Montag, 20. Mai 2013

Die Mission

Der Satz gegen Ende eines Artikels stach ins Auge. Da schreibt der CEO eines Unternehmens, das fast ein Viertel Jahrtausend vom Druck und Vertrieb einer Enzyklopädie gelebt hat und schließlich das Prunkstück eines jeden Bücherschrankes einstellen musste: 

“Ich bin zuversichtlich, dass sich Encyclopaedia Britannica auch im digitalen Zeitalter durchsetzen kann. Der Grund dafür ist, dass unsere Mitarbeiter die Mission vom Medium immer getrennt gehalten haben. Dadurch konnte das Unternehmen jede Gefahr für das Geschäftsmodell abwehren.”

Klingt gut, oder? Daraus ließe sich eine schöne Erfolgsformel ableiten: “Klammere dich nicht an dein Produkt. Überlege dir vielmehr, für welche Mission du steht, verfolge diese Mission und lasse dich nicht von ihr abbringen.” Gefällt mir. Ich bin allerdings skeptisch, ob es wirklich so gelaufen ist bei Encyclopaedia Britannica. Wenn einem die Kunden, denen man die dekorativen Bände an der Haustür im Direktvertrieb als Schmuckstück für das Bücherregal angedreht hat, den Rücken kehren und ihr Wissen lieber digital beziehen..., wenn der Preis der Enzyklopädie als CD von 1200 Dollar innerhalb weniger Monate auf unter 100 Dollar sinkt, dann klingt das eher so, als habe man ziemlich verzweifelt erst einmal im Nebel gestochert, ehe klar wurde, dass man mit Lehrmaterialien für Schulen gutes Geld verdienen kann.

Also wieder einmal um eine Formel, die im Nachhinein “erfunden” wurde, praktisch als Erklärung für den Erfolg in der Retrospektive. Trotzdem gefällt sie mir. Es kann nichts schaden, sich hin und wieder bewusst zu machen, wofür man steht, worin die Daseinsberechtigung des eigenen (unternehmerischen) Tuns besteht. Womit ich keineswegs davon ausgehe, dass damit der Erfolg sichergestellt ist. Mitunter werden ja auch Missionen überflüssig.

Rezension zum Thema: 
Hüter des Wissens, Harvard Business Manager 4/2013

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