Samstag, 18. August 2012

Mitdenkende Mitarbeiter

Es soll doch tatsächlich Mitarbeiter geben, die einfach nicht mitdenken wollen. Garnicht einmal, weil sie sich absichtlich verweigern und konsequent Dienst nach Vorschrift tun, sondern weil sie - naja, eben nicht mitdenken. Und warum tun sie es nicht? Weil sie es nicht gelernt haben, sagt ein Trainer und Berater für Unternehmenskommunikation. Sie versetzen sich nicht in den Kunden, können Dinge nicht aus der Sicht anderer betrachten, folgen blind Routinen und Konventionen und sehen den eigenen Zustand als Norm an.

Ist das nicht merkwürdig? "Mitarbeiten" funktioniert, "Mitdenken" nicht. Ist das tatsächlich eine Frage des "Nichtwissens" bzw. des "Nichtkönnens"? Ein Beispiel:

Der Chef eines kleinen Restaurants fällt plötzlich für zwei Wochen aus. Da der Ausfall unerwartet kommt, gibt es keinen Plan für die Tagesgerichte und Sonderaktionen. Kein Problem, die Mitarbeiter werfen einen Blick in die Vorratskammer, erstellen eine Einkaufsliste und püntlich zu Mittag steht das Tagesgericht. Wobei sie sogar ein Experiment wagen und etwas auf die Karte setzen, das es so noch nicht gegeben hat. Zum großen Wohlgefallen der Kunden. Zwei Wochen lang improvisieren sie und haben auch noch Spaß an der Sache.

Zwei Wochen später, gleicher Ort. Die Mitarbeiter betreten ihren Arbeitsplatz und finden dort etliche Anweisungen vor, kleine Zettel, auf denen steht, was eingekauft werden sollte, welche Gerichte für die nächsten Tage geplant sind und worauf dabei zu achten ist. Der Chef ist zurück und hat am Vorabend schon mal "vorgedacht".

Keine erfundene Geschichte...

Ich glaube, dass in vielen Organisationen "mitdenken" gar nicht gefordert oder erwünscht ist. Das Problem sind nicht die Mitarbeiter, es sind die Anforderungen, die an sie gestellt werden. Wer ihnen das Denken abnimmt und sich anschließend beklagt, dass man wieder mal selbst an alles denken muss, der hat ein Führungsproblem.

Die Geschichte geht aber noch weiter. Mittags kommt der Chef ins Restaurant und sieht, wie ein Gericht, das die Mitarbeiter in seiner Abwesenheit zubereitet haben, serviert wird. Er ist beeindruckt, aber dann erfährt er, welchen Preis seine Mitarbeiter festgelegt haben und fällt fast in Ohnmacht. "Hat sich mal jemand Gedanken gemacht, wie hoch allein die Materialkosten für dieses Gericht sind?" fragt er erschüttert. Die Mitarbeiter zucken mit den Achseln. "Wie seid Ihr denn auf den Preis gekommen?" - "Wir dachten, dass er so ungefähr hinkommen würde. Vom Einkauf her hat es kaum mehr als ... gekostet." - "Und wie lange haben Sie daran gearbeitet? Rechnen Sie jetzt mal Ihren Stundenlohn oben drauf, dazu noch Miete, Strom, Wasser..." Erstaunen...

Es gibt in der Tat ein "Nichtmitdenken" aus "Nichtwissen". Aber hier liegt wieder ein Führungsproblem vor. Wenn die für das Mitdenken notwendigen Informationen nicht vorliegen, hilft alles Mitdenken nichts.

Der Einwand, der hier meist kommt, lautet: "Aber so viel sollte man doch von Mitarbeitern erwarten dürfen. Es kann doch nicht sein, dass sie so naiv sind und nicht wissen, dass alles nun mal Geld kostet."

Stimmt, das wissen sie. Aber kennen sie die Kalkulation des Managements? Den Wertbeitrag ihres Bereiches? Welche Zahlen und Information stehen ihnen zur Verfügung? Werden diese regelmäßig aktualisiert? Werden sie regelmäßig diskutiert? Welche Antworten würden wir bekommen, wenn wir Mitarbeiter fragten, wie das Budget ihrer Abteilung aussieht, wie viel davon auf die Personalkosten entfällt, wie viel auf Material, wie viel auf Energie, auf Instandhaltung? Wie hoch der Ausschuss ist und was das kostet...?

Mitdenkende Mitarbeiter können wir nur erwarten, wenn wir Mitdenken zulassen und das dazu notwendige Wissen bereitstellen. Führungsaufgabe...

Rezension zum Thema:
Denken hilft, managerSeminare 6/2012

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Da stimme ich zu: Mitdenken zulassen ist die eine Variante, aber erst wer Mitdenken und Mitverantwortung unterstützt sowie fördert kann erwarten, dass auch entsprechende Ergebnisse erzielt werden.

Und das macht Führung zwar zu allererst nicht leichter, weil es Einsatz und Energie kostet, doch wenn es dann mal „funktioniert“, dann haben alle Beteiligten ihre Freude daran… wahrscheinlich.