Montag, 20. Mai 2013

Wie man Menschen motiviert

Welcher Typ Mitarbeiter sind Sie? Sehen Sie eher die Chancen? Oder eher die Risiken? Spielen Sie auf Sieg oder gehen Sie lieber auf Nummer sicher und versuchen, Niederlagen zu vermeiden? Wenn Sie Ihren Typ kennen, dann können Sie Ihre Leistung gezielt steigern. Verspricht ein Beitrag im Harvard Business Manager 4/2013.

Wie in der letzten Zeit immer häufiger frage ich mich, was wohl der Anlass für diesen Beitrag ist. Eine Begründung findet sich in der Einleitung. Demnach liefern die meisten Persönlichkeitstest Informationen über Charaktereigenschaften, darüber, ob jemand intro- oder extravertiert ist, ob er sich von Gefühlen oder von Vernunft leiten lässt. Damit könne man erkennen, welche Tätigkeiten einem liegen, aber es würde nichts darüber verraten, ob wir diese auch beherrschen. Das ist schon mal verwunderlich: Wenn jemand besonders vernunftorientiert ist, dann weiß ich also nicht, dass er Dinge rational betrachtet statt emotional? Merkwürdig...

Allerdings gebe es zum Glück eine Eigenschaft, die etwas über Leistung aussagt: Nämlich die "Chancen- bzw. Sicherheitsorientierung." Da stutzt der Leser zum zweiten Mal. Das habe ich doch im Studium vor 30 Jahren gelernt: Erfolgs- und Misserfolgsvermeidungsmotivation hieß das damals, wenn ich mich richtig erinnere.

Verwundert lese ich weiter und entdecke Folgendes: Chancenorientierte Fußballer schießen beim Elfmetertraining seltener daneben, wenn man ihnen vorgibt, wie viele Elfmeter sie verwandeln sollen. Sicherheitsorientierte sind besser, wenn man ihnen sagt, dass sie nicht daneben schießen sollen.

Bedeutet also: Wollen Sie sich oder andere motivieren, sollten Sie den jeweiligen Typ kennen. Und dann entsprechende Instruktionen erteilen. Dem Erfolgsmotivierten sagen Sie, dass er auf dem besten Weg zum Ziel ist. Wenn er Fortschritte macht, loben Sie ihn fleißig. Seien Sie nicht zu kritisch mit ihm, weil ihn das demotiviert. Das klingt dann so: "Sie haben das Ziel so gut wie erreicht..."

Den Misserfolgsmeider hingegen dürfen Sie nicht zu sehr loben. Ihn packen Sie eher, wenn Sie vorsichtig kritisch bleiben und Verbesserungsmöglichkeiten ansprechen. Geben Sie ihm die Rückmeldung, wie weit er noch vom Ziel entfernt ist. Also eher so: "Sie haben noch ein ganzes Stück Weg vor sich..."

Arme Führungskraft, die als Diagnostiker durch das Unternehmen stapfen soll. Mir ist auch klar, dass Menschen bevorzugte Verhaltensstile haben, und die kann man meinetwegen auch als Charaktereigenschaft bezeichnen. Und wenn ich als Führungskraft weiß, jemand reagiert sensibel auf eine bestimmte Art der Ansprache, wäre es geradezu fahrlässig, das nicht zu berücksichtigen. Aber zu suggerieren, Menschen ließen sich nach diesen beiden Kategorien einsortieren, ist mindestens ebenso fahrlässig. Weil wir uns in der Regel irgendwo zwischen diesen beiden Polen einsortieren und damit die arme Führungskraft vor die unlösbare Aufgabe stellen, den Grad unserer Erfolgsmotivierung herauszufinden. Aber vielleicht ist das der Sinn der Sache. Voller Verzweiflung wird der Manager schließlich ein entsprechendes Training besuchen, in dem er dann die diagnostischen Fertigkeiten vermittelt bekommt.

Doch halt: In einem Kasten wird erklärt, wie man Mischtypen anspornt. Hier sollte man die Motivationsstrategie von der Art der Aufgabe abhängig machen: Geht es mehr um Genauigkeit und Sicherheit oder mehr um Kreativität und raschen Fortschritt? Das ist mal eine wahrlich anspruchsvolle Herausforderung für den diagnostisch geschulten Manager. Was macht er dann, wenn er eine Aufgabe zu vergeben hat, bei der es auf Sicherheit ankommt, aber jemand bearbeiten soll, der eher chancenorientiert denkt?

Ganz schräg wird es in dem Beitrag bei den Tipps für Mitarbeiter. Sie nämlich sollen sich genau anschauen, welcher Typ ihre Führungskraft ist. Und sich diejenige aussuchen, die zum eigenen Typ passt. Genialer Tipp. Dann erhält der sicherheitsorientierte Manager lauter sicherheitsorientierte Mitarbeiter und wird eine fantastische Mannschaft um sich scharen. Und das, wo gerade Diversity ganz groß geschrieben wird.

Wieso der Harvard Business Manager der Beitrag in der Rubrik "Selbstmanagement" veröffentlich, bleibt dem Leser völlig schleierhaft. Vielleicht hat die Redaktion ihn gar nicht gelesen...

Rezension zum Thema:
Spielen Sie auf Sieg - oder auf Sicherheit? Harvard Business Manager 4/2013

2 Kommentare:

Markus Väth hat gesagt…

Das ist der Grund, warum ich den HBM nicht lese. Man bekommt - zumindest in den Rubriken "Führung", "Persönlichkeitsentwicklung" etc. meist nur Allerweltstips für teures Geld.

Willi Dukart hat gesagt…

Ihr Beitrag über Motivation ist für mich sehr interessant. Danke für viele Infos, die man nicht so oft hört.

Ich suche Wege meine Teilnehmer bei der Weiterbildung zu motivieren. Jetzt habe ich noch ein Paar neuen Ideen. Danke.

Mit freundlichen Grüßen,

Willi Dukart, it-futurum.de Weiterbildungen Willi Dukart