Freitag, 8. März 2013

Dumm gelaufen

Wir hinken bei der Besprechung von Zeitschriften immer etwas hinterher - was nicht sonderlich dramatisch ist, weil wir ja keine tagesaktuellen Beiträge besprechen. Manchmal ist es sogar recht erhellend, erst Wochen später Artikel zu lesen. So zum Beispiel in diesem Fall:

In der Ausgabe 7/2013 der Wirtschaftswoche vom 11. Februar werden die besten Marken des Jahres 2013 gekürt - z.B. die beste Wachstumsmarke (Samsung), die beste Sportmarke (Adidas), die beste Produktmarke (Nivea). Und als Krönung die beste Unternehmensmarke: AMAZON. Das Unternehmen wird hier als "einer der einflussreichsten und innovativsten Konzerne der Welt" gefeiert. Das Erfolgsgeheimnis: "Der Kunde soll stets den Eindruck haben, bei Amazon den besten Deal zu bekommen." Oder anders ausgedrückt: Billiger geht's nimmer.

Zu dumm, dass dann der ARD-Bericht zwei Tage später Amazon in denkbar schlechtem Licht dastehen ließ. Ausbeutung von Mitarbeitern, Wachpersonal, unwürdige Arbeitsbedingungen. Wie verträgt sich das mit dem Anspruch der "besten Unternehmensmarke"?

Naja, es kommt eben auf die Kriterien an. Emotionalität und wirtschaftlicher Erfolg waren bei diesem "Markenwettbewerb" die wesentlichen Maßstäbe. Wen interessiert da die Art und Weise, wie der Erfolg zustande kommt? Alles hat halt seinen Preis.

Man könnte auch sagen: Dumm gelaufen. Hätte man vorher gewusst, wie Amazon die Strategie "Alles günstiger als woanders" in die Praxis umsetzt, hätte man vielleicht Abstriche gemacht. Aber offenbar war da doch etwas durchgedrungen. Am Ende des Artikels heißt es: "In Deutschland sorgte er mit niedrigen Stundenlöhnen und flexiblen Saisonarbeitsverträgen für Unruhe."

Vielleicht zu spät, um die Ehrung noch einmal zu überdenken. Wahrscheinlicher aber ist, dass wirtschaftlicher Erfolg und Image der Marke nichts mit Ethik zu tun haben. Und dann wundern wir uns, dass Manager entsprechende Prioritäten setzen.

Rezension zum Thema:
Offen für Veränderungen, Wirtschaftswoche 7/2013


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