ich einschränken würde. Sie haben nicht die Ausstrahlung und die Überzeugungskraft eines Steve Jobs, aber sind in der Regel gute Fachleute. Nur redet man ihnen immer noch ein, dass die wahre Karriere die eines Managers ist, und damit beginnt das Drama.

Rezension zum Thema:
Das CEO-Konzept hat ausgedient, Wirtschaftswoche 52/2012

1 Kommentar:

Dagmar Wiegel hat gesagt…

zusätzlich gilt s.jobs als extrem autoritär. da hat das charismatische wohl nicht gereicht... :-)